Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
Ständer, auf dem eine Pfanne mit glühenden Kohlen ruhte, strahlte Hitze aus. Seltsame Werkzeuge aus schwarzem Eisen lagen auf einer Bank neben der Pfanne. Die Luft war stickig. Rauch kratzte in der Kehle.
An der Wand gegenüber der Tür gab es zwei tiefe Nischen, die in uralter Zeit wohl einmal Särge aufgenommen hatten. In einer der Nischen lag eine ausgemergelte Gestalt unter einer grauen Decke. Das Gesicht war fast völlig von einem schmutzigen Verband verdeckt.
»Wer ist der Kerl auf der Streckbank? «, fragte Gilles streng. »Ich dachte, wir sind in der Zelle Bruder Honorés. Was geht hier vor?«
»Das ist Miguel de Tosa, Ordensmarschall der Neuen Ritterschaft. Er befehligte die Eskorte des Primarchen«, erklärte Tarquinon.
»Und wann gedachtest du, den Rat der Heptarchen über seine Anwesenheit zu unterrichten?«
»Er hat lange mit dem Tod gerungen. Erst seit wenigen Tagen geht es ihm etwas besser. Ich wollte bei der Zusammenkunft heute Abend …«
»Natürlich!« Gilles machte eine Geste, als verscheuche er mit der Hand eine lästige Fliege. »Du solltest mich nicht für dumm verkaufen, Bruder Tarquinon. Ich stehe seit mehr als zwanzig Jahren an der Spitze der Kirche. Länger als jeder andere im Rat der Heptarchen. Ich wäre nicht all die Zeit über in Amt und Würden geblieben, wenn ich nicht ein untrügliches Gespür für Intrigen hätte. Du bist für mich wie ein Weinkelch, geschnitten aus klarem Bergkristall. Ich sehe, was sich hinter deinem makellosen Äußeren verbirgt. Hinter der Maske des ehrgeizigen Glaubensstreiters. Ich sehe das Dunkle in deiner Seele, Tarquinon. Deine Besessenheit. Die Machtgier. Und den Wunsch, die Neue Ritterschaft zu zerschmettern, koste es, was es wolle!«
Der Großmeister blickte zu seinen Leibwachen. Sie befanden sich noch draußen auf dem Flur. In der Tür aber stand Leila. Sie lehnte lässig im Rahmen. Eine Hand ruhte auf dem Korb ihres Rapiers.
Sollte er versuchen, dieses Problem gewaltsam zu lösen, würde er den Kürzeren ziehen.
Gilles lächelte ihn an. »Ich glaube, im Augenblick kann ich sogar deine Gedanken lesen.« Der Alte wandte sich an den Fragenden. »Nimm Bruder Miguel den Trichter aus dem Mund. Das sieht obszön aus. Ich wünsche, dass er von Stund an behandelt wird, wie es sich für einen Ordensmarschall geziemt. Die Befragungen haben ein Ende! Ich bin mir sicher, dass dabei ohnehin keine Antworten gewonnen werden, die auch nur das Papier wert sind, auf die man sie niederschreibt.«
Der Fragende beeilte sich, den Wünschen des Heptarchen nachzukommen.
Gilles beugte sich über Miguel. Seine Lippen waren aufgeplatzt, die Schneidezähne durch das gewaltsame Einführen des Trichters zersplittert. »Danke«, lallte er benommen.
Der Heptarch strich ihm über das zerzauste Haar. »Die Befragungen haben nun ein Ende, Bruder.«
Tarquinon blickte wieder zu Leila. Sie versperrte nach wie vor den Weg durch die Tür. Hätte er nur mehr Leibwachen mitgenommen! Er hätte Gilles ermorden lassen und einfach behaupten können, es sei zu einem Aufstand der Gefangenen gekommen, dem der Siegelverwahrer unglücklicherweise zum Opfer gefallen war.
»Bruder, ich erhebe Anklage. Ich …«
»Nein, nein, mein Junge. Ich bin nicht gekommen, um mir deine Wahrheit anzuhören. Ich wollte nur, dass man dich und die anderen würdig behandelt.«
»Aber ich …«
»Bitte, Bruder. Ich bin nicht hier, um mit dir zu reden. Respektiere meine Wünsche, oder du zwingst mich, dir einen Knebel anlegen zu lassen. Muss das sein?«
Tarquinon traute seinen Ohren nicht. Was hatte der Alte vor?
Gilles trat an die Wandnische und nahm die graue Decke weg. Unwillkürlich verzog er das Gesicht, holte ein Spitzentuch aus dem Ärmel seiner Soutane und presste es sich auf Mund und Nase. »Das soll Bruder Honoré sein?«
»Seine Wunden sind brandig … Und er schleppt sich meistens nicht zum Eimer, der dort hinten in der Ecke steht. Es kommt bedauerlicherweise häufig vor, dass sie sich auf diese Weise an den Fragenden rächen. Wenn man nur durch den Mund atmet, ist es nicht ganz so schlimm.«
»Nimm den Verband ab, Tarquinon! Ich will sein Gesicht sehen. Und achte darauf, dass du ihm nicht aus Versehen die Kehle durchschneidest, wenn du die Binden abnimmst.«
Der Großmeister machte sich mit spitzen Fingern an die Arbeit. Honoré stank zum Erbarmen. Er lag apathisch in der Wandnische und schien nicht mehr richtig wahrzunehmen, was um ihn herum geschah. Der Primarch war bis auf die
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