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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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irgendetwas einzuschlagen - und das tat ich auch. Ich hieb mit der Faust auf die Arbeitsplatte und hämmerte wieder und wieder mit der fleischigen Seite meiner Hand darauf ein, doch die Platte war so stabil, dass meine Schläge kaum ein Geräusch verursachten, und ich hielt keuchend inne.
    Was in aller Welt war nur mit mir los? Mrs. Bugs Einmischung war zwar ärgerlich, aber keinesfalls eine Katastrophe. Dasselbe galt für Mrs. Chisholms mütterlichen Kampfgeist - sie und ihre kleinen Plagegeister würden früher oder später wieder aus dem Haus verschwinden. Früher, hoffte ich.
    Mein Herzschlag verlangsamte sich allmählich, aber kleine Anflüge von Irritation überliefen meine Haut immer noch wie Nesselfieber. Ich versuchte, sie abzuschütteln, und öffnete den großen Schrank, um mich zu versichern, dass weder Mrs. Bug noch die Kinder bei ihren Raubzügen irgendetwas wirklich Wichtiges beschädigt hatten.
    Nein, alles war in bester Ordnung. Jede einzelne Flasche war so blank gewichst, dass sie wie ein Edelstein glänzte - das Sonnenlicht fing sich mit blauem, grünem und kristallenem Funkeln darin -, aber jede war auch wieder exakt an ihren Platz gestellt worden, die ordentlich beschrifteten Etiketten nach vorn gedreht. Die in Gaze gehüllten Bündel getrockneter Kräuter waren abgestaubt, dann aber wieder sorgsam an ihre Nägel zurückgehängt worden.
    Der Anblick meiner Arzneisammlung war beruhigend. Ich berührte ein Töpfchen mit Entlausungstinktur und empfand die Genugtuung eines Geizkragens über die Anzahl und Vielfalt der Beutel, Töpfchen und Flaschen.
    Die Alkohollampe, die Alkoholflasche, das Mikroskop, die große Amputationssäge, das Glas mit Nähmaterial, die Pflasterschachtel, das Paket mit Spinnweben - alles war mit militärischer Präzision arrangiert, aufgereiht wie extrem unterschiedliche Rekruten unter dem Blick eines Exerziermeisters. Mrs. Bug mochte ja den Fehler der Hochmut besitzen, aber ihre Fähigkeiten als Haushälterin konnte ich nur bewundern.
    Der einzige Gegenstand im Schrank, der ganz eindeutig nicht angerührt worden war, war ein kleiner Lederbeutel, das Amulett, das mir die Tuscaroraschamanin Nayawenne geschenkt hatte; es lag abseits in einer Ecke. Interessant, dass Mrs. Bug es nicht anrührte, dachte ich; ich hatte ihr nicht gesagt, was es war, obwohl die Raben- und Spechtfedern, die im Knoten des Beutelchens steckten, ihm ein indianisches Aussehen gaben. Da sie noch kein
Jahr in den Kolonien und noch keinen ganzen Monat in der Wildnis war, betrachtete Mrs. Bug alles Indianische mit großem Argwohn.
    Seifengeruch hing in der Luft, tadelnd wie ein Hausmeistergeist. Eigentlich konnte ich ihr wohl keine Vorwürfe machen; verschimmeltes Brot, verfaulte Melone und pampige Apfelschnitze mochten für mich Forschungsgegenstände sein; für Mrs. Bug waren sie nichts weiter als ein bewusster Affront gegen die Gottheit der Reinlichkeit.
    Ich seufzte und schloss den Schrank, wobei sich das schwache Parfum getrockneten Lavendels und der Stinktiergeruch der Poleiminze zu den Geistern der Seife und der gammeligen Äpfel gesellten. Ich hatte schon oft die Früchte meiner Arbeit verloren, und das vorliegende Experiment war weder besonders komplex noch besonders fortgeschritten gewesen. Ich würde nicht mehr als eine halbe Stunde brauchen, um es zu ersetzen, indem ich neue Brotstücke und andere Teststoffe auslegte. Aber ich würde es nicht tun; ich hatte nicht genug Zeit dazu. Jamie war unübersehbar im Begriff, seine Miliz um sich zu sammeln; es konnte nur noch ein paar Tage dauern, bis sie nach Cross Creek aufbrachen, um sich bei Gouverneur Tryon einzustellen. Bevor wir aufbrachen - denn ich hatte fest vor, sie zu begleiten.
    Ganz plötzlich wurde mir klar, dass ich von Anfang an nicht genug Zeit gehabt hatte, das Experiment zu Ende zu führen - schon, als ich es angesetzt hatte. Ich hatte gewusst, dass wir bald aufbrechen würden; selbst wenn der Schimmel gut angeschlagen wäre, wäre mir keine Zeit geblieben, ihn zu ernten, zu trocknen, zu reinigen... Das hatte ich genau gewusst - und ich hatte es dennoch getan, war einfach mit meinen Vorhaben fortgefahren und meiner täglichen Routine gefolgt, als sei das Leben nach wie vor geordnet und vorhersehbar, als könne nichts auf der Welt den Grundton meiner Tage bedrohen. Als könnte es wahr werden, wenn ich so tat, als ob.
    »Du bist eine Närrin, Beauchamp«, murmelte ich und schob mir müde eine Haarlocke hinter das Ohr. Ich trat aus dem

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