Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
Vom Netzwerk:
von Fruchtbarkeit, Überleben und glückhafter Sattheit, befriedigter und zur Ruhe gekommener Physis.
    Und es wurde zur stabilsten Währung des frühesten, archaischen Tauschverkehrs - der Prostitution. Und die ging, wie stets in nationalen Katastrophenzeiten quer durch alle sozialen Schichten. Nicht nur griechische Mädchen der unterprivilegierten Stände verdingten sich mit Arbeitsverträgen bei den Soldatenbordellen der Achsenmächte. Die Landser wußten schmatzend davon zu berichten - ohne zu ahnen, daß sich ihre Frauen und Töchter in übersehbaren Monatsfristen in einer ähnlichen Lage befinden würden. Nur sollte es sich da nicht um deutsches Schwarz- sondern um amerikanisches Weißbrot handeln, nicht um deutsche Heereskonserven sondern um GI-rations, um Chesterfieldstangen und Erdnußbutter, um Stalin-Pajoks mit Würsten und Fetten ...
    Einige Herren des Ensembles wußten zu erzählen, daß sie mit dem halben, sorgfältig in Zeitungspapier eingeschlagenen Kommißbrot aus der Wehrmachtsküche - ihrer Tagesration -, sich mühsam durch den gellend nach Brot schreienden Kinderchor durchgekämpft hatten und auf halbem Wege zum Zappeion von einem amerikanischen Straßenkreuzer überholt und aufgehalten wurden. In dem Luxusgefährt befanden sich vier außerordentlich schick und modern gekleidete Damen offensichtlich der besten Gesellschaft, die einigermaßen gut deutsch, vorzüglich französisch und englisch sprachen, und die Herren Künstler freundlich aufforderten, den Wagen zu besteigen. Und die, da man zögerte, lächelnd erklärten, kein Kidnapping und keinen politischen Gewaltakt zu beabsichtigen. Das Einsteigen erforderte ein enges Zusammenrücken, und dann ging es in das mondäne Villenviertel Kolonaki, in einen umgitterten Privatpark zu einem vornehmen Stadthaus, wo sie von Bediensteten beiderlei Geschlechtes respektvoll empfangen wurden. In dem Nobelheim aus penteleischem Marmor mit erstaunlichen Kunstschätzen neben dem kunstgewerblichen Kitsch, wie er im ganzen Süden Europas bei reichen Leuten zu finden ist, wurden sie wie Könige gehalten. Man wartete ihnen mit köstlichen einheimischen Weinen und Kreszenzen aus Bordeaux und Burgund, mit schottischem Whisky und amerikanischem Bourbon auf, bot echten Mocca turque, Zuckerwaren, Kaviar und Lachs an, servierte Dinge, von denen die Deutschen nicht mehr zu träumen wagten. Und das Anerbieten erstreckte sich nicht nur auf die Genüsse des Magens sondern auch in expressis verbis auf die Genüsse des Leibes, wozu sich Sofa, Couch und Divan bereit fanden. Kurz, es kam zu einer Orgie - oder, um in mythologischen Begriffen zu bleiben, zu einer Saturnalie zu Ehren der kornspendenden Göttin Demeter: denn es ging um das köstliche Brot, das die Herren so ehrfurchtslos, in grobes bedrucktes Papier gewickelt, unter dem Arm transportierten, statt es feierlich wie eine Monstranz vor sich herzutragen. Aber wer waren diese Damen mit Charme, Chic und Witz, in diesem mehr als wohlhabenden Ambiente? Kokotten, ausgehaltene Mätressen, Hetären der grande qualitee? Nein, es waren die griechischen Grünen Witwen des Zweiten Weltkrieges, die in französischen und Schweizer Internaten, in englischen Colleges erzogenen Ehefrauen reicher Reeder, die im Ausland ihre Handelsflotten vercharterten, es zur Zeit nicht für opportun hielten, nach Hellas zurückzukehren, aber Wege fanden, ihre Frauen und Töchter mit Geld und Schmuggelware über die Inseln hinweg in Athen zu versorgen. Diese Frauen hatten alles, Schmuck, Geld, Kleider, alle möglichen Delikatessen, nur eines hatten sie nicht: Brot! Und für Brot waren sie sogar bereit, sich zu prostituieren. -
    Wieder trat die Truppe in Fliegerhorsten, Artillerie- und Flakstellungen und Offiziersmessen auf, sie wirkte sogar in einem deutschen Spielfilm mit, der in Attika gedreht wurde -besonders feierte man sie aber in jenem königlichen Jachtclub, bei den Seeoffizieren der deutschen Kriegsmarine - was immer man darunter verstand.
    Und hier begann eine Geschichte, die zu erzählen der Autor sich erst nach langen Bedenken entschloß. Eine Geschichte, so unwahrscheinlich, so kolportagehaft, wie das Leben zwar manchmal spielt, wie man es geduldigen Lesern jedoch nicht zuzumuten wagt. Aber manche wahre Geschichte ist wie ein schlechter Film und das Unzumutbare pure Wahrheit.
    Zu den griechischen Gästen der angeblich germanophilen Haute volée, die im Jachtclub zugelassen war, gehörten neben den üblichen politischen Opportunisten

Weitere Kostenlose Bücher