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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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Militäradministration mit ihren auf dem Peleponnes und den Ägäischen Inseln verstreuten Heeresteilen das Unternehmen plötzlich interessant. Außerdem versprach man sich innenpolitische Vorteile für die immer schwieriger werdende Kollaboration bei der zum größten Teil renitenten und resistenten Bevölkerung.
    Je mehr sich die Beziehung der Okkupanten mit der Population polarisierte, um so enger verschmolzen die beiden Truppen von Helena und Irene.
    Und damit ist höchste Zeit, von einer Figur zu sprechen, die im Folgenden eine zunehmende Rolle zu spielen beginnt. Irene war das Käpt'n-Girl der von den übrigen Bühnenkollegen so verachteten Kollektivgruppe der »Huppdohlen«, der Tanzgruppe, die schlicht aus einem Doppelquartett und einer Anführerin bestand, die gleichzeitig Solistin war. Blutjung noch und rein zufällig von ihren ostpreußischen Eltern nach der griechischen Friedensgöttin Eirene getauft, war sie energisch, ostisch-stur, eine Kämpferin für den Frieden und die Belange und Rechte ihres wenig geschätzten Berufes, und gegen jede Autorität außer der eigenen. Sie bezeichnete den Krieg für geradezu blödsinnig und die, die ihn angefangen hatten als von allen Göttern verlassen - wogegen wenig einzuwenden war, auch wenn sich ihre insterburgische Formulierung dieser Behauptung weniger klassisch anhörte, sondern eher dem Sprachschatz eines kaschubischen Pferdeknechtes entsprach.
    Sie war eine ausgezeichnete und ehrgeizige Tänzerin - worauf es hier zwar letztlich nicht ankam -, fleißig, hielt Disziplin in ihrem Haufen, ersetzte völlig die in Berlin verbliebene Choreographin, und wurde später, Jahre danach, selbst eine solche bei einem seltsamen Medium, an das man damals noch kaum ernsthaft zu denken wagte, bei der Television, die der Berliner spöttisch zum Deutschen Tellerwisch'n umformulierte.
    Wann diese immer enger werdende Freundschaft begann, ist nicht genau auszumachen. Sie entstand irgendwie durch eine Initialzündung und wuchs stetig. Dabei ergänzten die beiden sich eigentlich nicht, wie das meistens bei Mädchenfreundschaften üblich ist. Sie waren beide überaus zielstrebig, hatten feste Ansichten, wußten, was sie wollten, waren illusionslos realistisch und überhaupt nicht sentimental.
    Das Siegel ihrer Lippen brach erst, nachdem sich eine immer stärker werdende Vertrauensbasis gebildet hatte, in einer Vollmondnacht auf der Akropolis, zu der Helena Irene wohl nicht ohne Absicht über die Propyläen hinaufgeführt hatte. Sie waren an der Tafel vorbeigegangen, auf der der größte Feldherr aller Zeiten seinen Soldaten verkündete, daß seine siegreichen Feldzüge es waren, die ihnen die einmalige Gelegenheit gaben, diese großen Menschheitsstätten zu besichtigen und sie ihrem Schutze empfahl. (Es war eine billige Imitation der Proklamation Napoleons an die Franzosen vor den Pyramiden: »Vierzig Jahrhunderte blicken auf euch herab ...«) Tagsüber wurden die Grenadiere Hitlers in kleineren und größeren Herden auf der Akropolis herumgetrieben wie die Schafe von Kleinbauern, ohne daß die siegreichen Kämpfer für die Kulturdenkmäler irgendein Verständnis aufbringen konnten. Nun, nach dem Zapfenstreich holten sie nach, was sie bereits am Besichtigungstag bevorzugt getan hätten, statt die »ollen Klamotten« abzuklappern. Ruinen hatten sie schließlich genug zu sehen, was ein sächsischer Grenadier so formulierte: »Ich hädde mich liewer uffs Ohr gelecht und an der Matratze gehorcht ...«
    Nun schnarchten sie in ihren Quartieren und Kasernen und dachten sicher weniger an Großdeutschland als ihr Führer in der Wolfsschanze.
    Helena und Irene saßen auf den westlichen Stufen des Parthenons und sahen auf die Koren des Erechtheion hinüber. Unter ihnen lag das weit ausgeuferte Athen - mangelhaft verdunkelt - im Schein des vollen Mondes, weiß, grauschwarz mit fahlem Gelb dazwischen, wie eine gespenstische pittura metafisica von Chirico, auf das Größenverhältnis der »Alexanderschlacht« von Meister Altdorfer gebracht. Die Mädchen waren mit den wenigen auf und ab gehenden Aufsehern allein, im Besitz eines Ausweises, der sie zur Überschreitung der Ausgehvorschriften berechtigte.
    In dieser nächtlichen Stunde von unwirklicher, bizarrer Schönheit kam heraus, was sie beide verabscheuten, das, was mit dem mißverstandenen Hakenkreuzsymbol zusammenhing: die ideologisch verblasenen Hirngespinste eines seelisch verkrüppelten halbgebildeten Eiferers und politischen Schwarmgeistes,

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