Das Flammende Kreuz
Dröhnen, keine gierige Feuersbrunst. Roger spürte, wie Brianna an seiner Seite aufseufzte und ihre Anspannung ein wenig nachließ.
Die Flamme schlug an und begann, gleichmäßig zu brennen. Die unregelmäßigen Kanten der Rindenstücke erglühten erst rot, dann weiß und wurden zu Asche, als die Flamme nun aufwärts züngelte. Es war groß und stabil und würde langsam brennen, dieses Kreuz, die halbe Nacht lang, und den Platz erhellen, während sich die Männer darunter sammelten, aßen und tranken und allmählich zu dem wurden, als was Jamie Fraser sie sehen wollte: Freunde, Nachbarn, Waffenbrüder. Unter seinem Befehl.
Fraser beobachtete die Flamme einen Moment, um sicher zu gehen, dass sie richtig brannte. Dann wandte er sich erneut den versammelten Männern zu und ließ seine Fackel wieder in das Feuer fallen.
»Wir können nicht sagen, was uns widerfahren wird. Gott schenke uns Mut«, sagte er schlicht. »Gott schenke uns Weisheit. Wenn es Sein Wille ist, möge Er uns Frieden schenken. Wir reiten am Morgen.«
Dann machte er kehrt und trat vom Feuer zurück. Dabei sah er sich nach Roger um. Roger nickte ihm zu, schluckte, um den Hals freizubekommen, und begann im Dunkeln leise das Lied zu singen, das Jamie sich zum Abschluss des Zeremoniells gewünscht hatte - »The Flower of Scotland«.
»O flower of Scotland,
When will we see your likes again?
You fought and died for
Your wee bit hill and glen...«
Keins von den Liedern, die Brianna kriegstreiberisch fand. Es war ein ernstes, melancholisches Lied. Dennoch war es kein Lied der Trauer, sondern eins der Erinnerung, des Stolzes, der Entschlossenheit. Es war nicht einmal ein echtes, altes Lied - Roger kannte den Mann, der es geschrieben hatte, in seiner eigenen Zeit -, doch Jamie hatte es bei ihm gehört, und da er die Geschichte Stirlings und Bannockburns kannte, war die Aussage des Liedes ganz in seinem Sinne.
»And stood against him,
Proud Edward’s army,
And sent him homeward,
Tae think again.«
Die Schotten in der Menge ließen ihn die Strophen allein singen, doch beim Refrain fielen die Stimmen erst leise, dann lauter ein.
»And sent him ho-omeward...
Tae think again!«
Ihm fiel etwas ein, das Brianna ihm letzte Nacht im Bett erzählt hatte, während der wenigen Minuten, die sie beide noch bei Bewusstsein waren. Sie hatten sich über die Menschen dieser Zeit unterhalten und sich überlegt, ob sie wohl eines Tages Männern wie Jefferson oder Washington persönlich begegnen würden; es war eine aufregende-und alles andere als undenkbare-Vorstellung. Sie hatte John Adams erwähnt und etwas zitiert, wovon sie gelesen hatte, dass Adams es im Lauf der Revolution gesagt hatte - oder vielmehr sagen würde:
»Ich bin ein Krieger, auf dass mein Sohn ein Kaufmann werden kann - und sein Sohn ein Poet.«
»The hills are bare now,
And autumn leaves lie thick and still,
O’er land that is lost now,
Which those so dearly held.
That stood against him,
Proud Edward’s army,
And sent him homeward,
Tae think again.«
Es war nicht mehr Edwards Armee, wie in dem Lied, sondern Georges Armee. Und doch war es die gleiche, stolze Armee. Er erspähte Claire, die abseits
bei den anderen Frauen stand, ganz am Rand des Lichtkreises. Ihre Miene war abwesend, und sie stand bewegungslos, während das Haar ihr lose das Gesicht umwehte und ein innerer Schatten ihre goldenen Augen verdunkelte - die auf Jamie gerichtet waren, der ruhig an ihrer Seite stand.
Dieselbe stolze Armee, in der sie einst gekämpft hatte; die stolze Armee, in der sein Vater gestorben war. Er spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte, zwang die Luft aus der Tiefe hindurch und sang mit aller Kraft weiter. Ich bin ein Krieger, auf dass mein Sohn ein Kaufmann werden kann - und sein Sohn ein Poet . Weder Adams noch Jefferson hatten je gekämpft, und Jefferson hatte keine Söhne gehabt. Er war der Poet gewesen, dessen Worte durch die Jahre weiter gehallt hatten, Armeen zusammengetrommelt hatten, in den Herzen jener gebrannt hatten, die bereit waren, für diese Worte zu sterben und für das Land, das sich auf sie gründete.
Vielleicht liegt es ja an seinem Haar , dachte Roger voller Ironie - er sah den rötlichen Schimmer, als Jamie, der schweigend über das Unterfangen wachte, das er begonnen hatte, eine Bewegung machte. Eine Spur von Wikingerblut, die diesen hoch gewachsenen, flammendroten Männern die Gabe verlieh, andere zum Krieg anzustiften.
»You fought and died for
Your wee
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