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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Sprechzimmer, schloss die Tür fest hinter mir, und machte mich auf, um Frieden zwischen Mrs. Bug und Mrs. Chisholm auszuhandeln.
     
    Oberflächlich war der Friede im Haus wieder hergestellt, doch die Atmosphäre blieb gedrückt. Die Frauen erledigten ihre Arbeiten angespannt und mit schmalen Lippen; selbst Lizzie, normalerweise die Geduld in Person, ließ sich dazu hinreißen, eines der Kinder anzuzischen, als es Buttermilch auf den Stufen verschüttete.
    Selbst im Freien schien die Luft zu knistern, als zöge ein Gewitter auf. Während ich zwischen den Vorratsschuppen und dem Haus hin und her pendelte, blickte ich immer wieder hinter mich zum Himmel über dem Roan Mountain, weil ich fest damit rechnete, Gewitterwolken über mir aufragen zu sehen - doch der frühe Winterhimmel war nach wie vor blassblau und nur von ein paar zarten Wolkenstreifen durchzogen.

    Ich war abgelenkt und konnte mich auf nichts konzentrieren. Ich driftete von einer Aufgabe zur nächsten, ließ einen Zwiebelzopf halb geflochten in der Vorratskammer liegen, ließ eine Schüssel Bohnen halb gepult auf der Eingangstreppe stehen, ließ eine zerrissene Hose mit am Faden baumelnder Nadel auf der Kaminbank liegen. Wieder und wieder ertappte ich mich dabei, dass ich richtungslos den Hof überquerte.
    Jedes Mal, wenn ich an dem Kreuz vorbeikam, blickte ich daran hinauf, als erwartete ich, dass es seit dem letzten Mal verschwunden war oder jemand eine erklärende Notiz daran geheftet hatte. Wenn nicht Iesus Nazarenus, Rex Iudaeorum , dann eben etwas anderes. Aber nein. Das Kreuz blieb, wie es war, zwei schlichte Kiefernholzstücke, die mit einem Seil zusammen gebunden waren. Sonst nichts. Außer, dass ein Kreuz natürlich immer eine Bedeutung hat. In diesem Fall wusste ich nur noch nicht, welche.
    Alle anderen schienen genauso unkonzentriert zu sein wie ich. Mrs. Bug, die wegen der Auseinandersetzung mit Mrs. Chisholm schmollte, weigerte sich, Mittagessen zu machen, und zog sich in ihr Zimmer zurück, angeblich, weil sie Kopfschmerzen hatte, auch wenn sie sich nicht von mir behandeln lassen wollte. Lizzie, die normalerweise eine geschickte Köchin war, ließ den Eintopf anbrennen, und schwarze Rauchwolken verfärbten die Eichenbalken über dem Herdfeuer.
    Wenigstens waren wir die Muellers fürs Erste los. Sie hatten ein großes Fass Bier mitgebracht und hatten sich nach dem Frühstück in Briannas Hütte zurückgezogen, wo sie sich prächtig zu amüsieren schienen.
    Der Brotteig weigerte sich aufzugehen. Jemmy bekam einen neuen Zahn, der besonders hartnäckig war, und er schrie und schrie und schrie. Das ununterbrochene Gebrüll zerrte an jedermanns Nerven, die meinen eingeschlossen, bis sie kurz vor dem Zerreißen standen. Am liebsten hätte ich Brianna vorgeschlagen, ihn irgendwo hinzubringen, wo wir ihn nicht hören konnten, aber ich sah die dunklen Ränder der Erschöpfung unter ihren Augen und die Anspannung in ihrem Gesicht und brachte es nicht übers Herz. Mrs. Chisholm, die durch die ständigen Zankereien ihrer eigenen Brut abgehärtet war, waren derlei Hemmungen fremd.
    »Warum in Gottes Namen bringt ihr das Kind denn nicht in Eure eigene Hütte?«, schnappte sie. »Wenn er schon so schreien muss, dann brauchen wir es doch nicht alle zu hören.«
    Briannas Augen verengten sich bedrohlich.
    »Weil«, zischte sie, »Eure beiden ältesten Söhne in meiner Hütte sitzen und sich mit den Deutschen besaufen. Ich möchte sie wirklich nicht stören.«
    Mrs. Chisholms Gesicht lief knallrot an. Bevor sie etwas erwidern konnte, schritt ich hastig ein und nahm Brianna das Baby ab.
    »Ich gehe ein bisschen mit ihm spazieren, ja?«, sagte ich und hob ihn an meine Schulter. »Ich kann etwas frische Luft gebrauchen. Wie wär’s, wenn
du nach oben gehst und dich ein Weilchen bei mir hinlegst, Schatz?«, sagte ich zu Brianna. »Du siehst ein klein wenig müde aus.«
    »Hm-mm«, sagte sie. Ihr Mundwinkel zuckte. »Und der Papst ist ein klein wenig katholisch. Danke, Mama.« Sie küsste Jemmys heiße, nasse Wange und verschwand in Richtung Treppe.
    Mrs. Chisholm sah ihr böse funkelnd nach, doch sie fing meinen Blick auf, hustete und rief nach ihren dreijährigen Zwillingen, die damit beschäftigt waren, meinen Nähkorb auseinander zu nehmen.
    Nach der heißen, verqualmten Enge der Küche war die kalte Luft im Freien eine Erlösung, und Jemmy beruhigte sich etwas, wenn er auch weiter jammerte und sich wand. Er rieb sein heißes, feuchtes Gesicht an meinem Hals

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