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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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respektieren, oder lieber Prinz, das klingt wenigstens freundschaftlich. Den Albert schenke ich Ihnen, er ist mindestens ebenso albern wie Blanka, und ich bin kein Prinzgemahl und Sie keine kurzbeinige, dickliche junge Queen Victoria, sondern ...«
    »Mein lieber Herr Prinz« , sagte Blanche würdig, »was meine Scham betrifft ...«
    »Nun - ich höre ...«
    »... Was mein Schamgefühl betrifft, so wollen wir uns darüber ebensowenig unterhalten, wie über meine entzückenden Mikos, wie Sie es zu nennen belieben. Wenn Sie also schon kein Hochstapler sind, leider, was mir besser gefallen hätte - ich habe da eine Novelle von Robert Neumann gelesen -, was treiben Sie dann, wenn Sie nicht hochstapeln?«
    »Ich schreibe eine blödsinnige Reportage für die Berliner Illustrirte - ohne ie -, ein namhaftes Blättchen, wie Sie wissen dürften, mit dem Titel ›Adepten, Asketen, Asconesen‹ - man hat es ja gerade mit der Alliteration -, aber das tue ich nur der Brötchen wegen, die stimmen müssen, sonst arbeite ich ...«
    »An einem großen, weltbewegenden, revolutionären Werk«, sagte sie spöttisch.
    »... an einer kleinen Geschichte des modernen Tanzes«, sagte er schlicht.
    Ein Engel ging durch Ascona.
    »So, und nun beeilen Sie sich«, er blickte auf die Uhr, »und ziehen Sie sich untenrum das hier an.« Er zog ihr Höschen aus der Tasche, säuberlich in Seidenpapier gewickelt. »Nicht wegen der Moral, sondern weil es abends ziemlich kühl werden kann und ich nicht möchte, daß Sie sich erkälten.«
    Und da sie wieder nach Luft schnappte wie ein Goldfisch: »Los, machen Sie rasch, Sie kriegen eine prima Lasagne und ein Glas - aber nur ein Glas Rotwein und hier - Ihre Eintrittskarte: die Palucca tanzt heut' abend ... Naja, Sie kommen ja aus dem Busch ...«
    Da brauchte es keine Entgegnung mehr, sie ergriff das Päckchen und stürzte an Mauro vorbei, dem sie einen freudigen Klaps auf die Schulter gab, worauf er prompt drei leergetrunkene Camparigläser samt dem Tablett fallen ließ.
5
    Die Palucca tanzte.
    Die Palucca tanzte und Blanche war in allen Himmeln. Das sollte man können: so sich voll und ganz ausdrücken, so erfüllt sein, so sich hingeben ... Was konnte dagegen das alberne Gerangel in Betten sein zwischen Männlein und Weiblein ... zum Teufel der ganze Sex oder wie das hieß ... Hier war Selbstverwirklichung, gestaltgewordene Seelenkraft, die Bewegung eines Unterarmes ward hier zum Ereignis und die unbeschreibliche Geste in ihrer Vergänglichkeit unzerstörbar in alle Ewigkeit ...
    Sie saß hochaufgerichtet wie eine zierliche Puppe bewegungslos da und hatte kleine silbrige Schweißtropfen auf ihrer Stirn. Sie hörte nicht die Bemerkungen, die der »Prinz« ihr zuflüsterte, spürte nur, daß er sie gelegentlich von der Seite musterte - Gott sei dank, sie saß rechts von ihm und das war ihre bessere Seite -, sie war auch in den Pausen nicht ansprechbar -, aber der Tanzabend ging vorüber, viel zu schnell, wie sie meinte, und zuletzt schien sie so erschöpft, als hätte sie selbst die Darbietung bestritten. Sie war völlig erledigt, war so benommen, daß sie kaum merkte, als er sie sachte am Arm nahm und durch die dunklen Straßen und Gassen leitete. Sie stiegen in einem alten Stadthaus die Treppe hinauf. Er öffnete eine Etagentür und ließ sie eintreten.
    »War's schön?« fragte eine schlanke, große Rothaarige von apartem Aussehen und nannte ihren Namen, den Blanche nicht verstand. »Sie müssen sich ›von‹ schreiben, daß er es fertigbrachte, meine Eintrittskarte Ihnen zu überlassen«, fuhr die Rote fort. »Gleich gibt es eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken ... nichts Besonderes, alles, was die Küche eben hergab. »Er«, sie deutete auf Prinz, »er ist ein schlechter Gastgeber und überläßt alles mir.« Damit verschwand sie.
    »Wo sind wir hier?« flüsterte sie.
    »Na, bei mir natürlich, wo sonst«, brummte er.
    Also hatte er bereits eine Freundin und war gar nicht »en chasse«, auf Mädchenjagd, wie sie angenommen hatte. Blanche nahm dies recht zwiespältig auf, zumal sie zugeben mußte, daß die Rothaarige recht attraktiv war.
    Aber sie hatte keine Zeit, sich langen Betrachtungen darüber hinzugeben, ob diese überraschende Entdeckung nun gute oder schlechte Gefühle in ihr hervorrief - es kamen Gäste, immer mehr, und die waren ganz anders als jene in der Villa am ersten Abend. Bei den Männern dominierte die Harold-Lloyd-Brille, die die Literaten und Intellektuellen zur Zeit

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