Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
dir geträumt. Jetzt sind meine Träume Wirklichkeit geworden. Meine Götter haben dich mir geschenkt. Aber ich weiß nicht, ob es ein Segen oder ein Fluch ist.«
Luc fühlte sich unbehaglich. Dieser Ort war zu fremd! Es war leicht, sich vorzustellen, dass die Götzen der Heiden hier Macht besaßen. So wie im Rosengarten in den Ruinen nahe seinem Heimatdorf.
Gishild legte die Rechte flach auf seine Brust, dorthin, wo sein Herz schlug. Ihre Hand war angenehm warm. Die Berührung hatte etwas Beruhigendes. Er schloss die Augen und war in den Klippen hoch über der Bucht, in der die Windfänger vor Anker lag. Dort, wo Gishild ihn zum ersten Mal geküsst hatte.
Erschrocken riss Luc die Augen wieder auf.
Gishilds Lippen berührten die seinen. Er zog sich zurück.
»Hab keine Angst. Das ist keine Magie. Nichts, wovor du dich fürchten müsstest. Hier erwacht, was wir zutiefst in uns tragen. Ich weiß, dass es in deinem Herzen nichts gibt, wovor wir uns fürchten müssten.«
»Und unsere Liebe, die dein Königreich zerstören kann?«
»Hier sehen uns nur die Götter. Hier sind wir frei.« Sie runzelte die Stirn. »Was ist mit deinen Augen?«
Ihre Gedankensprünge verwirrten ihn. Erst Götter und dann seine Augen … »Was soll damit sein?«
»Sie sehen anders aus. Da sind feine silberne Einsprengsel
… So wie man in Granit Kristalle sieht. Draußen am See ist es mir gar nicht aufgefallen.«
»Vielleicht liegt es am Licht hier.«
»Vielleicht.« Sie sah ihn weiterhin eindringlich an. Plötzlich spürte er ihre Hand auf seinen Schenkeln. »Ich will dich. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wie kann ich nach Firnstayn zurückkehren, zu meinem Mann? Ich will hierbleiben. Und ich will, dass dieser Krieg endlich aufhört!«
»Und wenn du deinen Mann verstößt und mich heiratest? Wenn du deinen Göttern abschwörst, wird der Krieg zu Ende sein.«
»Das kann ich nicht! Sie haben meine Familie geschützt. Mein Land! Wenn ich ihnen abschwöre, dann ist es so, als würde ich sie morden. Sie leben, solange es Menschen gibt, die an sie glauben. Du weißt, was geschehen wird, wenn die Tjuredkirche ins Fjordland kommt. Sie werden die Erinnerung an die alten Götter tilgen. Ich habe die Heiligen Haine in Drusna brennen sehen. Ich werde für meine Götter kämpfen!«
Er sah in ihren Augen, was sie nicht ausgesprochen hatte. Sie war entschlossen, für ihre Götter zu sterben. »Von nun an werde ich bei dir sein, welchen Weg auch immer du gehst. Nimm mich in deine Leibwache auf, dann kann ich ständig in deiner Nähe sein.«
»Das geht nicht. Du …«
»Ich habe dir geschworen, dein Ritter zu sein. Ich werde nichts tun, was deine Ehre befleckt.«
Sie lächelte. »Dann dürftest du nicht hier sein.«
Er wollte aufstehen, doch sie hielt ihn zurück. »Ich will, dass du hier bist. Dieser Tag gehört uns. Unserer Liebe. Danach werde ich wieder Königin sein.«
VOM SCHICKSAL UND VON BAUCHSCHMERZEN
Gilles blickte auf den Stapel von Papieren, der sich neben ihm auf dem Tisch türmte, und seufzte.
»Ihr dürft nicht so viel arbeiten, Herr«, flüsterte sein Kammerdiener, während er ihm einen tönernen Becher mit Kräutersud reichte.
Der alte Heptarch schnupperte daran. Fenchel, Anis und Kümmel. Ihm stand der Sinn viel mehr nach einem schweren Rotwein, doch das würde nicht helfen. Wenn er sich entschied, zu Bett zu gehen, würde er vielleicht eine Opiumpfeife rauchen, um Schlaf zu finden. Jetzt konnte er sich noch keinen Rausch leisten.
Wieder blickte er auf den Stapel mit Papieren. Er musste sie zumindest überfliegen, wenn er wissen wollte, was im riesigen Kirchenreich vor sich ging. Wenn er die Zügel schleifen ließ, dann würde sie ihm bald ein anderer aus der Hand nehmen. Männer wie Honoré und Tarquinon gab es zuhauf!
»Herr, Ihr müsst diese Medizin trinken. Sie soll noch warm sein, wenn Ihr sie zu Euch nehmt!«
Gilles sah seinen alten Leibdiener an. Roger stand seit mehr als sechzig Jahren in Diensten seiner Familie. Er konnte ihm bedingungslos vertrauen. Oder etwa nicht? Er betrachtete den Alten eindringlich. Suchte nach Anzeichen von Verrat. Schwitzte er? Wich er seinem Blick aus? War irgendetwas anders als sonst? Warum insistierte Roger heute so sehr darauf, dass er den Kräutersud schnell trank? War das nur Sorge? Oder gab es einen anderen Grund?
»Du hast den Tee selbst zubereitet?«
»Natürlich, Herr! So wie jeden Abend.«
Gilles schnupperte noch einmal an dem Becher. Der Anisduft überlagerte die
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