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Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal

Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal

Titel: Das finstere Tal - Willmann, T: Das finstere Tal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Willmann
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prüfenden Blick darauf werfen konnte.
    Trotz dieser Unterbrechungen schritt das Werk zügig voran, und es gelang gut. Es war schon fast vollendet, als wieder einmal ein Erwachsener an einem der Fenster erschien, nach dem Kind zu schauen. Und als der sah, wie nah am Zaun der Junge saß, und er erkannte, dass der zeichnende Fremde das Kind ganz in seine Aufmerksamkeit gefasst hatte, da erscholl ein barscher Ruf nach dem Bub, und noch ehe der sich recht entschließen konnte, diesem Ruf zu folgen – denn er wollte nun die Fertigstellung des Bildes miterleben –, da war der Mann schon aus dem Hauseingang, kam schnurstracks auf das Kind zu und hatte es so rasch vom Boden hochgezerrt und unter den Arm gepackt, dass es verschreckt zu heulen begann. Greider hatte er dabei einen drohenden Blick zugeworfen, der ahnen ließ, dass nicht viel fehlte und der Mann hätte sich auch noch Greiders Block geholt, und zwar am liebsten mit Gewalt. Und dann war er schon mit dem Jungen im Haus verschwunden und hatte hinter sich die Tür zugeriegelt.
    Greider ließ nicht den Eindruck aufkommen, dass ihn dieser Auftritt in eine hastige Flucht geschlagen hätte, aber er blieb nicht mehr lange an seinem Platz, verfertigte nur mehr aus dem noch frischen Gedächtnis einige Einzelheiten am Porträt des Knaben, räumte dann seine Sachen zusammen und zog heimwärts, zur Witwe Gader.

IV
    Im Haus, in dem Greider zu Gast war, hatte man sich schnell aneinander gewöhnt und gut miteinander eingelebt. Entgegen der Behauptung des Bärtigen, die Witwe würde für den Winter Hilfe benötigen, gab es für Greider nicht viel zu tun, was ihn von seiner Kunst abgehalten hätte. Der Gadersche Obst- und Gemüsegarten war schon vor der Ankunft des Fremden abgeerntet, der Ertrag eingelagert oder zu Konserven verkocht worden. Die gewöhnliche Hausarbeit wollten sich Luzi und ihre Mutter nicht von ihrem Gast abnehmen lassen. Und das für diese Jahreszeit aufgesparte Handwerk, mit dem sie die länger werdenden Abende zubrachten, das Nähen oder Ausbessern von Kleidung und Wäsche, hätten sie ohnehin niemals Männerhänden überlassen.
    So blieb Greider – der stets bereitwillig anbot, sich nützlich zu machen – nur, ab und an einen frischen Vorrat an Brennholz zu hacken, bei der Versorgung der wenigen Tiere im Stall oder dem seltenen Schleppen schwererer Lasten zu helfen. Dass man aber den Gast überhaupt als Arbeitskraft einsetzte, schien weniger dem Wunsch oder Bedarf der Witwe und ihrer Tochter geschuldet, sondern Greiders beharrlichen Erinnerungen, dass der Bärtige ihm das Quartier mit der Begründung zugeteilt hatte, er würde dort gebraucht. Die Frauen wollten dies sichtlich nicht als Lüge entlarven.
    Zumindest in einer Hinsicht aber wurde ihnen der unerwartete Mitbewohner tatsächlich zur willkommenen Erleichterung. Da Greider fast jeden Tag im Dorf oder dessen Umgebung verbrachte, konnten Luzi und ihre Mutter sich den Weg dorthin ersparen und ihm jederzeit die nötigen Besorgungen auftragen, die sie sonst alle zwei Wochen gesammelt zu erledigen pflegten. Aber obwohl Greider sich dabei alstadellos zuverlässig erwies und die Gader-Wittib bald nur noch sonntags zum Kirchgang ihr Grundstück verließ, behauptete Luzi gelegentlich, dass für eine gewisse Anschaffung ihr persönlicher Sachverstand unverzichtbar wäre. So schlug sie auch Greiders Angebot aus, sie in die Ortschaft und zurück zu begleiten und sich von ihr beim Kauf die zu beachtenden Besonderheiten erklären zu lassen, und zog alleine los, wofür sie stets ein bisschen länger zu benötigen schien, als wenn sie gemeinsam mit ihrer Mutter eine ähnliche Besorgung erledigt hatte. Und wovon sie stets mit einem Einkauf zurückkehrte, dem nicht anzusehen war, was an seiner Auswahl denn nun Greider eigentlich hätte überfordern sollen.
    Wenn die Witwe daran etwas Seltsames fand, dann ließ sie sich das nicht anmerken. Greider aber, der anfangs noch voller Hilfsbereitschaft versucht hatte, ihr den Weg abzunehmen, verstand bald, dass er der jungen Frau nützlicher war, indem er seine vermeintliche Unfähigkeit, die Besorgungen zufriedenstellend zu erledigen, einfach mit einem heimlichen Lächeln akzeptierte – und er sah es weder als seine Aufgabe noch als sein Recht an, weiter zu fragen, warum.
    Das Verhalten des Mädchens war um so eigenartiger, als das Hochtal kein Ort war, der viel Auswahl anbot für Besorgungen jeglicher Art. Die meisten seiner Bewohner waren Bauern, die das, was sie zum Leben

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