Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
Nur Augenblicke später knirschte Kies unter dem Rumpf. »Wartet auf dem Schiff!«
»Du solltest nicht gehen, Herrin«, sagte einer der Ruderer. Lilianne erkannte den Mann. Er war einer der Veteranen der Schlacht am Bärensee.
»Du weißt doch, dass ich meine Männer nie auf einen Weg führe, den ich nicht ohne zu zögern als Erste gehen würde, Janosch.«
»Du kennst meinen Namen.« Die Stimme des alten Soldaten zitterte.
Lilianne lachte. »Ich vergesse niemals den Namen eines Mannes, der mich nackt gesehen hat. Du hast mir auf der Sankt Raffael deinen Umhang gegeben, nachdem drei deiner Kameraden mich vor dem Ertrinken gerettet hatten.« Sie sah die anderen Männer im Boot an. »Ich wette, Janosch hat euch die Geschichte von der nackten Komturin schon hundertmal
erzählt. Und seinen Umhang von damals hütet er wahrscheinlich wie die Reliquie einer Heiligen.«
Die Krieger grinsten. Lilianne wusste, dass jeder von ihnen ohne zu zögern an ihrer Seite gegen ein Heer von Trollen marschieren würde. Allein schon deshalb musste sie gehen. Diese Männer durften nicht in einem sinnlosen Zwist um die Macht in der Kirche geopfert werden.
»Pass auf dich auf, Herrin!«, rief Janosch ihr nach, als sie ins flache Wasser sprang und zum Strand watete.
Als sie vom Ufer zurückblickte, war das kleine Ruderboot schon im treibenden Nebel verschwunden.
Lilianne sah zum Zelt, presste die Lippen zusammen und ging mit entschlossenen Schritten ihrem Schicksal entgegen. So hatte sie es immer getan. Ganz gleich, ob sie ihr Weg zu einer Phalanx mordlüsterner Trolle führte oder so wie jetzt möglicherweise in die Verliese der Fragenden.
Rings um das Zelt gab es keine Wachen. Vielleicht hatten sich die Ritter vom Aschenbaum ja an die Vereinbarung gehalten. Sie schlug die Plane zurück. Zwei Ritter standen an einem Kartentisch. Lilianne erfasste mit einem Blick, worum es ging. Bunte Holzklötze auf dem Tisch markierten Truppenverbände. Und es standen sehr viel mehr rote als schwarze Klötze auf der Karte Drusnas.
»Willkommen, Schwester Lilianne«, begrüßte sie der ältere der beiden Ritter. Er war ein schlanker Mann, dessen Gesicht von Wind und Wetter gefurcht war. Sein graues Haar war kurz geschoren. Der Spitzbart an seinem Kinn erinnerte an einen Dolch. Er trug schlichte schwarze Kleidung und einen weißen Mühlradkragen, wie Lilianne ihn schon lange nicht mehr gesehen hatte.
Der andere Ritter war jünger. Doch auch in seinem Haar zeigte sich schon erstes Grau. Er hatte ein fleischiges Gesicht mit glatt rasierten, roten Wangen. Seine Nase war gebogen
wie ein Falkenschnabel, die Lippen nur ein schmaler Strich. Er war von gedrungener Gestalt, was durch den Kürass, den er trug, noch unterstrichen wurde. Beide sahen sie aus wie Männer, die nicht davor zurückscheuten, in der Schlacht in der ersten Reihe zu stehen.
»Darf ich dir Bruder Ignazius vorstellen?«, sagte der jüngere der beiden.
»Ignazius Randt?«
Der Alte deutete eine Verneigung an. »Bitte verzeih meine schlechten Manieren. Es wäre meine Aufgabe als einfacher Ritterbruder gewesen, Bruder Erilgar, den Ordensmarschall der Ritterschaft vom Aschenbaum, zuerst vorzustellen.«
Lilianne lächelte über das eitle Spiel der beiden. Ignazius war selbst einst Ordensmarschall gewesen. Warum er dem Jüngeren sein Amt überlassen hatte, wusste die Ritterin nicht. Sie blickte auf den Kartentisch.
»Stimmt das Kräfteverhältnis auf der Karte?«
»Könnten wir uns gleich zum Eingang des Gesprächs darauf einigen, auf Lügen und Intrigen zu verzichten?« Es war Bruder Ignazius, der dies sagte.
»Stimmt die Karte?«
Die beiden Ritter tauschten einen Blick. Dann nickte Erilgar. »Ja. Wir sind den Truppen des Blutbaums deutlich unterlegen. Nach unseren Schätzungen hat dein Orden mindestens 25 000 Mann unter Waffen in dieser Provinz. Wir hingegen könnten vielleicht 15 000 Mann aufbieten. Was die Flotten angeht, ist eure Übermacht sogar noch deutlicher. Du sollst wissen, dass wir kein Interesse daran haben, gegen unsere Ritterbrüder Krieg zu führen. Nicht dass wir davor zurückschrecken würden. Auch du weißt, dass ihr auf lange Sicht nicht gewinnen könnt. Aber wenn wir die Dinge etwas leidenschaftsloser als die Kirchenfürsten von Aniscans betrachten, dann können beide Orden bei einem solchen Streit nur
verlieren. Wohingegen unsere fast besiegten Feinde womöglich Jahre gewinnen, um sich auf eine Verteidigung des Fjordlands vorzubereiten.«
Lilianne nickte. Sie war
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