Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
und ihrem Glauben die Treue halten wollten, war in den Monden seit Beginn der Invasion in die Tausende gewachsen. Es war höchste Zeit, sie von hier fortzubringen.
Ohne Ende schien der Zug, der durch das Regenbogentor auf den Pfad des Lichtes trat. Priester begleiteten die Fliehenden. Überall sah man sie. Sie riefen die Gunst Luths des Schicksalswebers an oder baten Maewe, die Herrin der schönen Dinge, in der Fremde wieder auf Glück hoffen zu dürfen.
Wohl alle, die durch das Tor gingen, wussten, dass es keine Heimkehr mehr geben würde. Dies war ein Weg, auf dem man nicht zurückkehren konnte.
Luc sah nur wenige vertraute Gesichter. Dies waren Flüchtlinge aus Aldarvik, sie waren leicht zu erkennen. In den guten
Kleidern, die sie von den Elfen bekommen hatten, stachen sie unter den anderen hervor.
Auch Karren mit Verwundeten fuhren durch das Tor. Die ganze Garnison war auf den Erdwällen angetreten, um den Flüchtlingen das letzte Geleit zu geben. Die meisten waren gefasst, obwohl viele ihre Väter und Brüder zurückließen. Jeder, der eine Waffe tragen konnte und wollte, war in Firnstayn geblieben.
»Luc!« Eine helle Kinderstimme riss ihn aus seinen melancholischen Gedanken. »Seht, da oben ist der Elfenritter. Ich kenne ihn. Er kann nicht Schlittschuh laufen. Die ganze Zeit hat er sich auf mich gestützt!«
Luc sah Tindra neben einem Handwagen herlaufen. Ingvar, der Jarl von Aldarvik, war bei ihr. Luc hatte gehört, dass er das Mädchen an Kindes statt angenommen hatte.
Der Ritter winkte Tindra zu.
»Seht ihr! Es stimmt alles, was ich erzählt habe.«
Er musste lächeln. Was für Geschichten sie wohl über ihn zum Besten gegeben hatte?
Tindra winkte noch, als sie durch das Tor trat. Ihm war seltsam schwer ums Herz, als sie verschwand. Er sah zur Königin. Mit ihrem Gefolge und der Leibwache der Mandriden stand sie etwa hundert Schritt entfernt. Zu weit, um auch nur ihr Gesicht deutlich zu erkennen. Sie hielt das Kind auf den Armen, das vielleicht seines war und das er noch nie gesehen hatte.
Er wusste, dass es ein Junge war und dass er gesund und gut bei Kräften war. Mehr als zehn Monde waren sie nun schon getrennt.
Es hieß, der Junge sehe Erek ähnlich. Er mochte das nicht glauben. Aber es war gut, wenn man das bei Hof erzählte. Dann hatte Gishild es leichter.
Leichter Regen setzte ein. Eine Amme nahm das Kind und
brachte es fort. Luc überlegte, ob er ihr nachschleichen sollte. Zwei Mandriden begleiteten die Frau als Eskorte.
Er seufzte und blieb auf dem Wall. Er hatte einen guten Namen unter der Kriegergarde. Sie rechneten ihm hoch an, dass er in der Stunde von Sigurds Tod an der Seite des Hauptmanns gefochten hatte und all seinen Ruhm mit dem toten Krieger hatte teilen wollen, als man ihn zum Elfenritter gemacht hatte. Dennoch waren sie dem König verschworen. Und sie achteten darauf, dass er nicht einmal in die Nähe Gishilds gelangte. Nur sie selbst hätte diesen Befehl aufheben können, aber seit der Rückkehr aus Aldarvik hatte sie keinen Versuch unternommen, ihn wiederzusehen.
Stunde um Stunde zogen die Flüchtlinge aus der Stadt. Der Regen wurde stärker. Über den Fjord fegte ein eisiger Wind. Es kam Bewegung in die Galeeren, die den Seeweg nach Firnstayn blockierten. Eines der Schiffe schob sich ein Stück voran. Auf dem Wall erklangen Alarmrufe, doch dann drehte die Galeere bei, so dass der Bug mit den Kanonen nicht in Richtung der Stadt wies. Deutlich hörte man das Klirren der Ankerkette.
Luc sah hinab zum Tor. Es waren nicht mehr viele geblieben. Weniger als tausend. Bald würde es nur noch Krieger und eine Handvoll Unbelehrbare in der Stadt geben. Narren, die ihr Leben riskierten, um etwas zu schützen, das zu retten nicht in ihrer Macht stand.
Er sah zum Regenbogentor. Der Flüchtlingszug reichte nicht mehr bis zu den Wällen der Stadt. Die Wiese vor den Verteidigungsanlagen war zu einer Schlammwüste zertrampelt.
Eine Bö eilte über den Fjord, ließ die Schiffe an den Ankerketten zerren und peitschte das graue Wasser auf.
Und dann zerriss die Welt.
Das Regenbogentor verzerrte sich. Lichtfäden griffen aus dem Dunkel. Jene, die nahe beim Tor standen, wurden hindurchgesogen,
als habe ein Strudel sie erfasst. Durch die Luft zogen sich glasige Schlieren, so wie an einem sehr heißen Sommertag, wenn die Luft über steinigem Boden zu tanzen beginnt.
Der Regen erstarb. Kein Luftzug regte sich mehr.
Die Schlieren breiteten sich aus. Auf der Wiese brach Panik aus. Pferde
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