Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
vor mir, eine Kriegerin von Mut und edlem Geist. Es ist ein Privileg des Ordensmarschalls, Krieger, die sich auf einem Schlachtfeld besonders hervorgetan haben, im Rang eines Ritters in den Orden aufzunehmen. Deine Ruhmestaten auf den Schlachtfeldern Drusnas sind mir wohlbekannt, doch noch mehr Respekt habe ich vor dem Kampf, den du in der letzten Stunde mit dir selbst auszufechten hattest. Knie nun nieder, Lilianne de Droy.«
Sie gehorchte den Regeln des jahrhundertealten Rituals. Bruder Ignazius reichte Erilgar ein Rapier, dessen brünierter Korb eine weitverzweigte, schwarze Eiche darstellte. Der Ordensmarschall berührte mit der Spitze der Klinge ihre Schultern.
»Erhebe dich, Schwester im Orden vom Aschenbaum, Ritterin Lilianne de Droy, Komturin der Ordensprovinz Rabenturm. «
Lilianne hatte das Gefühl, als sei ein Berg auf ihre Schultern geladen worden. Sie drückte den Rücken durch, dann erhob sie sich. Die beiden Ritter lächelten freundlich. Sie brachte das nicht fertig.
»Deine erste Aufgabe wird es sein, Ritter und Truppen deines Ordens auf das Banner des Aschenbaums zu vereidigen. Du …«
Sie winkte ab. »Ich habe unser Geschäft durchaus verstanden. Ihr müsst es mir nicht noch einmal erklären. Meine ehemaligen Brüder und Schwestern sind an erster Stelle Krieger Gottes. Schlachtfelder sind die Tempel, auf denen sie Tjured huldigen.« Sie deutete auf die Karte. »Lasst uns darüber reden, wie wir gemeinsam Messen feiern werden. Nur damit werde ich sie überzeugen können, dass unsere beiden Orden eins werden müssen. All unsere Kräfte sollen auf ein gemeinsames Ziel gerichtet sein.«
Ignazius trat vor den Kartentisch. »Ich sehe die Gefahr, dass sich der Krieg um das Fjordland ähnlich lange hinziehen könnte wie die Kämpfe um Drusna. Es gibt nur wenig flaches Land. Berge, Wälder und Fjorde begünstigen den Verteidiger. Der Schlüssel für einen schnellen Sieg ist ihre Königin. Bringen wir sie in unsere Gewalt, dann brechen wir ihren Willen zum Widerstand. Sie allein ist es, die ihre Fürsten hoffen lässt, uns gegen jede Vernunft noch einen Sieg abzutrotzen. Ihr Volk ist durch die endlosen Feldzüge in Drusna
kriegsmüde geworden. Wenn wir ihre Königin haben und einen großzügigen Frieden bieten, dann werden, abgesehen von ein paar unverbesserlichen heidnischen Dickschädeln, alle ihre Schwerter niederlegen. Stimmst du dieser Einschätzung zu, Schwester?«
Lilianne sah im Geiste das kleine rothaarige Mädchen vor sich, das sie einst tödlich verletzt auf ihren Armen getragen hatte. Und sie dachte an die störrische junge Frau, zu der sie in den Jahren an der Ordensschule geworden war. »Wie wollt ihr sie bekommen? Sie ist eine kluge Heerführerin geworden. Sie denkt wie wir, und dies, verbunden mit der Verschlagenheit der Feldherren der Elfen, wird uns vor große Schwierigkeiten stellen.«
»Dass sie denkt wie wir, ist zugleich auch ihre Schwäche. Sie braucht einen Sieg! Und sie muss ihn erringen, bevor der Winter jeden Kriegszug zu einem unberechenbaren Risiko macht«, fuhr Ignazius fort. »Wie geprügelte Hunde sind sie aus Drusna geflohen. Der Großteil ihrer Truppen besteht aus Freiwilligen. Sie gehen den Winter über in ihre Dörfer zurück. Wer würde im nächsten Frühjahr wieder unter ihrem Banner kämpfen wollen, wenn das Jahr mit einer Niederlage endet, die jegliche Hoffnung erstickt? Wir fangen sie, wie man einen Hai fängt. Wir werfen ihr einen blutigen Köder hin, dem sie nicht widerstehen kann.«
Ignazius führte seinen Plan aus, und Lilianne musste ihm zugestehen, dass er Gishild wahrhaft kannte.
Sie sah auf die Karte. Die Stadt, in der über den Untergang des Fjordlands entschieden werden würde, war nur ein kleines Schmugglernest. Der Name war ihr wohlvertraut. Gishild war dort beliebt, denn sie hatte den tyrannischen Stadtfürsten am Tag ihrer Krönung mit eigener Hand gerichtet.
»Dein Plan ist gut durchdacht, Bruder. Allerdings erlaube ich mir in Anbetracht unserer vereinten Heeresmacht einen
ergänzenden Vorschlag. Ich weiß nicht, wie gut du mit der Geschichte der Heiden vertraut bist. Vor langer Zeit wurde ihr Königreich schon einmal zerschlagen. Wir sollten uns ein Beispiel an ihren alten Feinden nehmen.«
DER GESTOHLENE TAG
Als Luc erwachte, fühlte er sich, als sei eine ganze Rinderherde über ihn hinweggezogen. All seine Glieder schmerzten. Spitze Steine hatten sich in seinen Rücken gebohrt, und er fror erbärmlich. Gishild lag neben ihm, den Kopf
Weitere Kostenlose Bücher