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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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holte noch einmal Luft und atmete weniger beschwerlich aus. Mir wurde klar, dass Beardsleys Tod nicht nur in diesem Haus herumspukte. Doch den Schlüssel zu der einzigen Tür, die man für Jamie öffnen konnte, hatte Jenny in der Hand.
    Ich verstand jetzt, warum er geweint und sich solche Mühe mit dem Grab gegeben hatte. Weder aus Schock noch Mildtätigkeit, und schon gar nicht aus Achtung vor dem Toten - sondern um Brian Frasers willen, des Vaters, den er weder beerdigt noch betrauert hatte.
    Ich wandte mich zurück und zog die Kanten der Decke hoch, schlug sie ordentlich über die gesäuberten, präsentablen Überreste und band sie an
Kopf und Füßen mit Zwirn fest, so dass ein ordentliches, anonymes Paket entstand. Jamie war neunundvierzig, dasselbe Alter, in dem sein Vater gestorben war. Ich warf ihm rasch einen verstohlenen Blick zu, während er sich fertig anzog - wenn sein Vater ein Mann wie er gewesen war... Ich verspürte einen plötzlichen Stich der Trauer um einen solchen Verlust. Um das Ende solcher Kraft, um die ausgelöschte Liebe, um den Verlust eines Mannes, von dem ich wusste, dass er ein großer Mann gewesen war, allein durch das, was ich von ihm in seinem Sohn widergespiegelt sah.
    Als er angezogen war, umrundete Jamie den Tisch, um mir zu helfen, die Leiche anzuheben. Doch anstatt seine Hände unter den Toten zu schieben, streckte er sie aus und nahm meine Hände in die seinen.
    »Schwöre mir, Claire«, sagte er. Seine Stimme war vor lauter Heiserkeit fast unhörbar; ich musste mich zu ihm hinüberbeugen, um sie zu hören. »Wenn mich eines Tages dasselbe Schicksal ereilen sollte wie meinen Vater... dann schwöre mir, dass du mir dieselbe Gnade erweist wie ich diesem armen Teufel hier.«
    Er hatte vom Graben frische Blasen an den Fingern; sie fühlten sich seltsam weich an, mit Flüssigkeit gefüllt und nachgiebig, als er meine Hände umfasste.
    »Ich werde tun, was getan werden muss«, erwiderte ich schließlich flüsternd. »Genau wie du.« Ich drückte seine Hände und ließ sie los. »Komm jetzt und hilf mir, ihn zu begraben. Es ist vorbei.«

28
    Brownsville
    Es war weit nach Mittag, als Roger, Fergus und die Milizkompanie Brownsville erreichten, nachdem sie zunächst den Weg verfehlt hatten und mehrere Stunden in den Bergen herum geirrt waren, bevor sie zwei Cherokeeindianern begegneten, die ihnen den Weg wiesen.
    Brownsville bestand aus einem halben Dutzend baufälliger Hütten, die im abgestorbenen Gebüsch eines Abhangs verstreut lagen wie eine Hand voll Abfall, die jemand ins Gras geworfen hat. Dicht an der Straße - wenn die schmale Furche aus aufgewühltem, schwarzem Schlamm diesen Namen denn verdiente - lehnten zwei Blockhütten schwankend an den beiden Seiten eines stabiler aussehenden Gebäudes wie zwei Trunkenbolde, die sich bequem auf einen nüchternen Begleiter stützten. Ironischerweise schien dieses größere Gebäude als Gemischtwarenladen und Schankraum des Dorfes zu fungieren. Diesen Eindruck vermittelten jedenfalls die Fässer mit Bier und
Schießpulver und die Berge triefend nasser Felle, die daneben auf dem schlammigen Hof standen - doch Roger fand, dass diese klingenden Bezeichnungen auch hier fehl am Platze waren.
    Dennoch war es eindeutig der Ort, an dem er anfangen musste - und wenn es nur um seiner Begleiter willen war, die angesichts der Fässer zu vibrieren begonnen hatten wie Eisenspäne in der Nähe eines Magneten; der Hefegeruch des Biers wehte ihnen wie ein Willkommensgruß entgegen. Auch er würde zu einem ordentlichen Glas nicht nein sagen, dachte er, und gab mit der Hand das Signal zum Halten. Es war ein betäubend kalter Tag, und das Frühstück war schon lange her. Es war unwahrscheinlich, dass sie hier mehr als Brot oder einen Eintopf bekommen würden, doch solange es heiß war und sich mit Alkohol herunterspülen ließ, würde sich niemand beschweren.
    Er glitt von seinem Pferd und hatte sich gerade umgedreht, um den anderen etwas zuzurufen, als eine Hand seinen Arm umklammerte.
    » Attendez .« Fergus sprach leise und bewegte die Lippen dabei kaum. Er stand neben Roger, den Blick auf etwas gerichtet, das sich hinter ihm befand. »Nicht bewegen.«
    Roger bewegte sich ebenso wenig wie die Männer, die noch auf den Pferden saßen. Was auch immer Fergus sah, sie sahen es auch.
    »Was ist denn?«, fragte Roger ebenfalls mit leiser Stimme.
    »Jemand - zwei Jemande - zielt durch das Fenster mit Gewehren auf uns.«
    »Ah.« Roger registrierte, wie

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