Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
verlangen, dass ich etwas Ehrenrühriges tue!«
»Das weiß ich jetzt noch nicht. Vielleicht werde ich deine Schuld auch nie einfordern. Zerbrich dir darüber jetzt nicht den Kopf. Du hast mir dein Wort gegeben, aus der Sache kommst du nicht mehr heraus. Wenn du jetzt so freundlich wärst, dein Pferd zu holen … Oder ist deine Sehnsucht nach der Königin am Ende doch nicht so groß?«
Luc gehorchte. Doch während er den Hengst sattelte, schalt er sich einen Narren. Wie hatte er sich auf ein Geschäft mit einem Kobold einlassen können!
Brandax nahm vor ihm im Sattel Platz. Er gab ihm Anweisung, die Stadt durch das Apfeltor zu verlassen. Die Wachen dort öffneten, ohne Fragen zu stellen, das schwere Eichentor, als sie den Kobold erkannten. Es stimmte offensichtlich, dass er Gishilds Baumeister war. Jeder schien ihn zu kennen.
Brandax flüsterte dem Hengst etwas ins Ohr. Das Tier preschte in halsbrecherischem Tempo nach Norden. Der Mond und die Sterne blieben hinter den Wolken verloren. Sie waren noch nicht weit von der Stadt entfernt, als Nieselregen einsetzte.
Der Kobold summte leise eine Melodie. Das Wetter schien ihm nichts auszumachen. Luc war froh, dass Brandax nicht in der Stimmung war zu reden. Er war erschöpft. Es fiel ihm schwer, sich im Sattel zu halten.
Höher und höher ritten sie in die Berge. Drei Pässe überquerten sie. Bald hatten sie die letzte Bauernkate hinter sich gelassen. Die Finsternis, die sie umfing, war vollkommen. Der Elfenhengst fand dennoch seinen Weg.
Der erste Silberstreif, der Herold der Sonne, die über den Horizont stieg, ließ die Berge wie schwarze Scherenschnitte gegen den Himmel aufragen. Eisiger Wind trieb dunkle Wolken dicht über die Gipfel. Luc bemerkte eine seltsame Statue am Wegrand, einen grob geschnitzten Holzmann, der über und über mit rostigen Eisenstücken bedeckt war.
»Wir sind da«, sagte Brandax und sprang behände vom Pferd. »Warte hier auf mich!«
»Wohin gehst du?«
Der Kobold antwortete nicht. Er eilte auf eine Gruppe haushoher Felsbrocken zu, die nahe dem Zenit des vierten Passes lagen. Binnen Augenblicken war er zwischen den Steinen verschwunden.
Luc ließ sich müde aus dem Sattel gleiten. Seine Glieder waren steif vom langen Ritt, und er war durchgefroren. Er
hatte nicht geahnt, dass der Kobold ihn hoch in die Berge führen würde. So war er ohne Mantel aufgebrochen, angetan nur mit den Kleidern, die ihm die Elfen für das abendliche Fest geliehen hatten. Inmitten der wilden Landschaft musste er wie ein Geck aussehen.
Finger aus zartem rosa Licht krochen die schroffen, grauen Hänge hinab und ließen Zungen des ersten Schnees in Pastellfarben aufleuchten.
Luc rieb sich fröstelnd mit den Händen über die Arme. Wo steckte der verdammte Kobold?
Sein Hengst schnaubte unruhig.
»Du bist hier weit entfernt von deinem Gott, Ritter.«
Erschrocken fuhr Luc herum. Vielleicht zwanzig Schritt hinter ihm stand ein alter, graubärtiger Krieger. Mit schweren Stiefeln, einem gefütterten Wams und einem dicken roten Wollumhang war er bestens für die Berge gerüstet. In den Händen hielt er eine große doppelköpfige Axt.
Lucs Hand glitt zum Rapier an seiner Seite.
Kaum dass seine Hand den Griff der Waffe berührte, richteten sich weitere Gestalten zwischen den Felsen längs des Weges auf. Die meisten hatten altertümliche Schwerter. Doch zwei zielten mit Radschlosspistolen auf ihn.
Luc fluchte. Er hörte ein wohlvertrautes, metallisches Knacken. Der alte Krieger hatte ebenfalls eine Pistole unter seinem Umhang hervorgezogen und spannte mit dem Kantschlüssel die Feder.
Luc zog Rapier und Parierdolch. Was für ein Narr er gewesen war, dem Wort eines Kobolds zu trauen! Hier oben würde man niemals seine Leiche finden.
DER WEG DER KRIEGER
Eine kleine Insel tauchte zwischen den treibenden Nebelschwaden auf. Das Zelt, das auf einer Landzunge aufgeschlagen war, leuchtete wie eine große Laterne. Zwei Schattenrisse waren gegen das gedämpfte Licht zu erkennen.
Lilianne atmete tief durch. Es war leichtfertig, auf das Wort der Ritter vom Aschenbaum zu vertrauen. Aber ihr blieb keine andere Wahl. Wenn sie es nicht versuchte, dann würde ein Kampf beginnen, den sie auf lange Sicht nur verlieren konnten. Michelle war in der Hafenfestung zurückgeblieben. Sie hatte eigentlich mitkommen wollen, doch Lilianne hatte darauf bestanden, diesen Weg allein zu nehmen.
»Anlanden!«, befahl sie dem Bootsführer.
Das Ruderboot schwenkte ein wenig nach Steuerbord.
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