Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
nichts über die Verschwörung herauszubringen. Freilich sind Fragende auch viel erfahrener darin, Dinge zu ergründen oder aber zu verschweigen. Deshalb sollten sie nicht das Maß sein. Die Heptarchen haben
entschieden, sie hinzurichten, obwohl der Brief Honorés der einzige Hinweis darauf war, dass sie sich am Verrat gegen die Kirchenfürsten beteiligt haben. Bruder Mathias war sehr betrübt darüber. Er würde sich deshalb gern auch mit dir unterhalten.«
Fernando schluckte. »Ich bin nur ein einfacher Schreiber.«
Mathias deutete auf einen hochlehnigen Stuhl. »Magst du nicht Platz nehmen, während wir uns unterhalten?«
»Ich stehe lieber.«
»Nicht, dass du mich falsch verstehst, Fernando. Ich bin dir sehr dankbar, dass du mich über die Pläne von Bruder Honoré unterrichtet hast«, sagte Tarquinon, ohne sich dabei die mindeste Mühe zu geben, durch ein Lächeln die Atmosphäre zu entspannen. Er hakte sich bei Fernando ein und zog ihn zu einer der hohen Wandnischen, in denen die Ritter aus Honorés Gefolge angekettet waren.
Ein schriller, lang anhaltender Schrei, der schließlich in unartikuliertem Wimmern endete, übertönte kurz alle anderen Geräusche. Sie befanden sich in einem weiten, von Kerzen beleuchteten Kellergewölbe. Etwa ein halbes Dutzend Fragende und vielleicht zwanzig Knechte und Soldaten waren anwesend, um sich mit den Gefangenen zu beschäftigen.
»Erkennst du ihn?« Tarquinon nickte in Richtung des Mannes, der am nächsten zu ihnen an die Mauer gekettet war.
Fernando betrachtete die elende Gestalt. Ein dicker Verband, der den Kiefer stützte, bedeckte einen großen Teil des Gesichts. Auf der linken Seite war er von dunklem Blut getränkt. Nur ein einzelnes Auge war zu sehen. Es war fest auf Fernando gerichtet. Tödliche Wut spiegelte sich darin. Der Schreiber musste sich gar nicht das gut verarbeitete Lederwams ansehen, um zu wissen, wer dort in Ketten hing.
»Ich habe mich dazu verleiten lassen, ihm ins Gesicht zu schießen. Aber wie du siehst, habe ich meine Sache nicht gut gemacht. Er hat den Kopf zur Seite gerissen, und der Wangenschutz seiner Sturmhaube hat meiner Kugel die tödliche Kraft geraubt. Sie hat ihm die Wange durchschlagen, mehrere Zähne zertrümmert und die Zunge halb abgerissen. Es ist kein vernünftiges Wort mehr aus ihm herauszuholen.« Tarquinon trat neben den verstümmelten Primarchen und machte sich an dessen Verband zu schaffen. Honoré stöhnte schon bei der leichtesten Berührung auf, obwohl man ihm ansah, wie sehr er sich bemühte, sich zu beherrschen.
Der Großmeister drückte den Kopf seines Rivalen grob gegen die Wand und zupfte dann mit spitzen Fingern den Verband über dessen linkem Ohr zur Seite. »Du sollst hören können, was gesprochen wird. Ich wünsche, dass du alles begriffen hast, wenn du von uns gehst.« Dann wandte er sich wieder an Fernando.
»Ich kann nicht sagen, dass ich eine hohe Meinung von Bruder Honoré habe. Aber eins muss man ihm zugutehalten. Er ist gewiss nicht dumm, auch wenn die Umstände verhindern, dass er an diesem Gespräch teilhaben kann. Es passt nicht zu ihm, einen Brief zu verfassen, in dem so deutlich ein Verrat beim Namen genannt wird. Und in dem auch noch all seine Mitverschwörer aufgelistet sind. Tatsächlich sind sie samt und sonders Kirchenleute, die keinen makellosen Ruf haben, wenn man sie sehr gut kennt. Was mich und auch Bruder Mathias verwundert, ist die Tatsache, dass keiner der sieben Hingerichteten in den Gesprächen, die ihrem Ableben vorausgingen, Nennenswertes über die Verschwörung zu berichten wusste. Sicher, es gibt immer harte Burschen, die ihre Geheimnisse mit ins Grab nehmen … Aber das kann man wirklich nicht von allen sieben sagen. Vier haben schon nach einer Stunde intensiven Miteinanders alles gestanden,
was wir ihnen in den Mund legten. Aber ihnen war nichts Neues zu entlocken. Jedenfalls nichts, was ein vernünftiger Mensch glauben würde. Was meinst du, woran das liegen mag, Fernando? Du kannst ganz frei reden. Bruder Mathias, den dieses Rätsel auch brennend beschäftigt, steht so weit entfernt, dass er nicht hören kann, was hier besprochen wird. Nun, Fernando …«
Der Schreiber schluckte. Er sah, wie einem jungen Ritter an der Wand gegenüber ein glühendes Eisen in die Achselhöhle gedrückt wurde. Wieder musste er gegen die aufkommende Übelkeit ankämpfen. Er hatte es kommen sehen! Seine Befürchtungen waren wahr geworden.
»Wir könnten unser Gespräch auch unter weniger
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