Das Flammende Kreuz
Zunge. Wieder schmeckte er Blut, und er spannte seine Bauchmuskeln an und zwang seinen Magen wieder in die Tiefe.
Zu seiner Linken erhob sich jemand aus dem Gebüsch. Jamie hatte die Muskete in der linken Hand, hob sie automatisch, feuerte mit einer Hand. Er stolperte durch seinen eigenen Büchsenrauch und sah, wie der Mann auf den er gefeuert hatte, kehrt machte und kopflos durch die Bäume davonrannte.
Fowles konnte jetzt wieder allein stehen, und Jamie ließ seinen Arm los und überließ ihn Geordie. Er ließ sich auf ein Knie sinken, griff nach Pulver und Patrone, riss die Patrone mit den Zähnen auf, so dass sich der Blutgeschmack auf seiner Zunge mit Schießpulver vermischte, steckte die Munition in den Lauf und schob sie mit dem Ladestock in Position, füllte das Zündpfännchen, überprüfte den Feuerstein - und stellte derweil schwach verwundert
fest, dass seine Hände nicht im Mindesten zitterten, sondern ihre Sache mit zielsicherer Ruhe erledigten, als wüssten sie genau, was zu tun war.
Er hob den Lauf und entblößte dabei die Zähne, ohne sich dessen bewusst zu sein. Drei Männer kamen auf ihn zu, und er zielte auf den Vordermann. Mit dem letzten Fetzen eines bewussten Gedankens riss er die Büchse höher und feuerte über ihre Köpfe hinweg. Die Muskete versetzte seinen Händen einen Stoß. Sie blieben stehen, und er ließ die Büchse fallen, riss den Dolch aus seinem Gürtel und ging mit Gebrüll auf sie los.
Die Worte brannten ihm in der Kehle, die wund war vom Rauch.
»Lauft!«
Wie aus der Ferne beobachtete er sich selbst und dachte daran, dass Hugh Fowles vorhin genau dies getan hatte und wie töricht er es da gefunden hatte.
»Lauft!«
Die Männer zerstreuten sich wie flüchtende Wachteln. Wie ein Wolf es gemacht hätte, wandte er sich ohne zu zögern dem Langsamsten zu, und als er jetzt über den rauen Boden hinwegsetzte, strömte eine unbändige Freude durch seine Beine bis in seine Eingeweide. Er hätte ewig so laufen können; der Wind war kalt auf seiner Haut und schrill in seinen Ohren, und die federnde Erde unter ihm hob seine Füße, so dass er über Gras und Felsen flog.
Der Mann, dem er folgte, hörte ihn kommen, sah sich um, und rannte mit einem Schreckensschrei ungebremst vor einen Baum. Jamie stürzte sich auf seine Beute, landete auf dem Rücken des Mannes und spürte das federnde Knacken der Rippen unter seinem Knie. Er packte eine Hand voll Haar, schlüpfrig und heiß von fettigem Schweiß, und riss den Kopf des Mannes zurück. Nur um Haaresbreite hielt er sich selbst davon ab, die nackte Kehle durchzuschneiden, die jetzt gedehnt und ungeschützt vor ihm lag. Er konnte schon den Schock spüren, mit dem die Klinge die Haut durchdrang, die Hitze des hervorschießenden Blutes, und er gierte danach.
Keuchend schnappte er nach Luft. Ganz langsam zog er die Klinge vom hüpfenden Puls des Mannes fort. Er zitterte vor Begierde, so als hätte man ihn an der Schwelle des Samenergusses von seiner Frau fortgezerrt.
»Ihr seid mein Gefangener«, sagte er.
Der Mann starrte verständnislos zu ihm auf. Der Mann weinte; die Tränen malten Spuren in sein schmutziges Gesicht, und er versuchte zu sprechen, schluchzend, jedoch unfähig, genügend Luft zu holen, um mit zurückgezerrtem Kopf Worte zu bilden. Jamie begriff vage, dass er Gälisch gesprochen hatte; der Mann verstand ihn nicht.
Langsam löste er seinen Griff und zwang sich, den Kopf des Mannes loszulassen. Er suchte nach den englischen Worten, die irgendwo unter dem Blutdurst vergraben waren, der durch sein Hirn pulste.
»Ihr seid... mein... Gefangener«, brachte er schließlich heraus und rang zwischen den einzelnen Worten keuchend nach Luft.
»Ja! Ja! Alles, nur bringt mich nicht um, bitte bringt mich nicht um!« Der
Mann kauerte schluchzend unter ihm, die Hände um den Nacken geklammert und die Schultern hochgezogen, als fürchte er, dass Jamie seinen Nacken mit den Zähnen packen und ihm das Genick brechen könnte.
Bei diesem Gedanken verspürte er ein schwaches Verlangen, genau das zu tun, doch das Dröhnen seines Blutes erstarb jetzt allmählich. Er konnte wieder hören, und der Herzschlag in seinen Ohren wurde leiser. Der Wind sang nicht länger für ihn, sondern bahnte sich achtlos und für sich seinen Weg durch das Laub. In der Ferne knallten Gewehrschüsse, doch der Geschützdonner war verstummt.
Schweiß tropfte ihm von Kinn und Augenbrauen, und sein Hemd war damit durchtränkt und stank.
Er glitt langsam von
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