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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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Hel-vetiens vergleichen, die, wenn sie schön sind, sich gleich perfekter Schönheit erfreuen. Denn diese antiken Saaltöchter, die im Schaugeschäft selten Spitze, hingegen erstaunliche Stabilität und Dauerhaftigkeit zeigen, haben kräftige, aber elegante Lehmbruck- und Kolbefiguren, ohne jene Akzente aufzuweisen, die mit der Zeitmode wechseln und von der Frau mal Wespentaillen, mal eine knabenhafte, busenlose Silhouette, mal Mammellen italienischer Familienmütter verlangen - oder einen Hottentottensteiß. Diese klassischen Heben, Made in Switzerland, demonstrieren, wenn sie erst dem stockkonservativen Kantönligeist entronnen sind, universale Urbanität, Chic und Sprachversiertheit. Mondäne Bäuerinnen von hellenischer Haltung, bodenverwurzelte Kosmopolitinnen mit dem Pli der großen Welt, die eine freundliche Bereitschaft, erotisch dienstbar zu sein, mit dem leichten Flair von au Pair zu verbinden wissen. Gesund und nach Seife duftend, verleugnen sie nicht den guten Erdgeschmack ihres schönen Landes und entbehren der pathologischen kosmetischen Asepsis der Angelsächsinnen, die man erst aus einer imaginären Plastikhülle herausoperieren muß. Diese emanzipierten, vollweiblichen eidgenössischen Junggesellinnen, die alle calvinistischen oder christkatholischen Konventionalitäten abgestreift haben wie eine Schlange ihre Haut, verlieren die Reste alpiner Schwerfälligkeit, sobald sie ihr heimatliches Idiom ablegen und es mit Pariser Savoir vivre auswechseln.
    Wir sagten bereits, daß Swantje sich selbst als Hure bezeichnete. Aber sie hatte in ihrem ganzen abwechslungsreichen Leben nichts von der Geschäftsfrau an sich, deren einzige Ware ihr eigener Körper ist, mit dem sie je nach Marktlage Wucher oder wohlfeile Verschwendung trieb. Sie gehörte nicht zu jenen Prostituierten, die sich einreden, demnächst damit zu beginnen, ihren Liebeslohn auf die Sparkasse zu tragen, um später mit dem Kauf einer Boutique die Altersversorgung für ein anständiges Leben zu sichern. Sie war auch kein seelischer Contergankrüppel, dessen Gefühlsarmut sie alles Körperliche stumpfsinnig ertragen ließ, solange sie nur die starke Hand des Luden fühlte, der sie hielt und schlug.
    Swantje, als Produkt eines permissiven Lebensgefühles, genoß den Sex, ohne ihn mit dem Begriff Liebe zu verbinden. Sie schlief, mit wem sie wollte, wenn sie - wie sie gleichmütig sagte - »die Ritze juckte«, und schlief mit dem, der ihr die pragmatische Nützlichkeit eines solchen Vorganges klarzumachen verstand. Sie hatte irgendwo einmal gelesen, daß das Leben ein Strom sei, auf dem Handel getrieben werde. Der Satz gefiel ihr und sie handelte unbewußt danach. Als Kind der Leistungsgesellschaft dachte sie nicht daran, sich zu verschenken, sie war der Ansicht, daß sich Dienste jeder Art bezahlt machen müssen, umsonst nur der Tod sei und dieser das Begräbnis koste. Sie war nicht auf Geld aus, sondern auf Entgelt, auf Gegenleistung, auf Gegendienst. Eine Hand wäscht eben die andere. Sie nahm sich keine Männer, sie ließ sich nehmen, wobei sie auf Lockung und Anreiz, auf alle Koketterie verzichtete. Sie funktionierte im Sinne der freien Marktwirtschaft nach Angebot und Nachfrage, kannte keine Forderung, keine Taxen und Tarife, erstrebte aber einen Rechnungsausgleich von Debet und Saldo in welcher Form auch immer, und insofern bezeichnete sie sich als Hure. Sie schlief im Interessenaustausch mit Männern - nie mit Frauen.
    Ihre erotischen Bedürfnisse glichen dem gesunden, aber undifferenzierten Appetit ihrer Generation, die in McDonalds Freßläden, die jede Essenskultur in Europa mit yankeehafter Brutalität zertrümmern, unbeschreibliche Big Macs, Hamburgers und Cheeseburgers mit Unmengen ebenso fettigen wie geschmacklosen Pommes frites vertilgt und mit Coca Cola aus Pappbechern in die Mägen spült. Sie war nicht wählerisch und bot selbst keine ausgefallenen Perversitätchen. Die Genüsse an der Theke wie im Bett mochten eben mal besser, mal schlechter sein, wie es im Leben so geht. Sie war nie unzufrieden und hinterließ keine Unzufriedenheit.
    Nach Beendigung ihrer Schneiderlehre fand sie - wohl infolge ihres Aussehens vom Personalchef bevorzugt - schnell eine Anstellung in der Konfektionsabteilung eines größeren Warenhauses, wo sie mit den geringfügigen Änderungen der von Kunden gekauften Prêt-à-porter-Kleidung und der sexuellen Befriedigung des Abteilungsleiters hinreichend ausgelastet war. Nachdem sie lange genug Ärmel gekürzt

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