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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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mussten fast zweihundert Leute hier sein, die zum Teil sogar aus Halifax oder Edenton gekommen waren.
    Ninian sagte leise etwas auf Gälisch zu Jamie und warf mir einen Seitenblick zu. Jamie antwortete ihm mit einer elegant formulierten Bemerkung ausgesprochen rüden Inhalts und sah mich unverbindlich an, während der ältere Mann sich vor Lachen fast verschluckte.
    Eigentlich verstand ich inzwischen ganz gut Gälisch, doch es gab Situationen, in denen Diskretion eine Tugend war. Ich schlug meinen Fächer zu seiner vollen Breite auf, um meine Miene zu verbergen. Der elegante Umgang mit einem Fächer bedurfte zwar einiger Übung, doch für einen Menschen, der wie ich mit einem gläsernen Gesicht geschlagen war, war er in Gesellschaft ein ausgesprochen nützlicher Gegenstand.
    Ich wandte mich von der Unterhaltung ab, die alle Anzeichen zeigte, noch weiter zu degenerieren, und suchte die Menge nach Spuren des verschwundenen Bräutigams ab. Vielleicht war Duncan ja wirklich krank und hatte mehr als nur Nervenflattern. Wenn ja, dann kümmerte ich mich wohl besser um ihn.
    »Phaedre! Hast du Mr. Innes heute Morgen schon gesehen?« Jocastas Leibdienerin kam an mir vorbei gehuscht, den Arm voller Tischdecken, doch auf meinen Ruf hin blieb sie abrupt stehen.
    »Hab’ Master Duncan seit dem Frühstück nicht mehr gesehen, Ma’am«, sagte sie und schüttelte den Kopf, der mit einem ordentlichen Spitzenhäubchen geschmückt war.
    »Was für einen Eindruck hat er da gemacht? Hat er gut gegessen?« Das Frühstück war eine Angelegenheit von mehreren Stunden, bei der sich die Gäste des Hauses nach Belieben von der Anrichte bedienten. Wahrscheinlich waren Duncan eher die Nerven auf den Magen geschlagen als eine Lebensmittelvergiftung, doch ein Teil des Wurstaufschnitts auf der Anrichte war mir sehr verdächtig vorgekommen.
    »Nein, Ma’am, kaum einen Bissen.« Phaedre legte die glatte Stirn in Falten; sie hatte Duncan gern. »Die Köchin hat versucht, ihn mit einem schönen, gekochten Ei zu locken, aber er hat nur den Kopf geschüttelt und ein kränkliches Gesicht gemacht. Aber einen Becher Rumpunsch hat er getrunken«, sagte sie, und dieser Gedanke schien sie ein wenig zu trösten.
    »Aye, dann ist es ja gut«, merkte Ninian an, als er das hörte. »Macht Euch keine Sorge, Mrs. Claire, Duncan schafft das schon.«
    Phaedre machte einen Knicks und eilte auf die Tische zu, die gerade unter den Bäumen aufgestellt wurden. Ihre gestärkte Schürze flatterte im Wind. Das köstliche Aroma gegrillten Schweinefleisches wehte durch die kühle Frühlingsluft, und duftende Wolken aus Hickoryrauch stiegen von den Feuern in der Nähe der Schmiede auf, wo Wildkeulen, halbe Hammel und Geflügel
sich zu Dutzenden an Spießen drehten. Mein Magen knurrte trotz der festen Schnüre meines Mieders laut vor Vorfreude.
    Dies schien weder Jamie noch Ninian aufzufallen, doch ich trat diskret einen Schritt zur Seite und wandte mich ab, um mit meinen Blicken die Rasenfläche abzusuchen, die sich von der Terrasse bis zur Anlegestelle am Fluss erstreckte. Ich war nicht so überzeugt von den Tugenden des Rums, vor allem, wenn er auf nüchternen Magen getrunken wurde. Duncan wäre zugegebenermaßen nicht der erste Bräutigam gewesen, der in einem Zustand fortgeschrittener Intoxikation vor den Altar schritt, aber dennoch...
    Brianna stand neben einer der Marmorstatuen, die den Rasen schmückten. Sie trug ein Wollkleid im leuchtenden Blau des Frühlingshimmels, hatte Jemmy auf ihre Hüfte gesetzt und war in ein Gespräch mit Gerald Forbes vertieft. Auch sie hatte einen Fächer, doch Jemmy hatte ihn in die Finger bekommen und kaute auf seinem Elfenbeingriff herum, und sein kleines, rosa Gesicht trug einen Ausdruck tiefster Konzentration.
    Aber für Brianna war eine gute Fächertechnik ja auch nicht so notwendig wie für mich, da sie Jamies Fähigkeit geerbt hatte, all ihre Gedanken hinter einer Maske freundlicher Unverbindlichkeit zu verbergen. Diese Maske hatte sie jetzt aufgesetzt, was mir einen guten Eindruck von der Meinung vermittelte, die sie über Mr. Forbes hegte. Wo war Roger?, fragte ich mich. Vorhin war er doch noch bei ihr gewesen.
    Ich wandte mich Jamie zu, um ihn zu fragen, was er von dieser Epidemie verschwundener Ehemänner hielt, musste jedoch feststellen, dass sie ihn ebenfalls erwischt hatte. Ninian Hamilton hatte sich umgedreht und unterhielt sich mit jemand anderem, und der Platz an meiner Seite wurde jetzt von zwei Sklaven eingenommen, die

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