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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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vernünftig es von Jamie gewesen war, nicht gestern Abend nach Anbruch der Dunkelheit in Brownsville einzureiten. Offenbar war er über die argwöhnische Natur der Menschen in abgelegenen Orten im Bilde.
    Ganz langsam hob er beide Hände und wies mit einem Ruck seines Kinns auf Fergus, der es ihm widerstrebend nachmachte. Sein Haken glänzte dumpf im blassgrauen Licht des bedeckten Himmels. Die Hände nach wie vor erhoben, drehte Roger sich ganz langsam um. Obwohl er wusste, was ihn erwartete, spürte er, wie sich sein Magen verdrehte, als er die beiden glänzenden Läufe sah, die aus der geölten Hirschhaut hervorlugten, mit der das Fenster bedeckt war.
    »Hallo, im Haus!«, rief er so autoritär, wie es mit erhobenen Händen ging. »Ich bin Hauptmann Roger MacKenzie, Befehlshaber einer Milizkompanie unter Oberst James Fraser aus Fraser’s Ridge!«
    Die einzige Wirkung, die diese Information zeigte, war, dass einer der Gewehrläufe herumfuhr und sich auf Roger richtete, so dass er geradewegs in den kleinen, dunklen Kreis der Mündung blicken konnte. Dieser unwillkommene Anblick machte ihm jedoch gleichzeitig klar, dass das andere Gewehr ursprünglich gar nicht auf ihn gezeigt hatte. Es zielte nach wie vor unverwandt über seine rechte Schulter hinweg auf die Gruppe der Männer, die immer noch hinter ihm auf den Pferden saßen, in ihren Sätteln hin und her rutschten und sich beklommen murmelnd unterhielten.

    Wunderbar. Und was jetzt? Die Männer warteten darauf, dass er irgendet was unternahm. Er holte gerade Luft, um noch einmal zu rufen, doch bevor er etwas sagen konnte, erklang hinter der Hirschhaut eine heisere Stimme.
    »Ich sehe dich, Morton, du Schwein!«
    Dieser Ausruf ging mit einem heftigen Ruck des ersten Gewehrlaufes einher, der sich abrupt von Roger abwandte, um sich auf dasselbe Ziel zu richten wie der zweite - wahrscheinlich Isaiah Morton, einen der Milizmänner aus Granite Falls.
    Es raschelte unter den berittenen Männern, jemand schrie erschrocken auf, und dann brach die Hölle los, als beide Gewehre gleichzeitig losgingen. Pferde stiegen und bockten, Männer brüllten und fluchten, und aus dem Fenster quoll scharfer, weißer Rauch.
    Roger hatte sich bei der ersten Explosion flach auf den Boden geworfen. Doch als jetzt die Echos verhallten, rappelte er sich wie automatisch auf, strich sich den Dreck aus den Augen und stürmte mit dem Kopf zuerst auf die Tür zu. Wie er im Hinterkopf überrascht feststellte, funktionierte sein Verstand ganz klar. Brianna brauchte zwanzig Sekunden, um ein Gewehr zu laden, und er bezweifelte, dass diese Kerle sehr viel schneller waren. Er ging davon aus, dass ihm noch zehn Sekunden Gnadenfrist blieben, und er hatte nicht vor, diese ungenutzt zu vertun.
    Er prallte mit der Schulter gegen die Tür, die nach innen flog und gegen die Wand krachte, worauf hin Roger stolpernd in den Raum rumpelte und vor die gegenüberliegende Wand donnerte. Der Stoß versetzte seiner Schulter einen betäubenden Hieb, dann prallte er von der Wand ab und brachte es irgendwie fertig, auf den Beinen zu bleiben, wenn er auch wie ein Betrunkener schwankte.
    Mehrere Leute im Inneren des Raumes hatten sich umgedreht, um ihn anzugaffen. Sein Blick klärte sich so weit, dass er sehen konnte, dass nur zwei von ihnen tatsächlich Gewehre in der Hand hatten. Er holte tief Luft, stürzte sich mit einem Satz auf denjenigen, der ihm am nächsten stand, einen mageren Kerl mit einem schütteren Bart, und packte ihn vorn am Hemd - genauso, wie es ein besonders angsteinflößender Lehrer in Rogers dritter Grundschulklasse immer gemacht hatte.
    »Was glaubst du denn, was du da machst, du Zwerg!?«, brüllte er und riss den Mann auf die Zehenspitzen hoch. Mr. Sanderson wäre bei dem Gedanken, dass sein Beispiel so einprägsam gewesen war, sicher angenehm berührt gewesen. Nicht nur einprägsam, sondern auch wirkungsvoll; zwar machte der schmächtige Mann in Rogers Griff sich weder in die Hosen, noch schluchzte er drauflos, wie es die Drittklässler gelegentlich bei dieser Behandlung getan hatten, aber er gab leise Würgegeräusche von sich und schlug ohne Wirkung gegen Rogers Hand, die ihn am Hemd gepackt hatte.
    »Ihr da, Sir! Lasst meinen Bruder los!« Rogers Opfer hatte bei seiner Ergreifung Gewehr und Pulverhorn fallen gelassen und überall auf dem Boden
schwarzes Pulver verschüttet. Dem anderen Schützen war es dagegen gelungen, seine Waffe neu zu laden, und er bemühte sich jetzt, Roger damit aufs Korn

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