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Das Finale

Das Finale

Titel: Das Finale
Autoren: Hannes Nygaard
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wieder beschlich sie ein merkwürdiges Gefühl, als sie
die Stelle passierte, an der Friedrich Rabenstein erschossen worden war – nur
um ein Zeichen zu setzen. Die Organisation hatte mit der blutigen Spur, die
ihrem Weg folgte, deutlich bekundet, wie sie mit Leuten umsprang, die ihre
Geschäfte störten.
    Nachdem die Haustür
hinter ihr zugefallen war, verebbte der Lärm der Straße. Als Frauke die Treppe
erklomm, spürte sie, wie müde sie war. Die enormen Belastungen der letzten Zeit
forderten ihren Tribut.
    Sie vermochte nicht
zu sagen, warum, es war eher der Instinkt, der sie aufschreckte, als sie die
beiden Sicherheitsschlösser zu ihrer Wohnung öffnete, aber sie hatte das
Gefühl, dass jemand während ihrer Abwesenheit an der Schließanlage manipuliert
hatte. Sie nahm die Schlösser in Augenschein, konnte aber nichts entdecken.
Keine Kratzer, keine noch so kleinen Metallsplitter. Nichts.
    Sie entnahm ihrer
Handtasche die Dienstwaffe und lud sie durch. Vorsichtig öffnete sie die Tür.
Wenn man angespannt in die Stille lauschte, schienen das Klacken im
Schließzylinder und das Drehen des Schlüssels bis ans Ende der Stadt hörbar zu
sein. Es war totenstill in der Wohnung. Frauke wartete einen Moment, bevor sie
die Tür weiter aufstieß und beim Knarren der Angeln zusammenzuckte. Nichts
rührte sich. Sie tastete um die Ecke und betätigte den Lichtschalter. Die nur
in einer Fassung steckende Glühbirne im Flur flammte auf. Es war nichts zu
entdecken. Auf Zehenspitzen schlich Frauke den Flur entlang, öffnete die Tür
zum Badezimmer und warf einen Blick in den Raum. Sie ließ auch die Dusche
hinter der matten Kabinentür nicht aus. Leer. Das galt auch für die Küche, die
sie als Nächstes untersuchte. In Zeitlupe schlich sie zum Wohnzimmer, dessen
Tür offen stand. Ein schneller Blick zeigte ihr, dass sich auch hier niemand
verbarg.
    Plötzlich hörte sie
Schritte im Treppenhaus. Eine Tür fiel zu, und jemand kam die Treppe herunter.
Frauke verhielt sich still. Sie wagte kaum zu atmen. Die Schritte hielten inne.
Dann knarrte die Haustür.
    »Hallo?«, rief eine
männliche Stimme. »Ist da jemand?«
    Langsam kam sie aus
dem Wohnzimmer heraus und hielt ihre Waffe hinter dem Rücken verborgen.
    »Hallo«, sagte sie
zu dem Mann, der in der Wohnungstür stand und sie misstrauisch beäugte.
    »Die Tür stand auf.«
Es klang wie eine Entschuldigung.
    »Oh«, antwortete
Frauke. »Die habe ich vergessen zu schließen, als ich mit meinen Einkäufen in
die Wohnung kam. Vielen Dank.«
    »Das ist ein
friedliches Haus«, erwiderte der Mann, der ihr bisher noch nicht begegnet war,
»aber trotzdem …«
    »Ich wünsche Ihnen
noch einen schönen Abend«, entgegnete Frauke und schloss die Wohnungstür. Sie
hatte sie mit Absicht offen gelassen, um im Ernstfall eine Fluchtmöglichkeit zu
haben. Das war ihr nun versagt. Durch die Tür hörte sie, wie sich der Mann treppab
entfernte.
    Mit einem unguten
Gefühl im Nacken tastete sie sich förmlich an der Wand entlang zum dritten
Zimmer, in dem sie bisher nur Umzugskartons und noch nicht eingeräumte Sachen
untergebracht hatte. Auch hier befand sich niemand. Es blieb nur noch das
Schlafzimmer übrig.
    Als Erstes betätigte
sie den Lichtschalter. Die Lampe tauchte alles in ein mildes Licht, obwohl noch
genügend Helligkeit durchs Fenster hereinfiel. Der üppig mit Laub versehene
Baum vor dem Haus nahm viel vom natürlichen Tageslicht. Das Einzelbett, das an
der Wand stand, war leer. Im Türrahmen bückte sie sich und warf einen Blick
unter die Liegestatt. Auch da verbarg sich niemand. Mit einem Ruck riss sie die
Tür ein Stück zur Seite. Dahinter fanden sich nur der Staubsauger, Besen und
Schrubber, für die sie noch keinen besseren Platz gefunden hatte.
    Ein Lächeln zog über
ihr Gesicht. Du siehst Gespenster, schalt sie sich. Du bist überarbeitet, deine
Nerven sind überreizt … sie behielt das Lächeln bei, als sie die Schiebetüren
des Kleiderschranks öffnete. Geräuschlos glitten sie zur Seite.
    Sie ließ sich auf
die Bettkante fallen.
    »Frauke«, sagte sie
zu sich selbst, »wie gut, dass dich keiner beobachtet hat. Nicht einmal ein
heimlicher Liebhaber versteckt sich im Kleiderschrank.«
    Unwillkürlich dachte
sie an Georg, dessen Identität sie immer noch nicht hatte klären können. Zu
viele Ereignisse stürmten auf sie ein. Da blieb kein Raum für diese wichtige
Frage. Außerdem hatte sie dieses Thema auf den kommenden Freitag geschoben.
Dann würden sich die
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