Das Flammende Kreuz
andere Studienobjekte. Ich spülte das Glasrechteck in einem Becher mit Alkohol ab und ließ es kurz trocknen, dann tauchte ich ein Glasstäbchen in eines der kleinen Schälchen,
die ich vor meinem Mikroskop aufgereiht hatte, und brachte einen Tropfen Flüssigkeit auf den sauberen Objektträger auf.
Es hatte einiger Experimente bedurft, bis ich das Mikroskop richtig zusammengebaut hatte; es hatte nicht viel Ähnlichkeit mit der modernen Variante, vor allem, solange es in seine Einzelteile zerlegt in Dr. Rawlings hübscher Kiste ruhte. Dennoch, die Linsen waren eindeutig erkennbar, und indem ich sie als Ausgangspunkt benutzte, hatte ich es geschafft, die optischen Teile ohne große Schwierigkeiten in den Halter einzufügen. Dagegen war es schon schwieriger gewesen, das richtige Licht einzufangen, und ich war hoch erfreut, dass es endlich funktionierte.
»Was machst du da, Sassenach?« Jamie blieb im Türrahmen stehen, ein Stück Toast in der Hand.
»Ich sehe etwas«, sagte ich und stellte die Schärfe nach.
»Oh, aye? Was siehst du denn?« Er kam lächelnd ins Zimmer. »Doch hoffentlich keine Gespenster? Davon habe ich nämlich genug.«
»Komm und sieh es dir an«, sagte ich und trat von dem Mikroskop zurück. Leicht verwundert bückte er sich und blinzelte durch das Sichtfenster, das andere Auge konzentriert zugekniffen.
Er blinzelte einen Moment hinein, dann rief er freudig überrascht aus:
»Ich sehe sie! Kleine Dinger mit Schwänzen, die überall herumschwimmen!« Er richtete sich auf und lächelte mich mit entzücktem Gesicht an, dann bückte er sich schnell wieder, um es sich noch einmal zu betrachten.
Ich spürte ein warmes Glühen des Stolzes über mein neues Spielzeug.
»Ist es nicht fantastisch?«
»Aye, fantastisch«, sagte er hingerissen. »Sieh sie dir nur an! Was für unermüdliche, kleine Kämpfer sie sind, und wie sie drängeln - und was für eine Masse!«
Unter leisen Ausrufen beobachtete er die Vorgänge unter dem Mikroskop noch ein paar Sekunden, dann richtete er sich auf und schüttelte staunend den Kopf.
»So etwas habe ich noch nie gesehen, Sassenach. Du hast mir ja schon von den Keimen erzählt, aye, aber so hätte ich sie mir nie im Leben vorgestellt! Ich dachte, sie hätten vielleicht Zähnchen, und das stimmt gar nicht - aber ich hätte nie gedacht, dass sie solche prächtigen, kräftigen, kleinen Schwänze hätten oder so zahlreich herumschwimmen.«
»Nun, bei manchen Mikroorganismen ist das so«, sagte ich und trat vor, um selbst noch einen Blick in das Mikroskop zu werfen. »Diese kleinen Biester hier sind aber keine Keime - es sind Spermien.«
»Was?«
Seine Miene war völlig verständnislos.
»Spermien«, sagte ich geduldig. »Männliche Samenzellen. Du weißt schon, woraus die Babys entstehen?«
Ich dachte, er würde einen Erstickungsanfall bekommen. Sein Mund
öffnete sich, und ein ausgesprochen hübscher Rosaton überflutete sein Gesicht.
»Du meinst Samen?«, krächzte er. »Glibber?«
»Nun... ja.« Ohne ihn aus den Augen zu lassen, goss ich ihm ein wenig dampfenden Tee in einen sauberen Becher, den ich ihm zur Stärkung reichte. Er ignorierte ihn jedoch, den Blick fest auf das Mikroskop geheftet, als könnte jede Sekunde etwas aus der Linse gehüpft kommen und sich zu unseren Füßen auf dem Boden winden.
»Spermien«, brummte er vor sich hin. »Spermien.« Er schüttelte heftig den Kopf, dann wandte er sich zu mir um, denn ihm war gerade ein entsetzlicher Gedanke gekommen.
»Von wem sind sie?«, fragte er im Tonfall finstersten Argwohns.
»Äh... nun, von dir natürlich.« Ich räusperte mich leicht verlegen. »Von wem sollen sie sonst sein?«
Er fuhr sich reflexartig mit der Hand an den Schritt und bedeckte sich schützend.
»Wo zum Teufel hast du sie her?«
»Was glaubst du denn?«, sagte ich ausgesprochen kühl. »Ich habe sie heute Morgen beim Aufwachen in meiner Obhut gefunden.«
Seine Hand entspannte sich, doch eine tiefe Verlegenheit färbte seine Wangen dunkelrot. Er ergriff die Teetasse und leerte sie trotz ihrer Temperatur in einem Zug.
»Ich verstehe«, sagte er und hustete.
Es folgte ein Augenblick tiefen Schweigens.
»Ich... äh... wusste gar nicht, dass sie am Leben bleiben können«, sagte er schließlich. »Äääh... draußen, meine ich.«
»Nun, wenn man sie als Klecks auf dem Laken trocknen lässt, können sie das auch nicht«, sagte ich nüchtern. »Aber wenn man verhindert, dass sie austrocknen -«, ich wies auf die kleine,
Weitere Kostenlose Bücher