Das Finale
Motorradfreunde wieder auf dem Georgsplatz treffen.
Sie schloss die
Haustür von innen ab und stellte vorsichtig ein Glas auf die Türklinke. Um auch
im Schlaf einen möglichen Eindringling nicht zu überhören, baute sie zwei
Kochtöpfe unter dem Türgriff auf, die sie mit dem Boden nach oben abstellte.
Das, so hoffte sie, würde laut genug sein. Anschließend durchsuchte sie ihre
Wohnung akribisch. Sie konnte keinen Hinweis dafür finden, dass sich jemand
unbemerkt während ihrer Abwesenheit in den Räumen aufgehalten hatte. Es fehlte
nichts. Alles war am gewohnten Platz. Trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los.
Den Rest des Abends
verbrachte sie mit der Zubereitung eines kargen Abendessens, das aus einem
Fertigmenü aus der Tiefkühltruhe, das keine kulinarische Offenbarung war, und
Rotwein bestand. Der Notwendigkeit, weitere Kartons auszuräumen, widerstand
sie. Irgendwann, nachdem sie ferngesehen hatte, ohne aufzunehmen, was dort
lief, zog sie sich in ihr Schlafzimmer zurück.
DREI
Obwohl sie
todmüde war, schlief Frauke unruhig. Immer wieder schreckte sie aus dem leichten
Schlaf, weil der Fall und der schleppende Fortgang der Ermittlungen ihren
rastlosen Geist nicht zur Ruhe kommen ließen. Sie stand auf, trank einen
Schluck Mineralwasser, sah aus dem Fenster auf die gegenüberliegende
Seniorenresidenz und war nicht überrascht, in zwei Fenstern trotz der
nächtlichen Stunde das Flimmern von Fernsehapparaten zu entdecken. Offenbar
kämpften dort ältere Herrschaften auch mit dem Schlaf.
Irgendwann musste
die Erschöpfung sie doch in den Tiefschlaf gewiegt haben. Sie hatte Mühe, das
durchdringende Geräusch zu orten, das ihren Traum zunächst begleitete, dann den
Schlaf jäh unterbrach. Schlaftrunken suchte sie nach ihrem Handy auf dem
Nachttisch und meldete sich.
»Kriminaldauerdienst.
Bösenberg«, meldete sich eine Stimme, die erschreckend munter klang. »Frau
Dobermann?«
Sie bestätigte es.
»Entschuldigen Sie,
dass wir Sie erst jetzt benachrichtigen.«
Sie warf einen Blick
auf die Weckuhr. Es war kurz nach halb fünf.
»Kommen Sie zur
Sache«, sagte sie missgelaunt und hatte Mühe, das Gähnen zu unterdrücken.
»Es geht um ein
Tötungsdelikt.«
Mit einem Schlag
wich alle Müdigkeit von ihr.
»Wird das ein
Fortsetzungsroman?«, fragte sie unwirsch.
»Nochmals«, erklärte
Bösenberg geduldig und ließ sich nicht auf ihr Geplänkel ein. »Wir haben durch
die Aktenlage erst jetzt erfahren, dass Sie in diesen Fall involviert sind.«
»Wollen Sie mir
nicht endlich sagen, was los ist?«
»Gestern Abend,
gegen einundzwanzig Uhr dreißig, wurde in der Großkopfstraße ein Tötungsdelikt
begangen.«
»Kevin Schmidtke«, entfuhr
es Frauke.
»Wir haben uns
gedacht, dass Ihnen der Name des Geschädigten etwas sagt.«
Geschädigter!,
dachte Frauke. Wer hat sich solche Formulierungen nur ausgedacht.
»Wie weit sind die
Arbeiten am Tatort gediehen?«, fragte sie.
»Schmidtke wurde in
die Rechtsmedizin verbracht. Wir sind auch abgezogen. Derzeit sind dort noch
die Kollegen von der Spurensicherung tätig.«
»Haben Sie Hinweise
auf den Täter? Den Tathergang?«
»Nur sehr magere«,
gestand Bösenberg ein. »Die Meldung ist über Eins-Eins-Null eingegangen.
Nachbarn haben die Polizei alarmiert, weil es in der Wohnung zu einem
Wortgefecht gekommen war. Eigentlich, so haben die Befragungen ergeben, war nur
der Mieter …«
»Schmidtke.«
»Genau. Also, nur
der war zu hören. Dann gab es einen Knall, den die Nachbarn als möglichen
Schuss deuteten. Kurz darauf ist jemand die Treppe hinuntergestürmt und hat
sich mit einem Motorrad entfernt.«
Das war die Methode,
die bei der Ermordung des Rentners vor Fraukes Haustür und bei dem Mordversuch
vor der Tür des Hauses in Isernhagen angewandt worden war. Doch beide Mörder
waren verhaftet. Offenbar blieb die Organisation bei dem Verfahren.
»Einzeltäter?«
»Ja. Jedenfalls hat
sich eine Person mit dem Motorrad entfernt.«
»Konnte der Fahrer
identifiziert werden?«
»Wie denn?«, empörte
sich Bösenberg. »Es war dunkel. Der Täter trug einen Helm und schwarze
Lederkluft. Aber ein Zeuge hat Fragmente des Kennzeichens erkennen können. Eine
Fahndung wurde noch gestern Abend eingeleitet. Bisher aber erfolglos.«
»Todesursache?«
»Ein Schuss. Der
Täter ist an den Geschädigten herangetreten und hat ihn aus kürzester
Entfernung direkt ins Herz getroffen. Der Arzt meint, Schmidtke war sofort
tot.«
Warum hat er sich
nicht gewehrt?, überlegte
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