Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Abendessen - ein Gericht, das Fergus elegant als lapin aux chanterelles bezeichnete (und das dem gemeinen Volk als Karnickeleintopf bekannt war) - blubberte schon seit dem frühen Morgen fröhlich im Kessel vor sich hin, ohne meiner Aufmerksamkeit zu bedürfen. Was das Schrubben der Fußböden, Fensterputzen, Abstauben und ähnliche Plackereien anging... nun, wenn die Arbeit einer Frau sowieso nie getan war, wie das Sprichwort besagte, warum sollte ich mir darüber Gedanken machen, wie viel davon genau jetzt nicht getan war?
    Ich holte mir Papier und Tinte und das große, in schwarzes Tuch gebundene Notizbuch aus dem Schrank und ließ mich bei Adso nieder, um mir die Sonne mit ihm zu teilen. Ich verfasste eine sorgfältige Beschreibung einer Verwachsung am Ohr des kleinen Geordie Chisholm, die ich im Auge behalten musste, und fügte die jüngsten Messdaten von Tom Christies linker Hand hinzu.
    Christie hatte Arthritis an beiden Händen, und seine Finger waren leicht gekrümmt. Doch nachdem ich ihn beim Abendessen genau beobachtet hatte, war ich mir beinahe sicher, dass die Symptome an seiner Hand nicht auf Arthritis hindeuteten, sondern auf eine Dupuytren’sche Kontraktur - eine seltsame, hakenartige Verkrümmung des Ringfingers und des kleinen Fingers zur Handfläche hin, verursacht durch eine Sehnenverwachsung der Hohlhand.
    Normalerweise hätte ich mir sicher sein sollen, doch Christies Hände waren von jahrelanger, körperlicher Arbeit so schwielig, dass ich das typische Knötchen an der Ringfingerwurzel nicht fühlen konnte. Doch der Finger hatte sich irgendwie verkehrt angefühlt, als ich mir die Hand zum ersten Mal angesehen hatte - beim Nähen einer Schnittwunde an der Handwurzel -, und ich hatte ihn kontrolliert, wann immer ich Tom Christie zu Gesicht bekam
und ihn überreden konnte, mich einen Blick darauf werfen zu lassen - was nicht besonders oft vorkam.
    Jamies Bedenken zum Trotz hatten sich die Christies bis jetzt als ideale Pächter erwiesen, die sehr ruhig lebten und sich weitgehend für sich hielten, abgesehen von Tom Christies Schulstunden, die er streng, aber effektiv zu gestalten schien.
    Mir wurde bewusst, dass etwas oder jemand hinter meinem Kopf lauerte. Der Sonnenstrahl hatte sich weiterbewegt, und Adso mit ihm.
    »Denk erst gar nicht daran, Kater«, sagte ich. In der Nähe meines linken Ohrs setzte ein brummendes Schnurren der Vorfreude ein, und eine große Pfote streckte sich aus und tätschelte mir vorsichtig den Scheitel.
    »Oh, na gut«, sagte ich resigniert. Eigentlich blieb mir auch gar nichts anderes übrig, es sei denn, ich hätte aufstehen und anderswo schreiben wollen. »Wie du willst.«
    Adso konnte Haaren nicht widerstehen. Ganz gleich, wessen Haar es war und ob es an einem Kopf festgewachsen war oder nicht. Zum Glück war bis jetzt Major MacDonald der Einzige gewesen, der so unüberlegt gehandelt hatte, sich mit einer Perücke in Adsos Reichweite zu setzen, und ich hatte sie letztlich zurückbekommen, auch wenn ich dazu unter das Haus kriechen musste, wohin Adso sich mit seiner Beute zurückgezogen hatte; kein anderer traute sich, sie ihm aus den Fängen zu reißen. Der Major hatte den Zwischenfall ausgesprochen humorlos aufgenommen, und er ließ sich zwar nicht davon abhalten, dann und wann vorbeizuschauen und Jamie zu besuchen, doch zog er bei diesen Besuchen nicht länger den Hut ab. Wenn er am Küchentisch saß und Zichorienkaffee trank, behielt er jetzt den Dreispitz auf dem Kopf und heftete beide Augen fest auf Adso, dessen Bewegungen er genau verfolgte.
    Ich entspannte mich ein wenig, und wenn ich auch nicht schnurrte, so fühlte ich mich doch sehr warm und angenehm. Es war sehr beruhigend, sich von der Katze mit halb versenkten Krallen kneten und kämmen zu lassen. Dann und wann hielt Adso in seiner vorsichtigen Haarpflege inne, um sein Gesicht liebevoll an meinem Kopf zu reiben. Er wurde nur dann wirklich gefährlich, wenn er sich an der Katzenminze vergriffen hatte, doch diese war sicher weggeschlossen. Mit halb geschlossenen Augen sann ich über die vertrackte Frage nach, wie ich die Depuytren’sche Kontraktur beschreiben sollte, ohne diese Bezeichnung zu verwenden, da Baron Depuytren schließlich noch gar nicht geboren war.
    Nun, ein Bild sagt mehr als tausend Worte, und ich dachte, dass ich wohl zumindest eine kompetente Federzeichnung zustande bringen würde. Ich tat mein Bestes und fragte mich derweil, wie ich Thomas Christie dazu bewegen sollte, seine Hand von

Weitere Kostenlose Bücher