Das Flammende Kreuz
zugedeckte Schale mit der weißlichen Flüssigkeit, »dann halten sie es ein paar Stunden aus. In ihrer natürlichen Umgebung können sie nach der... äh... Freilassung bis zu einer Woche überleben.«
»Natürliche Umgebung«, wiederholte er mit nachdenklichem Gesicht. Er warf mir einen raschen Blick zu. »Du meinst...«
»Genau«, sagte ich mit einem Hauch von Strenge.
»Mmpfm.« In diesem Moment fiel ihm die Toastscheibe wieder ein, die er nach wie vor in der Hand hielt, und er biss hinein und kaute meditativ.
»Wissen die Leute davon? Jetzt, meine ich?«
»Wissen sie was ? Wie Spermien aussehen? Mit ziemlicher Sicherheit. Mikroskope gibt es schon seit über hundert Jahren, und das Erste, was man mit einem funktionierenden Mikroskop anfängt, ist, sich die Dinge in Reichweite anzusehen. Und da der Erfinder des Mikroskops ein Mann war, gehe ich fest davon aus... Du nicht?«
Er sah mich an, biss erneut in seinen Toast und kaute betont darauf herum.
»>In Reichweite< ist vielleicht nicht die Bezeichnung, die ich wählen würde, Sassenach«, sagte er, den Mund voller Krümel, und schluckte. »Aber ich verstehe, was du meinst.«
Wie von einer unwiderstehlichen Macht angezogen, näherte er sich dem Mikroskop und beugte sich darüber, um erneut einen Blick hineinzuwerfen.
»Sie sehen wie rechte Rabauken aus«, sagte er nach kurzer Betrachtung.
»Nun, das müssen sie ja auch sein«, sagte ich und unterdrückte ein Lächeln über seinen leicht verlegenen Stolz auf den Heldenmut seiner Gameten. »Es ist schließlich ein langer Weg, an dessen Ende ein heftiger Kampf steht. Schließlich wird nur einem die Ehre zuteil.«
Er blickte mit ausdrucksloser Miene auf. Mir wurde allmählich klar, dass er tatsächlich keine Ahnung hatte. Er hatte in Paris Sprachen, Mathematik und die Philosophie der Griechen und Römer studiert, nicht aber Medizin. Und selbst wenn den Naturwissenschaftlern dieser Zeit bewusst war, dass Sperma aus einzelnen Zellen bestand und keine homogene Substanz war, dämmerte mir jetzt, dass sie wahrscheinlich keine Vorstellung davon hatten, wie die Spermien tatsächlich funktionierten.
»Was dachtest du denn, wo die Babys herkommen?«, fragte ich nach einem aufklärenden Vortrag über Eizellen, Spermien, Zygoten etcetera, an dessen Ende Jamie ausgesprochen benommen aussah. Er warf mir einen entrüsteten Blick zu.
»Bin ich vielleicht schon mein Leben lang Bauer? Ich weiß genau, wo sie her kommen«, teilte er mir mit. »Ich wusste nur nicht, dass... äh... diese ganzen Spielchen dahinter stecken. Ich dachte-nun ja, ich dachte, ein Mann pflanzt seinen Samen in den Bauch einer Frau, und dann... äh... wächst er.« Er machte eine vage Handbewegung in Richtung meines Bauches. »Du weißt schon - wie... Samen eben. Rüben, Mais, Melonen und so. Ich wusste nicht, dass sie wie Kaulquappen herumschwimmen.«
»Ich verstehe.« Ich rieb mir mit dem Finger die Nase und versuchte, nicht zu lachen. »Daher die landwirtschaftliche Einteilung in fruchtbare und unfruchtbare Frauen.«
»Mmpfm.« Er tat diese Bemerkung mit einer Handbewegung ab und betrachtete das Gewimmel auf dem Objektträger mit nachdenklich gerunzelter Stirn. »Eine Woche, sagst du. Also ist es möglich, dass der Kleine tatsächlich von der Drossel stammt?«
Da es noch so früh am Tage war, brauchte ich eine Sekunde, um den Sprung von der Theorie zur praktischen Anwendung zu vollziehen.
»Oh - du meinst Jemmy? Ja, es ist gut möglich, dass er Rogers Kind ist.« Roger und Bonnet hatten innerhalb von zwei Tagen mit Brianna geschlafen. »Das habe ich dir - und Brianna - doch schon erklärt.«
Er nickte mit geistesabwesendem Gesicht, erinnerte sich erneut an seinen
Toast und schob sich den Rest in den Mund. Dann beugte er sich kauend über das Mikroskop, um noch einmal hineinzusehen.
»Sind sie unterschiedlich? Von Mann zu Mann, meine ich?«
»Äh... dem Aussehen nach nicht, nein.« Ich ergriff meine Teetasse, trank einen Schluck und genoss den zarten Geschmack. »Sie sind natürlich unterschiedlich - sie tragen die Charakteristika, die ein Mann an seine Nachkommen weitergibt -« Ich hielt es nicht für klug, weiterzugehen; er war durch meine Beschreibung der Befruchtung schon genug erschüttert; eine Erörterung über Gene und Chromosomen war vielleicht im Augenblick etwas übertrieben. »Aber man kann die Unterschiede nicht sehen, nicht einmal mit einem Mikroskop.«
Er grunzte, schluckte den Mund voll Toast herunter und richtete sich
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