Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
Entschiedenheit, die fast schon hysterische Züge hatte. »Es gibt immer Hoffnung.«
»Was zeigt sie dir denn?«
Sie sah ihn unendlich traurig an. »Zu viel … Ich sehe, wie das Zeitalter der Elfen endet. Ich sehe, wie ich das Werk der Alben zerstöre. Ich sehe das Banner des Aschenbaums über dem Herzland wehen. Und ich sehe …« Sie seufzte. »Nein, diese Last muss ich allein tragen. Du magst Luc, nicht wahr?«
Ollowain nickte. »Ja. Er weckt in mir eine Sehnsucht. Ich hätte niemals geglaubt, dass ich einen Menschensohn beneiden könnte.«
»Er ist gefährlich, auch wenn die Gabe des Devanthar in ihm verloschen ist. Er versucht dich zu einer romantischen Dummheit zu überreden, nicht wahr? Und du bist geneigt, ihm nachzugeben, obwohl du voller Sorge um Myrielle bist.«
Es war beklemmend, jemandem gegenüberzustehen, der um Fehler wusste, die man noch nicht begangen hatte. »Kannst du mir einen Rat geben, meine Königin?«
Emerelle lachte. »Nein, das wäre sinnlos. Du wirst nicht auf mich hören, sondern auf dein Herz. Das ist der größte Unterschied zwischen dir und Falrach. Es gibt nur eines, was ich dir sagen kann: Wenn du an Luc zweifelst, dann töte ihn. Sofort, ohne zu zögern. Ich habe viele Zukünfte gesehen, in denen du ihn richtest. Er ist der Schlüssel zu unserem Schicksal. Er war es, der die Grenze zwischen Albenmark und der Welt der Menschen niedergerissen hat. Er hat die Macht, alles zu zerstören, oder aber Albenmark zu retten. Wenn er den falschen
Weg einschlägt, dann liegt es an dir, uns vor dem Unglück zu bewahren. Du darfst dann nicht zögern. Sonst entgleitet uns das Schicksal unserer Welt.«
»Ich sehe nichts Böses in dem Jungen.«
Emerelle seufzte. »Damit hast du recht. Er hat ein gutes Herz. Er würde uns unwissentlich ins Verderben stürzen. So wie er unwissentlich der Neuen Ritterschaft das Tor nach Albenmark aufgestoßen hat. Die Welt, wie wir sie kennen, wird keine zwei Jahre mehr bestehen, Ollowain. Etliche Veränderungen können wir längst nicht mehr aufhalten. Aber es liegt in unserer Hand, ob Albenmark noch ein Ort sein wird, an dem es sich zu leben lohnt. Darüber entscheiden du und der Junge.«
»Ich will kein Scharfrichter sein.«
»Danach fragt das Schicksal nicht. Wenn du nicht mit Luc gehst, dann wird Falrach in dir erstarken. Du weißt ja, er macht keine romantischen Dummheiten. Auch er vermag Albenmark vor dem Banner des Aschenbaums zu bewahren. Aber wenn ich die Wahl hätte, dann würde ich lieber in der Zukunft leben, die Ollowain uns schenken kann.«
Der Schwertmeister sah sie überrascht an. Wie konnte sie sich gegen Falrach entscheiden, der sein Leben für sie gegeben hatte? Würde sie wirklich ihren Geliebten für Albenmark opfern? »Wird danach Frieden sein?«
»Du bist der Schwertmeister, Ollowain.« Sie zögerte.
Angst stand in ihren weiten, hellbraunen Augen und eine Traurigkeit, die ihm das Herz bedrückte. Hatte er sich in ihr getäuscht? Wollte sie gar nicht Falrach …
»Du wirst niemals in Frieden leben, mein Freund. Nun geh und folge deinem Herzen. Ich habe dir schon mehr gesagt, als mir zusteht.«
DER HEPTARCH
Fast hätte Tarquinon es zu spät erfahren. Gilles de Montcalm liebte Überraschungen. Und er war zutiefst misstrauisch. Eine Woche lang hatte Tarquinon dem Rat der Heptarchen täglich von den Verhören berichtet. Es galt, einschneidende Entscheidungen zu treffen. Er hatte seinen Brüdern die Briefe vorgelegt. Auch den neuen Brief, den dieser verdammte Bastard für ihn verfasst hatte. Der Mistkerl war fort. Er hatte sich schier in Luft aufgelöst, obwohl Tarquinon drei fähige Männer zu seiner Beschattung abgestellt hatte. Er würde ihn wiederfinden. Wer so viel Gold besaß, wie Fernando für seinen Verrat bekommen hatte, der fiel über kurz oder lang auf. Und wenn er noch so schlau war.
Tarquinon sah Gilles an der hohen Bronzepforte stehen, hinter der es hinab zu den Gewölben der Fragenden ging. Der Heptarch plauderte mit den Wachen. Es sah alles harmlos aus. Allerdings hatte Gilles sieben freie Ritter mitgebracht, Adlige mit altem Stammbaum. Viele Heptarchen hielten sich eine Leibwache aus Edlen, die aus der Region stammten, in der sie ihren Aufstieg innerhalb der Kirche begonnen hatten. Misstrauen war wohl die herausragendste Eigenschaft aller Kirchenfürsten. Sie umgaben sich mit Ringern, Söldnern oder adeligen Leibwächtern, mit Vorkostern und Wahrsagern. Sie versuchten, sich gegen alle Unwägbarkeiten des Lebens
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