Das Flammende Kreuz
Gewehrkugel. »Die Maden saßen in einer Wunde auf seiner Kruppe ─ und die Kugel habe ich unter ihnen aus dem Loch ausgegraben.«
Ich lachte genauso erleichtert wie belustigt.
»Jamie! Du hast ihn in den Hintern geschossen?«
Jamies Mund zuckte ein wenig.
»Ich hatte gar nicht gedacht, dass ich ihn überhaupt getroffen hatte«, sagte er. »Ich habe nur versucht, die Herde auf Fergus zuzutreiben.« Er streckte langsam die Hand aus und griff nach der Kugel, die er sanft zwischen seinen Fingern hin und her rollte.
»Vielleicht solltest du sie als Glücksbringer behalten«, sagte Brianna. Ihr Tonfall war unbeschwert, doch ich konnte die Falte zwischen ihren unsichtbaren Augenbrauen sehen. »Oder darauf beißen, während Mama sich dein Bein vornimmt.«
»Zu spät«, sagte er mit einem schwachen Lächeln.
In diesem Moment fiel ihr Blick auf den kleinen Lederstreifen, der neben seinem Kopf auf dem Tisch lag und mit einander überlappenden Halbmonden übersät war - den tiefen Abdrücken von Jamies Zähnen. Sie sah mich entgeistert an. Ich zuckte leicht mit einer Schulter. Ich hatte über eine Stunde damit zugebracht, die Wunde an seinem Bein zu säubern, und es war für keinen von uns leicht gewesen.
Ich räusperte mich und wandte mich wieder den Maden zu. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Brianna Jamie sanft den Handrücken auf die Wange legte. Er wandte den Kopf und küsste sie auf die Fingerknöchel, ohne das Blut zu beachten.
»Keine Sorge, Kleine«, sagte er. Seine Stimme war leise, aber kräftig. »Es geht schon.«
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch dann sah ich Briannas Gesicht und biss mir stattdessen auf die Zunge. Sie hatte hart gearbeitet und musste sich jetzt um Jemmy und Roger kümmern; sie brauchte sich nicht auch noch um Jamie zu sorgen - noch nicht.
Ich ließ die Maden in ein Schälchen mit sterilem Wasser fallen und wirbelte sie rasch herum, dann stülpte ich sie wieder auf ihr feuchtes Blätterbett.
»Es wird nicht weh tun«, sagte ich zu Jamie und versuchte damit genauso sehr, mich selbst zu beruhigen wie ihn.
»Oh, aye«, sagte er mit einem Zynismus, der ihm gar nicht gut zu Gesicht stand. »Den Spruch kenne ich schon.«
»Aber sie hat Recht damit«, sagte eine leise, krächzende Stimme hinter mir. Roger hatte sich bereits gewaschen; sein dunkles Haar lag feucht auf seinem Kragen, und seine Kleider waren sauber. Jemmy lag im Halbschlaf an der Schulter seines Vaters und nuckelte verträumt am Daumen. Roger kam zum Tisch herüber, um einen Blick auf Jamie zu werfen.
»Wie sieht’s aus, Mann?«, fragte er leise.
Jamie bewegte den Kopf auf dem Kissen und tat so, als fehlte ihm nichts.
»Geht schon.«
»Gut.« Zu meiner Überraschung legte Roger Jamie mit einer kurzen, tröstenden Geste die Hand auf die Schulter. Ich hatte noch nie zuvor gesehen, dass er so etwas tat, und fragte mich erneut, was wohl auf dem Berg zwischen ihnen vorgegangen war.
»Marsali holt ihm gerade etwas Rinderbrühe - oder besser Büffelbrühe«, sagte Roger und sah mich mit leichtem Stirnrunzeln an. »Vielleicht solltest du besser auch etwas davon trinken.«
»Gute Idee«, sagte ich. Ich schloss kurz die Augen und holte tief Luft.
Erst als ich mich hinsetzte, wurde mir klar, dass ich seit dem frühen Morgen auf den Beinen war. Der Schmerz ließ mich jeden Knochen in meinen Beinen und Füßen spüren, und ich konnte die Stelle fühlen, an der ich mir vor ein paar Jahren das linke Schienbein gebrochen hatte. Aber die Pflicht rief.
»Nun, die Maden werden auch nicht jünger«, sagte ich und kämpfte mich wieder hoch. »Besser, wenn ich hier weiter mache.«
Jamie prustete leise und reckte sich, dann entspannte er sich wieder, und sein langer Körper machte sich widerstrebend bereit. Er beobachtete resigniert, wie ich den Teller mit den Maden und meine Zange holte, dann griff er nach dem Lederstück neben seinem Kopf.
»Das brauchst du nicht«, sagte Roger. Er holte sich auch einen Hocker und setzte sich. »Es stimmt, was sie sagt, die kleinen Biester tun nicht weh.«
Jamie prustete erneut, und Roger grinste ihn an.
»Allerdings kitzeln sie fürchterlich. Aber nur, wenn man daran denkt. Wenn du es schaffst, sie ganz aus deinen Gedanken zu verbannen, dann ist gar nichts dabei.«
Jamie sah ihn an.
»Du bist wirklich ein Trost, MacKenzie«, sagte er.
»Danke«, sagte Roger mit dem Hauch eines Lachens. »Hier, ich habe dir etwas mitgebracht.« Er beugte sich vor und legte Jamie den schläfrigen Jemmy
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