Das Flammende Kreuz
zu Fäusten ballen, um mich davon abzuhalten.
Mrs. Beardsley wandte sich zur Seite und hastete wie ein Krebs durch einen engen Gang, der zwischen den angehäuften Waren frei geblieben war. Jamie sah mich an, gab einen angewiderten, schottischen Kehllaut von sich und schritt geduckt unter einem im Weg stehenden Bündel Zeltpfosten hindurch, um ihr zu folgen. Ich schloss mich vorsichtig an und versuchte zu ignorieren, dass mein Fuß dann und wann auf unangenehm weiche Gegenstände trat. Verfaulte Äpfel? Tote Ratten? Ich rümpfte die Nase und blickte nicht nach unten.
Das Farmhaus war einfach konstruiert; ein großes Zimmer an der Vorderseite, eines an der Rückseite.
Das Hinterzimmer bildete einen auffälligen Kontrast zu dem schäbigen Durcheinander des vorderen Raumes. Es gab keinerlei Schmuck oder Zierrat; der Raum war so schlicht und ordentlich wie der Pfarrsaal einer Quäkergemeinde. Alles war nackt und fleckenlos, der Holztisch und die steinerne Feuerstelle blank gescheuert, ein paar stumpf schimmernde Zinngegenstände auf einem Regal. Hier war ein Fenster unverhangen, das Glas war noch intakt, und die Morgensonne fiel reinweiß in das Zimmer. Der Raum war still, und kein Lüftchen regte sich, was das merkwürdige Gefühl noch verstärkte, dass wir aus dem Chaos des Vorderzimmers in eine Art Refugium getreten waren.
Der friedvolle Eindruck verflog abrupt, als über uns ein lautes Geräusch ertönte. Es war dasselbe Geräusch, das wir vorhin schon gehört hatten, aber dicht in der Nähe, ein lautes, verzweifeltes Kreischen wie das eines gepeinigten Schweins. Jamie fuhr bei dem Geräusch zusammen und wandte sich einer Leiter am anderen Ende des Zimmers zu, die nach oben in einen Speicherraum führte.
»Er ifft da oben«, sagte Mrs. Beardsley - überflüssigerweise, da Jamie die Leiter schon halb erklommen hatte. Das Kreischen erklang erneut, diesmal drängender, und ich beschloss, meine Arzneikiste erst nach näherer Untersuchung zu holen.
Jamies Gesicht erschien an der Spitze der Leiter, als ich sie gerade ergriff.
»Hol ein Licht, Sassenach«, sagte er kurz, und sein Kopf verschwand wieder.
Mrs. Beardsley stand bewegungslos da, die Hände in ihrem Schultertuch vergraben, und machte keinerlei Anstalten, ein Licht zu suchen. Ihre Lippen waren fest aufeinander gepresst, ihre runden Wangen voll roter Flecken. Ich schob mich an ihr vorbei, holte einen Kerzenleuchter vom Regal und kniete mich hin, um ihn an der Feuerstelle zu entzünden, bevor ich nach oben hastete.
»Jamie?« Ich schob meinen Kopf über die Kante des Dachbodens und hielt vorsichtig die Kerze hoch.
»Hier, Sassenach.« Er stand am anderen Ende des Speicherzimmers, dort,
wo es am dunkelsten war. Ich stieg über die Spitze der Leiter und bahnte mir vorsichtig den Weg zu ihm hinüber.
Hier war der Gestank noch stärker. Ich sah im Dunkeln etwas aufschimmern und hielt die Kerze vor mich hin, um zu sehen, was es war.
Jamie hielt den Atem an, denn er erschrak genauso wie ich, brachte seine Gefühle aber rasch unter Kontrolle.
»Mr. Beardsley, nehme ich an«, sagte er.
Der Mann war gigantisch - oder er war es gewesen. Sein monströser Bauch erhob sich immer noch wie ein Wal aus dem Schatten, und die Hand, die vor meinem Fuß reglos auf den Dielen lag, hätte problemlos eine Kanonenkugel umschließen können. Doch die Haut des Oberarms hing schlaff, weiß und schwammig herab, und seine massige Brust war in der Mitte eingesunken. Das, was einmal ein Stiernacken gewesen sein musste, war jetzt nur noch Haut und Knochen, und ein einzelnes Auge glänzte hektisch unter verklebten Haarsträhnen auf.
Das Auge weitete sich, und er gab erneut das Geräusch von sich, wobei sein Kopf sich verzweifelt hochkämpfte. Ich spürte, wie Jamie ein Schauer durchlief. Es reichte, um auch mir die Nackenhaare zu Berge stehen zu lassen, doch ich ignorierte das Gefühl und drückte Jamie den Kerzenhalter in die Hand.
»Halt das Licht für mich.«
Ich ließ mich auf die Knie sinken, und zu spät spürte ich die Flüssigkeit, die durch den Stoff meines Rockes drang. Der Mann lag in seinem eigenen Dreck, und das schon seit einiger Zeit; der Boden war dick mit Schleim überzogen und feucht. Beardsley war nackt und nur mit einem Leinenlaken zugedeckt, und als ich es zurückschlug, sah ich vereiterte Wunden zwischen dem verschmierten Unrat.
Es war eindeutig, woran Mr. Beardsley litt; eine Seite seines Gesichtes hing grotesk herunter, das Augenlid war geschlossen, und der
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