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Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman

Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman

Titel: Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hatte sich in Gishilds Ohren eingenistet. Wie ein Vogelschrei, der nie die Tonlage wechselte. Vor ihr im Sand lag ein Fuß mit einem Stück Wade. Es
gab keine Stofffetzen und auch keinen Schuh. Nur nacktes Fleisch. Ganz sauber, wie auf dem Ladentisch eines Fleischhauers.
    Etwas schlug gegen die Schulterkachel ihrer Rüstung. Sie sah an sich hinab. Wasser- und Bluttropfen hatten ihre Rüstung benetzt. Sie verliefen langsam zu verwobenen Mustern auf dem polierten Stahl.
    Alexjeis Pferd war gestürzt. Der Fürst ohne Land lag unter dem massigen Leib eingeklemmt. Zwei seiner Männer gruben mit ihren Schwertklingen den nassen Sand auf und versuchte ihn unter dem Kadaver herauszuziehen.
    Gishild blickte auf die See hinaus. Drei der großen Karracken waren gekentert. Wie gestrandete Wale lagen sie dort. Die Masten wiesen zum Ufer hin. Überall klammerten sich Männer fest. Das Durcheinander erinnerte an einen Ameisenhaufen, durch den man mit einem Ast gerührt hatte.
    Etliche der kleinen Boote waren einfach verschwunden, ebenso das brennende Schiff. Es war nichts mehr da. Doch sterbend hatte es das Feuer weitergereicht. Überall kämpften Mannschaften verzweifelt mit brennenden Segeln. Etliche Masten und Rahen waren gebrochen und hingen wie ausgerenkte Glieder herab. All das hier erinnerte sie an den Tag in Villusa, an dem sie in ihrem blinden Zorn das Totenfeuer für ihren Vater entfacht hatte. Ganz allein … Sie hatte den Pulverturm der Burg und nur eine Stunde später ein großes Magazin im Hafen gesprengt. Siebzehn Schiffe waren dabei zerstört worden, das wusste sie. Wie viele Menschen gestorben waren, hatte sie nie erfahren. Es war ein Totenfeuer gewesen, das bis in den Himmel hinauf zu sehen gewesen war. Bis zu den Goldenen Hallen, wo ihr Vater auf sie wartete.
    Heute hatte es nicht so werden sollen. Der Gestank von kalter Asche und verbranntem Fleisch zog über den Strand. Die Dünung spülte Tote an. Dicht an dicht lagen sie an der Flutgrenze,
manche nackt mit makellosen Gliedern, als seien sie gerade einem Bad entstiegen, andere mit grässlich zerfetzten und verbrannten Leibern.
    Sie hatte das nicht gewollt. Die Götter wussten es! Sie hatte nicht geahnt, dass es ein Pulverschiff war, auf das sie die Maurawan schießen ließ. »Ich habe es nicht gewusst …« Sie hörte ihre eigenen Worte kaum.
    Nur wenige Geräusche drangen wieder bis zu ihr vor. Doch noch immer überlagerte der merkwürdige Ton alles andere. War es der Todesschrei der vergehenden Seelen? Bekamen sie eine Stimme, wenn nur genug von ihnen gleichzeitig aufschrien?
    Alexjei war unter seinem Pferd hervorgeholt worden. Er rief etwas. Sie konnte ihn nicht verstehen. Aber sie ahnte, was er wissen wollte. Zurück in die Stadt? Oder in die Berge?
    Ihre Kriegerschar war vom Ufer zurückgewichen. Sie waren so fassungslos wie sie. Wie verstörte Kinder wirkten sie, die einen Streich hatten spielen wollen, der ungeahnte Ausmaße angenommen hatte.
    Gishild wusste, dass Yulivee recht gehabt hatte: Aldarvik würde für den Befehl bluten, den sie den Bogenschützen gegeben hatte.

REGELN

    »Es gibt Regeln. Sie weiß das!«
    Raffael blickte in die Flammen des kleinen Feuers. Sie saßen halbwegs windgeschützt zwischen den Dünen. Feiner Nieselregen zischte in der Glut. Es war erbärmlich kalt. Die gepolsterten Kleider, die Raffael unter der Rüstung trug, waren den ganzen Tag nicht getrocknet. Das Eisen seines Harnischs zog ihm die Wärme aus dem Leib. Er musste ihn ablegen. Es war einfach unvernünftig, an einem Feuer zu sitzen, dessen Wärme nicht zu ihm vordringen konnte.
    Endlich stand er auf, streifte die schweren Lederhandschuhe ab und öffnete mit zitternden Fingern die ledernen Rüstungsschnallen.
    »Sie weiß, dass es Regeln gibt. Wir alle haben sie gelernt.« Esmeralda wiederholte die Worte immer wieder. Sie hatte ihre Rüstung schon lange abgelegt. Aber seit Raffael ihr gesagt hatte, dass er Gishild gesehen hatte, war sie nicht mehr sie selbst.
    Klirrend fiel sein Beinpanzer zu Boden. Im Feuerschein sah er, dass seine Fingernägel blau vor Kälte waren.
    Das Geräusch hatte den endlosen Kreis von Esmeraldas Gedanken durchbrochen. Sie sah zu ihm auf. »Du bist ganz sicher, dass du sie gesehen hast?«
    Raffael seufzte. »Ja. Sie hat mir das Leben gerettet.« Er versuchte, die Schnallen der Halsberge aufzubekommen, die auf seinem Kürass auflag und seine Kehle vor Schnitten schützte.
    Endlich fiel es Esmeralda ein, ihm zu helfen. Schweigend streiften

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