Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
auf eine Hand gestützt, und sah ihn an. Es war ganz wie früher, als sie ihm oft beim Aufwachen zugesehen hatte.
»Du lebst«, sagte sie und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Luc räusperte sich. Auch das war wie früher! Oft wusste er einfach nicht, was er sagen sollte. Endlich nickte er. Ein kalter Windhauch strich über sie hinweg. Ihm klapperten die Zähne. Gishild hatte nicht einmal eine Gänsehaut. Sie fühlte sich warm an. Weich. Vertraut.
Seine Finger tasteten über die Narben an ihren Armen. »So viele Kämpfe.« Er begriff nicht, warum sie den aussichtslosen Krieg nicht beendete. Aber er hütete sich davor, sie danach zu fragen.
Sie drehte sich auf den Rücken und blickte in den stahlblauen Himmel. »Ich könnte den ganzen Winter hier bleiben. Ist es nicht wunderschön hier?«
Luc war drauf und dran zu sagen, dass es vor allem kalt war, aber er wollte nicht als verweichlicht gelten. Allerdings war ihm unbegreiflich, warum sie nicht fror. »Ein schöner See«, sagte er endlich.
Sie sah ihn an. Eine schmale Falte erschien über ihrer Nase. »Du bist nicht gerne hier?«
Bei Tjured, warum mussten Frauen immer alles in den falschen Hals bekommen? »Ich würde mir einen Arm abschneiden, um bei dir sein zu können. Quäl mich nicht. So lange habe ich mich nach dir gesehnt.«
»Was ist in Vahan Calyd geschehen?«
Er erzählte ihr die Geschichte von der Scheinhinrichtung und vom vorangegangenen schändlichen Angriff auf den Elfenhafen.
Gishild sah ihn mit großen Augen an. »Es ist also wirklich wahr. Ihr seid nach Albenmark gesegelt.«
»Ich weiß nicht, wie es gelang. Ich war sehr geschwächt. Ich habe Honorés Wunde geheilt. Danach war ich selbst tagelang krank. Es scheint sich ein Wunder ereignet zu haben, während ich den Primarchen heilte. Tjured will, dass nun die Schlacht um Albenmark beginnt.«
»Unsinn!«, sagte sie harsch und schüttelte den Kopf. »Lass uns nicht darüber reden. Ich danke den Göttern, dass du noch lebst. Und ich muss … Du bist ja völlig durchgefroren. «
Er lächelte und schlotterte vor Kälte. »Ich bin in einem wärmeren Land geboren. Ich fürchte, ich bin nicht so abgehärtet wie du.«
Der Schalk funkelte in ihren Augen. »Ja, so sieht es aus.« Sie blickte zum Himmel, als könne sie in den treibenden Wolken lesen. »Wir haben nicht zu lange geschlafen. Die Mittagsstunde ist kaum verstrichen. Komm mit ins Wasser.«
»Bitte nicht!«
»Ist das der Recke, der mir einst versprochen hat, mich aus jeder Gefahr zu erretten?«
Luc war nicht nach solchen Scherzen zu Mute. »Bitte, wir sollten ein Feuer machen …«
»Womit? Kannst du aus Steinen Feuer machen? Komm, vertraue mir.« Sie stand auf und lief zum Ufer hinab.
Mit einem Seufzer stand er auf. Das war ganz die Gishild, die er kannte! Sie stieg ins Wasser, ohne auch nur das Gesicht zu verziehen. Etwa zweihundert Schritt vom Ufer entfernt zog leichter Nebel über den See. Gishild schwamm darauf zu.
Luc hatte das Gefühl, als schnitten Messer in sein Fleisch, so eisig war der See. Er fluchte, trat auf einen spitzen Stein und hüpfte noch lauter fluchend tiefer ins Wasser. Dann warf er sich nach vorn. Es war so kalt, dass er einen Moment lang keinen Atem mehr bekam. Noch nie in seinem Leben hatte er so erbärmlich gefroren!
Er begann zu schwimmen, doch die Kälte schien ihm alle Kraft aus den Gliedern zu ziehen. Seine Bewegungen wurden immer schwerfälliger. Bald musste er darum kämpfen, den Kopf über Wasser zu behalten.
Plötzlich war Gishild neben ihm. Sie packte ihn und zog ihn neben sich her. Ein leicht fauliger Geruch trieb über dem Wasser. Es stank nach verdorbenen Eiern. Das Wasser vor ihnen schäumte, als sei etwas Riesiges am Grund des Sees erwacht und dränge empor zur Oberfläche. Er dachte an die Heidengötter. War dies ein heiliger Ort? Gab es sie wirklich?
Das Wasser war erfüllt von Tausenden kleinen Luftblasen. Und es war jetzt warm! Es tat gut! Langsam kehrte das Leben in seine tauben Glieder zurück.
Gishild legte ihr Amulett etwas um den Hals. Sie küsste ihn. »Entschuldige, manchmal bin ich etwas unbedacht.«
Er verstand nicht, was sie meinte. Er war der Dummkopf!
Er hätte sich ja nicht darauf einlassen müssen, ihr ins eisige Wasser zu folgen. Sein Stolz und die Überzeugung, dass er schon genauso viel aushalten könnte wie sie, hatten ihn in diese Lage gebracht.
»Magst du mir noch einmal folgen?«
Sie wirkte jetzt gar nicht wie eine Königin. Eher wie ein Kind, das
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