Das Flammende Kreuz
ganz am Ende habe ich nur gedacht, hey, es passiert.
Und dann ist es passiert, und alles hat sich in Zittern und Beben aufgelöst...
Hier hatte sie den Rest der Zeile durchgeschwärzt und eine kleine, unwirsche Randnotiz angefügt, die lautete,
Tja, die ganzen Bücher, die ich gelesen habe, konnten es ja auch nicht beschreiben!
Trotz seiner schockierten Faszination lachte Roger laut auf, dann würgte er das Lachen ab, sah sich hastig um und überzeugte sich, dass er nach wie vor allein war. Er hörte Geräusche in der Küche, aber keine Schritte im Flur, und seine Augen kehrten zu der Seite zurück wie Eisenspäne, die von einem Magneten angezogen werden.
Ich hatte meine Augen geschlossen - im Traum, meine ich - und lag da und wurde immer noch von diesen kleinen Elektroschocks durchzuckt und dann habe ich die Augen geöffnet, und der Mann in mir war Stephen Bonnet.
Ich habe mich so erschrocken, dass ich aufgewacht bin. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich geschrien - meine Kehle war ganz rau -, aber das konnte nicht sein, weil Roger und das Baby fest schliefen. Mir war am ganzen Körper heiß, so heiß, dass ich geschwitzt habe, aber mir war auch kalt, und ich hatte Herzklopfen. Es hat lange gedauert bis ich mich so weit beruhigt hatte, dass ich wieder einschlafen konnte; die Vögel haben schon gesungen.
Das ist es auch gewesen, was mich schließlich wieder hat einschlafen lassen - die Vögel. Pa - und Daddy auch, wenn ich es mir so überlege - hat mir gesagt, dass Spechte und Krähen zwar Alarm schlagen, aber dass die Singvögel aufhören zu singen, wenn jemand in die Nähe kommt, dass man also im Wald darauf achten soll. Bei so viel Lärm in den Bäumen rings um das Haus wusste ich, dass keine Gefahr drohte - es war niemand da.
Am Ende der Seite war eine kleine, freie Stelle. Er blätterte um und spürte den Schweiß auf seinen Handflächen. Sein Herzschlag dröhnte ihm in den Ohren. Oben auf der Seite ging der Eintrag weiter. Bis dahin war die Handschrift flüssig und beinahe hastig gewesen, die Buchstaben waren flach gedrückt
über die Seite gerast. Hier waren sie mit mehr Sorgfalt hingemalt, rund und aufrecht, als sei Brianna nach dem ersten Schock noch einmal zurückgekehrt, um hartnäckig und vorsichtig weiter darüber nachzudenken.
Ich habe versucht, es zu vergessen, aber das hat nicht funktioniert. Ich musste wieder und wieder daran denken, also bin ich schließlich allein in den Kräuterschuppen gegangen, um dort zu arbeiten. Mama passt auf Jemmy auf, wenn ich dort bin, weil er seine Finger nicht bei sich behalten kann, also wusste ich, dass ich allein sein würde. Ich habe mich mitten zwischen die aufgehängten Bündel gesetzt, die Augen geschlossen und versucht, mich an jedes winzige Detail zu erinnern und mir die unterschiedlichen Teile ins Gedächtnis zu rufen. »Das ist okay«, oder »Das ist nur ein Traum.« Denn Stephen Bonnet hat mir Angst gemacht, und mir wurde übel, wenn ich an das Ende gedacht habe - aber ich wollte mich wirklich daran erinnern, wie es war. Wie es sich angefühlt hat und wie ich es gemacht habe, damit ich es vielleicht noch einmal tun kann, mit Roger.
Aber ich habe dieses Gefühl, dass ich es nicht kann, es sei denn, Rogers geheimer Name fällt mir wieder ein.
An dieser Stelle endete der Eintrag. Auf der nächsten Seite standen noch mehr Träume, aber Roger las nicht weiter. Er schloss das Buch ganz vorsichtig und steckte es hinter den anderen wieder in das Regal. Er erhob sich und stellte sich ans Fenster. Er blickte eine Zeit lang hinaus und rieb sich unbewusst mit den schwitzenden Handflächen über die Nähte seiner Hose.
FÜNFTER TEIL
Besser zu heiraten, als zu brennen
39
Im Garten der Lüste
»Meinst du, sie schlafen in einem Bett?«
Jamie erhob seine Stimme nicht, doch er bemühte sich auch nicht, sie zu senken. Zum Glück standen wir am anderen Ende der Terrasse, außer Hörweite des Brautpaars. Doch eine ganze Reihe von Köpfen wandte sich in unsere Richtung.
Ninian Bell Hamilton starrte uns offen an. Ich lächelte dem älteren Schotten strahlend zu, grüßte ihn mit einer kleinen Geste meines geschlossenen Fächers und stieß Jamie energisch in die Rippen.
»Was für ein überaus anständiger Gedanke eines Neffen über seine Tante«, sagte ich mit gedämpfter Stimme.
Jamie trat außer Reichweite meines Ellbogens und musterte mich mit hoch gezogener Augenbraue.
»Was hat das denn mit Anstand zu tun? Sie heiraten doch.
Weitere Kostenlose Bücher