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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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und Rocksäume ausgelassen hatte, erklomm sie durch einen Zufall die erste Sprosse der Erfolgsleiter.
    Während einer Modenschau des Kaufhauses fiel durch private Umstände oder durch falsch kalkulierte Dauer der Mondphasen ein Mannequin plötzlich aus, dessen Unpäßlichkeit keines der im Fernsehen so gerühmten Mittel für die kritischen Tage der berufstätigen Frau mindern konnte.
    Just als man die kecken Kostüme der kommenden Bademode vorführen sollte, konnte also eine der jungen Vorführmädchen den Blutfluß nicht hemmen. Swantje, die bei dieser Veranstaltung als Hilfskraft teilnehmen mußte - bedurfte man bei solchen Gelegenheiten doch immer wieder der Nadelarbeit eines flinken Nähmädchens -, wurde kurzerhand veranlaßt, einzuspringen und wußte ihren textilkargen Tan-ga, ein kunstvoll geschlungenes Lendenband, mit natürlichem Anstand so erfolgreich vorzuführen, daß sie daraufhin die Schneiderwerkstatt mit dem Aufenthaltsraum der Anziehdamen und ihren glatzköpfigen Maßschneider mit einem attraktiveren Räyonchef vertauschen konnte. Hier wäre sie vollauf zufrieden gewesen - wenn nicht der festangestellte Fotograf der Reklameabteilung des Hauses, der Aufnahmen für den Versandkatalog und die Postwurfsendungen des Unternehmens machte, auf sie aufmerksam geworden wäre und sich in sie verliebt hätte. Die Erwiderung seiner Liebe lehnte sie ab, nicht aber die Forderungen seiner sexuellen Bedürfnisse. Dies befriedigte ihn nur zum Teil - denn er beabsichtigte sie zu ehelichen - und, um mehr bei ihr zu erzielen als die Saturierung seiner physischen Notdurft setzte er Himmel und Hölle, d. h. alle seine Beziehungen zur Reklamebranche in Bewegung und erreichte schließlich mit demonstrativen Vergrößerungen außerdienstlich hergestellter Fotos ihre Erhebung zum Starmannequin. Sie quittierte ihre Stellung im Kaufhaus und trat in eine erlesene Gemeinschaft von Vorführdamen eines namhaften Modeateliers ein, wo man sie mit gebührendem Mißtrauen und dinstinguierter feindseliger Reserve empfing. Denn sie fiel dort zweifellos aus dem Rahmen. Der auserwählte Zirkel überschlanker, schmalhüftiger, busen- und wadenloser Wesen von schattenhafter Erscheinung, die ihr neutralisiertes Geschlecht nur noch durch vag andeutende Chiffren erkennen ließen, deren endlose Gehwerkzeuge den Betrachter in ewigen Zweifel brachten, ob diese dem Buchstaben O oder X des Alphabetes entsprachen, diese maskenhaften Gesichter mit übertriebenen Lidschatten, maskaraerstarrten Kunstwimpern, atropingeweite-ten Pupillen, hohl getuschten Wangen, mit ihren zu klaffenden Leibeswunden vergrößerten Mündern, in denen makellose Reihen von Jacketkronen den Eindruck von unziemlicher Entblößung des eigenen Skelettes vermittelten - das alles stand so sehr im Gegensatz zu der natürlichen, frischen und vollplastischen Körperlichkeit der Neuen, daß Swantje es schwer hatte, dort als ihresgleichen akzeptiert und anerkannt zu werden.
    Hätte es nicht zwischen den vielen Kunstgeschöpfen ein farbiges Mannequin gegeben, unter deren anatomischer Gliederstruktur ein menschliches Herz schlug, Swantje wäre unverzüglich aus diesem Verein ausgetreten. Aber diese dunkelhäutige Kollegin, die aussah wie eine äthiopische Prinzessin aus der Pharaonenzeit, brachte ihr soviel freundschaftliche Zuneigung und Kameradschaft entgegen, daß sie die anderen Zicken ignorierte und deren Arroganz mit Arroganz begegnete. Unbeschadet ihrer Andersartigkeit wurde sie in der Branche sofort ein Erfolg. Weniger bei den zahlungskräftigen Kundinnen als bei deren ständigen Begleitern, Herren, die das Scheckbuch in der Brusttasche und weitere potentielle Qualitäten anderenorts trugen. Sie verdiente ausgezeichnet, bezog eine hübsche Apartmentwohnung und verfügte über genug Geld, trotz der hohen Provisionen einer Agentur und ihres Fotofreundes, der langsam daran gewöhnt worden war, sich mit Prozentanteilen und dem gelegentlichen Leibestribut ohne weitergehende Ansprüche zufriedenzugeben.
    Einmal in die Liste der Topstars aufgenommen, führte diese Auszeichnung zu Flugreisen in die Mode-Metropolen, zu Modewochen und Modemessen, zur sogenannten »Durchreise«, zu Sonderveranstaltungen, Tagesschauaufzeichnun-gen. Es ging über Meere und Kontinente, sie kam in der Welt herum und konnte in der V. I. P.-Lounge der internationalen Fluggesellschaften ihren Aperitif einnehmen. Aber dieses Leben in Streß brachte die materielle und innere Buchhaltung ihres Daseins nicht außer

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