Das Fjordland: Elfenritter 3 - Roman
den Blutbaum stutzte! Zu stolz und zu arrogant war diese Ritterbrut geworden. Wenn man sich nur den Hafen ansah! Alles war neu gebaut, alles war sauber. Die Soldaten, die man zu sehen bekam, sahen aus, als hätten sie sich gerade zur Parade zurechtgemacht. So viel Drill
und Disziplin … Man konnte geradezu fühlen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging.
Seine Eskorte führte ihn ausgerechnet zu dem alten Rabenturm. Wollte man ihn beleidigen? Dies war das einzige Gebäude, das nicht neu errichtet worden war!
Er blickte noch einmal zurück. Die Karavelle, der große Lastsegler, der seine Galeere begleitet hatte, war nahe der Hafeneinfahrt vor Anker gegangen. Falls er in drei Stunden nicht zurückkehrte, wusste der Kapitän, was er zu tun hatte. Außer Sicht der Insel lag noch ein drittes Schiff. Hatte er mit dem schnellen Segler bis zur Dämmerung nicht Verbindung aufgenommen, dann würde er nach Vilussa eilen und den Ordensmarschall benachrichtigen, dass es Schwierigkeiten mit dem Hafen Rabenturm gebe.
»Bitte, nach dir, Bruder.« Beide Ordensritter seiner Eskorte deuteten eine Verbeugung an. Er wurde also tatsächlich in den baufälligen Turm komplimentiert. Das fing ja gut an!
Louis versuchte, sich seinen Ärger nicht anmerken zu lassen. Er stieg die ausgetretenen Treppen hinauf in den ersten Stock. Dort erwartete ihn ein schnauzbärtiger Kerl. Mit der grünen Pumphose, der roten Bauchbinde und dem gelben Hemd sah er aus wie ein Narr. Auf dem Tisch in der Kammer lagen Seekarten und ein breitkrempiger Hut mit Pfauenfedern. Was für ein Geck!
»Darf ich vorstellen? «, sagte einer der jungen Ritter. »Der Flottenmeister Alvarez de Alba.«
Louis musterte den Mann verwundert. Er hatte gehört, dass de Alba ein fähiger Seefahrer und mutiger Kapitän war. Sein Äußeres aber passte so gar nicht zu den Geschichten, die man über ihn erzählte. Außer vielleicht der üppige, gut gepflegte Schnauzbart.
Louis verneigte sich. »Louis de Belsazar, Hauptmann in der Ritterschaft vom Aschenbaum.« Dass er sich selbst vorstellen
musste, war ihm überaus peinlich. Aber das kannte man ja von den Rittern vom Blutbaum. Auf Etikette gaben sie nicht viel. Althergebrachtes war ihnen zuwider.
»Was verschafft mir die Ehre deines unerwarteten Besuchs, Bruder?«
Dir werden deine Spitzfindigkeiten noch vergehen, dachte Louis. Er trat an das Fenster, an dem der Flottenmeister stand, und überreichte die gesiegelte Lederrolle, die alles verändern sollte.
»Ungewöhnlich, einen einfachen Boten mit drei Schiffen auf die Reise zu schicken.« De Alba strich über das große, bronzene Fernrohr, das vor ihm auf dem Fenstersims lag. »Eine Arbeit aus Seyper. Außer zweifelhaften Büchern werden dort wirklich erstklassige Gläser geschliffen. So erscheint einem das Ferne ganz nah. Einen schönen Segler hast du da draußen zurückgelassen, Bruder.« Er wandte sich an die Eskorte. »Holt mir die Schwestern de Droy. Ich glaube, hier liegt etwas an, das nicht von zwei Männern allein besprochen werden sollte. Ach, und ehe ich es vergesse: Findet Claude de Blies, den Capitano der Windfänger, und richtet ihm aus, er soll eine Entermannschaft zusammenstellen und die Karavelle unserer Ordensbrüder besetzen. Sollte er dabei auf Widerstand stoßen, hat er meine ausdrückliche Erlaubnis, alle notwendige Gewalt einzusetzen, und außerdem …«
»Bist du von Sinnen, Bruder? «, entfuhr es Louis. »Du kannst doch nicht …«
»Oh, doch. Ich kann, wie du sehen wirst. Und im Übrigen bin ich eines gewiss nicht: von Sinnen. Glaubst du, mir ist nicht klar, warum du mit einer alten Karavelle hier einläufst? Wenn sich die Dinge schlecht entwickeln, dann soll der Capitano dort unten sein Schiff in der Hafeneinfahrt auf Grund setzen, oder irre ich mich? Damit würde meine Flotte auf Tage
gefangen sitzen. Du glaubst doch nicht, dass ich dabei tatenlos zusehen werde!«
»Von deinen Taten wird man in Aniscans erfahren! «, entgegnete Louis zornig. De Alba war also tatsächlich so ein Fuchs, wie Bruder Erilgar behauptet hatte. Aber das würde ihm letzten Endes nichts nutzen. Louis schob sich einen Finger unter den Kragen und lockerte ihn ein wenig.
»Ich entschuldige mich, wenn dir mein Verhalten den Hals dick werden lässt.« Der Flottenmeister sagte das mit einem Lächeln, das seine Entschuldigung Lügen strafte.
Der Ritter dachte an den Brief. Ob er noch vor der Dämmerung zum Märtyrer werden würde? Auf jeden Fall würden dem Flottenmeister
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