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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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die seit dem letzten Frühjahr keinen Fuß mehr vor die Tür gesetzt haben.«
    »Es ist ein bisschen muffig«, pflichtete Jamie mir bei. Er steckte sein Gesicht zum Fenster hinein, verzog das Gesicht über den Gestank und bellte: »Thig a mach ! Kommt heraus, Beardsley, oder ich komme hinein!«
    Ich lugte über seine Schulter, um zu sehen, ob seine Aufforderung Wirkung zeigte. Das Zimmer im Inneren war groß, aber so voll gestellt, dass der fleckige Fußboden unter dem Gerümpel kaum zu sehen war. Ich schnüffelte vorsichtig und kam zu dem Schluss, dass die Fässer, die ich sah, unter anderem Pökelfisch, Teer, Äpfel, Bier und Sauerkraut enthielten, während ganze Bündel von Wolldecken, die mit Koschenille und Indigo gefärbt waren, Fässer mit Schießpulver und halb gegerbte Felle, die nach Hundekot rochen, den
einzigartigen Mief im Inneren um ihre eigenen Aromen ergänzten. Beardsleys Handelsware, nahm ich an.
    Das andere Fenster war ebenfalls verdeckt, und zwar mit einem zerschlissenen Wolfspelz, so dass das Innere halb dunkel und schattig war; mit seinen aufgehäuften Kisten, Bündeln, Fässern und Möbelstücken sah das Zimmer aus wie eine der Armut anheim gefallene Version von Ali Babas Höhle.
    Das Geräusch kam erneut von der Rückseite des Hauses, diesmal etwas lauter; ein Geräusch zwischen Quieken und Knurren. Ich trat einen Schritt zurück, denn zusammen mit dem beißenden Geruch beschwor das Geräusch ein lebhaftes Bild von dunklem Pelz und plötzlichen Gewaltausbrüchen herauf.
    »Bären«, vermutete ich halb im Ernst. »Die Bewohner sind fort, und im Haus ist ein Bär.«
    »Aye, natürlich«, sagte Jamie sehr trocken. »Ganz bestimmt. Ob Bären oder nicht, irgendetwas stimmt hier nicht. Hol die Pistolen und das Pulver aus meiner Satteltasche.«
    Ich nickte und wandte mich zum Gehen, doch bevor ich von der Veranda treten konnte, erklang im Haus ein schlurfendes Geräusch, und ich drehte mich abrupt wieder um. Jamie hatte seinen Dolch ergriffen, doch seine Hand entspannte sich am Knauf, als er erblickte, was dort innen war. Gleichzeitig zog er überrascht die Augenbrauen hoch, und ich beugte mich über seinen Arm, um etwas zu sehen.
    Eine Frau blinzelte zwischen zwei Warenbergen hindurch und sah sich argwöhnisch um wie eine Ratte, die aus einem Abfallhaufen hervorlugt. Ihre Erscheinung sah einer Ratte zwar nicht besonders ähnlich, da sie lockiges Haar hatte und ziemlich kräftig war, aber sie blinzelte uns genauso berechnend an wie ein Schädling, der eine Bedrohung einschätzt.
    »Fort mit Euch«, sagte sie, nachdem sie offensichtlich zu dem Schluss gekommen war, dass wir nicht die Vorhut einer Armee auf Eroberungszügen waren.
    »Guten Morgen, Ma’am«, begann Jamie. »Ich bin James Fraser, aus...«
    »Es interessiert mich nicht, wer Ihr seid«, erwiderte sie. »Fort mit Euch.«
    »Das kommt nicht in Frage«, sagte er bestimmt. »Ich muss den Herrn des Hauses sprechen.«
    Ein außergewöhnlicher Ausdruck wanderte über ihr rundes Gesicht; Betroffenheit, Berechnung und etwas, das möglicherweise Belustigung war.
    »Müsst Ihr das?«, sagte sie. Sie lispelte leicht; es kam als »Müfft Ihr daff?« heraus. »Und wer sagt, dass Ihr das müsst?«
    Jamies Ohren liefen langsam rot an, aber er antwortete ganz ruhig.
    »Der Gouverneur, Madam. Ich bin Oberst James Fraser«, sagte er mit Nachdruck, »und man hat mich mit der Musterung einer Miliz beauftragt. Alle einsatzfähigen Männer im Alter von sechzehn bis sechzig Jahren sind dazu aufgerufen. Würdet Ihr bitte Mr. Beardsley holen?«

    »Mili-itsch, ja?«, sagte sie und sprach das Wort sehr vorsichtig aus. »Ach, und gegen wen werdet Ihr kämpfen?«
    »Niemanden, wenn wir Glück haben. Aber der Aufruf zur Musterung ist nun einmal erfolgt; ich muss ihm Folge leisten, und dasselbe gilt für jeden gesunden Mann diesseits der Vertragsgrenze.« Jamies Hand verstärkte ihren Druck auf das Kreuz des Innenrahmens und rüttelte versuchsweise daran. Es bestand aus fadenscheinigen Kiefernlatten, deren Holz geschrumpft und stark verwittert war; es war klar, dass er es aus der Wand reißen und durch die Öffnung treten konnte, wenn er das wollte. Er sah ihr direkt in die Augen und lächelte freundlich.
    Sie kniff die Augen zusammen, schürzte die Lippen und dachte nach.
    »Einsatzfähige Männer«, sagte sie schließlich. »Hmp. Die haben wir hier nicht. Der Dienstbursche ist wieder einmal davongelaufen, aber auch wenn er hier wäre, er ist nicht gesund; stocktaub,

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