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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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Mal in diesem Werbestudio, mal in jenem. Mal in dieser Stadt, mal in jener. Mal im Gebirge, mal am Meer. Aus dieser Gegebenheit resultieren innerhalb kürzester Frist einige unzweifelhafte Tatsachen. Erstens, daß die menschlichen Bewegungsfunktionen und Ruhestellungen äußerst beschränkt sind. Zweitens, daß der menschliche Gesichtsausdruck ohne eine zumindest vorgetäuschte Mimik schnell unergiebig zu werden droht. Drittens, daß Kostüme, Kleidungsstücke, Wäschereste, Schals und Schleier etc. bei allen Posen und Positionen nur hinderlich sind, wenn sie ihrer Aufgabe, den Leib zu bedecken, nachkommen, statt ihn partiell zu entblößen.
    Swantje fühlte sich als Model wesentlich glücklicher denn als Mannequin, ging es doch jetzt um sie selbst, nicht um ihre modische Entourage. Sie kam bei der Werbeindustrie auch gut an. Daß sie als Werbeträger nunmehr zwar keine Schneiderkreationen anzupreisen hatte, sondern einen Gebrauchsartikel, focht sie nicht an. Die Reklamespots waren gegenüber den faden Modeschauen direkt ein Vergnügen. Sie konnte sich da natürlicher geben, freier bewegen, gelegentlich sogar eine kleine Situation, eine Handlung spielen und den einen oder anderen Satz sprechen. Alles hatte etwas mit ihrem persönlichen Ausdruck zu tun.
    So figurierte sie - nachdem sie Anschluß an eine größere Werbefirma gefunden hatte - als junges Mädchen (für reine Haut), als junge Mutter (für Babynahrung), als Dame von Welt (für Sekt besonderer Cuvée), als Mitglied des Jet-set (für ein vitaminreiches Sonnenöl) und anderes mehr.
    Im Gegensatz zu den entweder zu femininen oder zu korpulenten und gereiften Herren der Modebranche umgab sie jetzt wesentlich mehr werbende und fordernde Männlichkeit. Dies versetzte sie nicht in Panik. Ihre Einstellung war von Anfang an sachlich. Sie mochte den Mann, aber nicht die Männer. Man konnte es auch umgekehrt sagen: sie mochte Männer, aber nicht den Mann - bevorzugte somit mehr das Prinzip als die Person. Was also da an begehrender Männerwelt am Wege oder im Weg stand, wurde, nach genauer Abwägung von Wichtigkeit, Notwendigkeit und Ratsamkeit in freundlichem Stil absolviert, oder, wie sie es nannte, abgeräumt, als Hürde kurz- oder mittelfristig zur Seite gelegt.
    No problem für Swantje.
    Eine ernsthaftere Partnerschaft mit einem Public-Rela-tionstyp brachte ihr abermals ein berufliches Avancement, machte sie jedoch mit der eigentlichen Malaise eines Reklamemodels bekannt. Eine junge Schauspielerin hatte sie gewarnt: »Reklamesppt ist wie Synchron. Eine Sackgasse. Biste drin,
    kommste nicht weiter, höchstens wieder raus«, hatte sie gesagt.
    Swantje wurde als ausschließlicher Werbeträger für besonders aktive Rachenpastillen engagiert. Also exklusiv. Sie durfte für nichts anderes ihren Körper als Reklametrommel benützen. Dafür gab es einen dicken Vertrag und für den Verzicht auf andere Verdienstmöglichkeiten, als Lohnausfall sozusagen, einen großzügigen Gagenausgleich. So weit, so gut.
    Sie machte für diese Firma Werbespots auf dem Strand in Haiti, auf einem Vulkankrater in Hawai, auf einer Stufenpyramide in Mexiko. Denn alle irgendwie Beteiligten, die Stabmitglieder, die Funktionäre der Auftragsfirmen, der Filmhersteller, der Public-Relation-Büros legten den größten Wert auf Erstklassigkeit, das heißt auf weite Reisen, hohe Spesen, Flugtiketts für die Concorde und Luxusapartments in Drei-Sterne-Hotels. Aber Swantje fühlte sich in diesem Dolce vita mit der Aufgabe, ihr Vergnügen am Genuß eines bestimmten Drogerieerzeugnisses just an besonders ausgefallenen geographischen Fixpunkten zu zeigen, unausgelastet. Zu untätigem Leben war sie nicht geeignet.
    Nach Ablauf des Vertrages engagierte sie eine andere berühmte Marke, allerdings erst nach schwierigen Verhandlungen, deren Gründe man ihr vorenthielt. Es war eine Strumpfhosenfirma, deren Produkt ihr reichliche Gelegenheit gab, die Perfektion ihrer unteren Körperhälfte vorteilhaft zur Geltung zu bringen.
    Doch damit war auch ihre erfolgreiche Karriere als Werbeträger und Reklamemodel plötzlich zu Ende. Nichts ging mehr. Sie teilte mit anderen bedauernswerten Opfern der mitleidlosen Branche das Schicksal von Frau Saubermann oder der Waschfrau Clementine. Sie hatte in diesem Beruf nicht ihre eigene Identität gefunden, sondern eine falsche. Sie war in Stadt und Land zum Begriff geworden: zur »Miß reiner Atem« und dann gar zur »Strumpfhose mit dem strammen Sitz«. Man identifizierte sie

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