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Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman

Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman

Titel: Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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sie den Rest seiner Rüstung ab. Seine Kleider dampften. Er zog sich bis auf das Hemd aus. Fröstelnd beugte er
sich über das Feuer und streckte die Hände den Flammen entgegen.
    »Da war ein Drusnier, der mir mit seinem Rabenschnabel den Helm eingeschlagen hätte, wäre Gishild nicht gewesen. Ich habe sie erst im letzten Augenblick erkannt. Aber ich bin mir ganz sicher, dass sie es war.« Raffael massierte seine geschwollene Wange. Der Hieb, den sie ihm mit dem Korb ihrer Waffe verpasst hatte, hatte ihn zwei Zähne gekostet. Doch er hatte ihm das Leben gerettet. Er war aus dem Sattel gestürzt und von den stampfenden Hufen des Reitergefechts fast verschont worden. Nur vier oder fünf Tritte hatte er abbekommen. Doch seine Rüstung hatte ihn vor ernsthaftem Schaden bewahrt. Seine Männer hatten weniger Glück gehabt. Alle, die er zu seinem Gegenangriff um sich geschart hatte, waren niedergemacht worden. Er aber war einfach im Sand liegen geblieben und hatte sich tot gestellt. Er schämte sich deshalb nicht. Allein und von Gishilds Schlag benommen, hätte er nichts ausrichten können.
    Esmeralda hatte sich vor ihren Verfolgern in die Dünen gerettet, als ihr klar geworden war, dass die Schlacht am Strand verloren war. Es war nicht ehrenrührig, sein Leben zu retten, um an einem anderen Tag mit neuer Hoffnung zu kämpfen. Durch sie war keiner ihrer Kameraden in Gefahr geraten. Und doch nagte es an ihrer beider Stolz. Ihre Welt war heute aus den Fugen geraten. Und sie versuchten sie wieder zu richten.
    »Es war Gishild«, bekräftigte er noch einmal. »Ich habe sie beobachtet, als ich am Boden lag. Sie hat mir sogar ein zweites Mal das Leben gerettet. Sie hat ein paar Krieger geschickt, die die Plünderer vertrieben haben. Die hätten mir ohne zu zögern für meine Stiefel die Kehle durchgeschnitten.«
    »Ich sage doch, sie kennt die Regeln. Wir haben nebeneinander gesessen und sie gelernt.«

    Raffael erinnerte sich an den fernen Winter, in dem sie um den Kamin in ihrem Turm gesessen hatten und Drustan von den Regeln des Krieges erzählt hatte. Sie dienten dazu, das Grauen einzudämmen. Der blutrünstigen Bestie, die in jedem von ihnen lauerte, Fesseln anzulegen. Magister Drustan hatte damals schönere Worte dafür gefunden.
    Er dachte oft an den traurigen, einarmigen Ritter, der bis zum Tag des großen Hochzeitsfestes ihr Lehrer gewesen war. Nach den beiden Jahren in Drusna konnte Raffael besser verstehen, wie ihr Magister zu dem Mann geworden war, dessen Launen sie als Novizen so sehr gefürchtet hatten.
    Den ganzen Winter lang hatte er immer wieder von den Regeln des Krieges erzählt. Man hob keine Waffe gegen Frauen, Kinder oder Greise. Es sei denn, diese waren bewaffnet und führten den ersten Streich. Man machte niemanden nieder, der sich ergeben wollte und die Waffen gestreckt hatte. Man versorgte auch verwundete Feinde, wenn die Schlacht vorüber war.
    So viele Regeln gab es. Aber im Grunde ließen sie sich in einem einzigen Satz zusammenfassen: Man vermied jede unnötige Grausamkeit.
    Diese Regeln unterschieden Soldaten von Barbaren. Und wer ein Ritter sein wollte, für den galten noch mehr Regeln. Man schoss nicht gezielt auf gegnerische Hauptleute. Man hieb keinem Feind in den Rücken. Man trat einander nicht mit ungleichen Waffen gegenüber.
    Raffael konnte nicht begreifen, wie Gishild gleich zweimal sein Leben retten und dann befehlen konnte, das Pulverschiff in Brand zu setzen. Er hatte gesehen, wie sie unter allen Schiffen vor der Küste ausgerechnet dieses ausgewählt und den Befehl gegeben hatte, es zu beschießen. War das ihre Rache für den Angriff auf die Elfenstadt? Raffael war nicht dabei gewesen, aber als die Flotte untätig beim Rabenturm gelegen
hatte und die Kämpfer, die in Albenmark geplündert hatten, ihre Schätze in die Wirtshäuser trugen, war oft darüber gestritten worden, ob die Krieger des Ordens nach dem Massaker von Vahan Calyd nicht ihren Anspruch verwirkt hatten, sich noch Ritter zu nennen. Es hatte ihn zutiefst beschämt, dass es Anne-Marie gewesen war, eine Löwin aus seiner Lanze, die eines jener beiden Schiffe in den Elfenhafen geführt hatte, die dort explodiert waren.
    »Wir sollten sehen, dass wir zu den Ersten gehören, die Aldarvik stürmen.«
    Esmeralda sah ihn verwundert an.
    »Was glaubst du, was dort geschehen wird? Jeder, den ich kenne, hat heute Kameraden verloren.« Er blickte auf seinen Kürass. Das kleine emaillierte Wappen, das dort über seinem Herzen saß,

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