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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthologie
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Eins!«
    »Wir ssagen dassu bei unss in Danmark ...«, und die Dänin gurgelte kurz ein unverständliches dänisches Wort heraus. Aber es klang durchaus positiv.
    »Una bella pizza di figga«, sagte die Italienerin und schämte sich sehr. Aber dann hieß es: »Wenn du mit uns zurückwillst, beeil dich, presto, dalli-dalli.«
    »Nichts da, sie bleibt«, sagte die Prinzessin. Blanche blickte sie an.
    »Schneewittchen bleibt bei der Knusperhexe. Ich werde sie schon nicht auffressen. Höchstens schiebe ich sie in den Backofen, wenn sie mir gut gelingt«, die Künstlerin zeigte auf die Statuette.
    Die Mädchen verschwanden arglos nach vielen Ciaos, Tschüß und Mane taks - offenbar war nichts selbstverständlicher. Und so wurde Blanche im Laufe der folgenden Stunden rechtschaffen müde vom Modellstehen, bei dem sie unerbittlich kommandiert wurde.
    Spät abends sprang sie noch in die Regentonne vor dem Haus und bekam unter der Brause einer darüber befindlichen Gießkanne richtige Gänsehaut. Dann wurde ihr eine echte Polenta vorgesetzt - sie war vom Krieg her nur das grünlich verschimmelte bittere Maisbrot gewohnt -, eine Platte Bündner Rauchfleisch, das auf der Zunge zerging, und den echten Salami (»Salami ist ein ›er‹ und keine ›sie‹«, wurde sie lachend belehrt und auf die phallische Form der Wurst hingewiesen:
    »C'est vrai, surement!«). Und dann bekam sie eine kleine Kammer und eine Bettjacke, die knapp paßte, und sie überlegte, ob es ihr als unhöflich und undankbar ausgelegt werden würde, wenn sie den Schlüssel der knarrenden Zimmertüre herumdrehen würde, ließ es dann doch sein - und es knarrte auch nachts keine Türe ... Schneewittchen blieb unbehelligt.
    Drei Tage war sie in Fontana Martina, drei herrliche Sommersonnentage, und sie wurde dabei braun wie eine Nubierin am ganzen Körper, ohne die häßlichen Aussparungen durch das Textil der Bademode.
    Und zur selben Zeit kam sie auch aus dem Backofen der Knusperhexe, frisch gebrannt und spiegelblank lasiert, als jene Keramik, die später so berühmt werden sollte. »Der tanzende Hermaphrodit« hieß sie, und Blanche war genau zu erkennen - wenn man sie kannte -, an der Süße und Spröde ihrer Bewegung und ungeachtet eines gewissen Details, das man zusätzlich angebracht hatte und für das ein kleiner italienischer Ziegenhirte schreiend und widerstrebend und nur durch einige Silberfranken besänftigt das Modell geliefert hatte.
4
    Auf der Piazza. Blanche war von Walentina mit ihrem Eselskarren nach Ascona zurückgebracht worden. Das neue Werk der Künstlerin hatte in einer kleinen Galerie nebst anderen seine Vernissage gehabt und einiges Aufsehen erregt. Blanche saß wie am ersten Tag an ihrem Tischchen, umsorgt und umhegt von Mauro, der ihren Platz umkreiste wie ein Hirtenhund seine Herde. Sie sog am Strohhalm ihres Rharbarbero und sonnte sich lässig - in ihrem Ruhm. Gewiß, es war nur ein Lokalruhm, aber immerhin, es war ihr erster Ruhm und Ascona war schließlich kein Kötschenbroda.
    »Schneewittchen hat Karriere gemacht«, sagte eine Stimme; es war der Prinz. Und sofort begann sie sich zu ärgern. Sie wurde sardonisch, denn sardonisch zu werden fiel ihr leicht, wenn sie die lange Zigarettenspitze in der Hand und die Beine übereinandergeschlagen hatte. Also sagte sie sardonisch: »Ah, Durchlaucht, Albert Prinz von Buxtehude oder Maghrebinien oder werweißwoher ... die Schweizer Polizei ...«
    »... hat viel zu tun«, fiel er ihr ins Wort, »um die Ansammlung vor Ihrer Statuette, dem Wunderwerk der Zwiegeschlechtlichkeit, in Schranken zu halten.«
    »Sie sind ein Hochstapler«, brach es aus ihr heraus.
    »Und wenn ich es wäre?«
    »Sie - Sie ...« die Sardonik hatte sie leider im Stich gelassen.
    »Warum stellen Sie eigentlich immer Ihre Stacheln auf, wenn Sie mich sehen, Blancheneige? Weil ich keiner Ihrer Zwerge bin, sondern höchstens das Zeug zu einem Prinzen habe?«
    »Sie sind kein Prinz, sie geben sich nur als einen solchen aus«, sagte sie wütend.
    »Sehen Sie, meine Beste, das ganze Leid der Welt kommt nur daher, daß kein Mensch den anderen ausreden läßt. Unser aggressives Zeitalter reißt allzu rasch die Streitaxt von der Wand und den Degen aus der Scheide. Auch Kain hätte Abel nicht zu erschlagen brauchen, hätten sie ihre Meinungsverschiedenheiten über Ackerbau und Viehzucht in Ruhe ausdiskutiert - vom Weltkrieg ganz zu schweigen. Jetzt sind Sie brav und hören artig zu, wenn junge Männer ernsthaft sprechen.« Und als

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