Das Flammende Kreuz
schwer in der Hand.
»Da hol mich doch der Teufel«, sagte er laut. Eine Minute stand er da und starrte die Figur an, dann bückte er sich und steckte sie behutsam wieder unter das Kissen.
Brianna hatte den Besucher in Jamies Studierzimmer zurückgelassen, wo auch die meisten unter vier Augen geführten Gespräche mit den Pächtern stattfanden. Roger blieb einen Moment im Flur stehen, um zu überprüfen, ob er all seine Körperteile am rechten Fleck hatte. Er hatte keine Zeit gehabt, sich zu rasieren, doch er hatte sich das Haar gekämmt; unter den gegenwärtigen Umständen konnte dieser Christie nicht zu viel erwarten.
Bei seinem Eintreten wandten sich zu seiner Überraschung drei Gesichter
zur Tür um. Brianna war nicht auf den Gedanken gekommen, ihn vorzuwarnen, dass Christie Begleitschutz hatte. Dennoch, der ältere Mann mit dem kurz geschnittenen, grau gesträhnten Haar war offensichtlich Thomas Christie; der dunkelhaarige, jüngere Mann war nicht älter als zwanzig und ebenso offensichtlich Christies Sohn.
»Mr. Christie?« Er bot dem älteren Mann die Hand an. »Ich bin Roger MacKenzie. Ich bin mit Jamie Frasers Tochter verheiratet - ich glaube, Ihr habt meine Frau schon kennen gelernt.«
Christie machte ein etwas überraschtes Gesicht und spähte an Roger vorbei, als erwartete er, dass Jamie hinter ihm auftauchte. Roger räusperte sich; vom Schlaf war seine Stimme immer noch belegt und daher noch rauer als sonst.
»Mein Schwiegervater ist im Augenblick... leider nicht abkömmlich. Kann ich Euch irgendwie behilflich sein?«
Christie musterte ihn stirnrunzelnd, als verschaffe er sich einen Eindruck von Rogers Potential, dann nickte er langsam. Er ergriff Rogers Hand und schüttelte sie fest. Zu seinem Erstaunen spürte Roger etwas ebenso Vertrautes wie völlig Unerwartetes; den deutlichen Druck eines Freimaurergrußes, der auf seinen Knöchel ausgeübt wurde. So etwas war ihm seit Jahren nicht mehr untergekommen, und es war eher ein Reflex als ein klarer Gedanke, der ihn dazu trieb, mit dem - hoffentlich - richtigen Gegensignal zu antworten. Offensichtlich war es zufriedenstellend; Christies ernste Miene hellte sich ein wenig auf, und er ließ los.
»Vielleicht, Mr. MacKenzie, vielleicht«, sagte Christie. Er sah Roger durchdringend an. »Ich bin auf der Suche nach einem Stück Land, das ich mit meiner Familie besiedeln kann - und mir wurde gesagt, dass Mr. Fraser möglicherweise im Stande sein könnte, mir etwas Passendes zur Verfügung zu stellen.«
»Das ist nicht ausgeschlossen«, erwiderte Roger vorsichtig. Was zum Kuckuck?, dachte er. Hatte Christie es nur auf gut Glück probiert, oder hatte er Grund zu der Annahme, dass man sein Signal erkennen würde? Wenn ja - dann wusste er also, dass Jamie Fraser es erkennen würde, und dachte, dass für seinen Schwiegersohn dasselbe galt. Jamie Fraser ein Freimaurer? Auf diesen Gedanken wäre Roger im Leben nicht gekommen, und Jamie hatte es mit Sicherheit nie erwähnt.
»Bitte - setzt Euch doch«, wies er die Besucher mit einer Handbewegung an. Christies Familienangehörige - der Sohn und eine junge Frau, die wohl entweder Christies Tochter oder die Frau seines Sohnes war ─ hatten sich bei Rogers Eintreten ebenfalls erhoben und standen hinter dem Patriarchen wie die Gefolgsleute eines Potentaten auf Staatsbesuch.
Roger, der sich ausgesprochen befangen fühlte, dirigierte sie winkend wieder auf ihre Stühle und setzte sich selbst an Jamies Schreibtisch. Er zog einen Federkiel aus dem blauen, salzglasierten Behälter und hoffte, dass ihm dies
ein professionelleres Aussehen verlieh. Himmel, was fragte man nur einen potentiellen Pächter?
»Nun denn, Mr. Christie.« Er lächelte ihnen zu, wobei er sich seines unrasierten Kinns unangenehm bewusst war. »Meine Frau sagt, Ihr kennt meinen Schwiegervater noch aus Schottland?«
»Aus dem Gefängnis von Ardsmuir«, antwortete Christie und warf Roger einen scharfen Blick zu, der ihn mahnte, sich nur ja nichts Böses dabei zu denken.
Roger räusperte sich erneut; seine Kehle war zwar verheilt, doch nach dem Aufstehen war sie nach wie vor eine Weile verstopft und rau. Christie schien dies jedoch als abfälligen Kommentar zu deuten und plusterte sich leicht auf. Er hatte dichte Augenbrauen und vorquellende Augen von heller, gelblichbrauner Farbe, und zusammen mit seinem fedrigen, kurz geschnittenen Haar und dem Fehlen eines sichtbaren Halses verlieh ihm dies das Aussehen einer großen, aufbrausenden
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