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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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habe ich ihn gefragt. Und - er musste darüber reden, und ich war da. Hinterher hat er gesagt, es wäre fast, als wärest du da. Ich wusste gar nicht, dass er dich Lady Jane genannt hat.«
    »Ja«, sagte ich. »Wegen der Art, wie ich rede, hat er gesagt.« Ich spürte einen lachenden Atemhauch an meinem Ohr und lächelte sacht als Antwort. Ich schloss die Augen und konnte meinen Freund vor mir sehen, wie er in leidenschaftlicher Unterhaltung gestikulierte, das Gesicht leuchtend vor Schabernack.
    »Er hat gesagt, wenn so etwas geschieht, dann gibt es manchmal im Krankenhaus eine Art formeller Anhörung. Nicht wie ein Prozess, das nicht - sondern eine Zusammenkunft der anderen Ärzte, um zu hören, was genau geschehen
ist, was schief gegangen ist. Er hat gesagt, es war so ähnlich wie bei der Beichte, es anderen Ärzten zu erzählen, die es verstehen konnten - und dass es geholfen hat.«
    »Mm-hm.« Sie schwankte jetzt sanft und wiegte mich dabei, so wie sie Jemmy tröstend wiegte.
    »Ist es das, was dir Kummer macht?«, fragte sie leise. »Nicht nur Rosamund - sondern auch, dass du allein bist? Dass du niemanden hast, der dich wirklich verstehen kann?«
    Ihre Arme umschlangen meine Schultern, die verschränkten Hände ruhten leicht auf meiner Brust. Junge, kräftige, geschickte Hände mit straffer, heller Haut, die nach frisch gebackenem Brot und Erdbeermarmelade roch. Ich ergriff die eine und legte ihre warme Handfläche an meine Wange.
    »Sieht ganz danach aus«, sagte ich.
    Die Hand wölbte sich, strich mir über die Wange und verschwand. Die kräftige, junge Hand bewegte sich langsam und strich mir voller Zuneigung das Haar hinter das Ohr.
    »Es wird schon wieder«, sagte sie. »Es wird alles gut.«
    »Ja«, sagte ich und lächelte, obwohl mir die Tränen in die Augen stiegen.
    Ich konnte sie nicht lehren, eine Ärztin zu werden. Doch offenbar hatte ich ihr unbeabsichtigt irgendwie beigebracht, eine Mutter zu sein.
    »Du solltest dich hinlegen«, sagte sie und zog zögernd ihre Hände fort. »Es dauert noch mindestens eine Stunde, bis sie hier sind.«
    Ich atmete mit einem Seufzer aus und spürte, wie mich der Friede des Hauses umfing. Fraser’s Ridge mochte Rosamund Lindsay nur kurze Zeit Zuflucht gewährt haben, doch es war ihr ein echtes Zuhause gewesen. Wir würden ihr in Frieden die letzte Ehre erweisen.
    »Eine Sekunde noch«, sagte ich und wischte mir die Nase ab. »Ich muss erst noch etwas fertig machen.«
    Ich setzte mich gerade hin und schlug mein Buch auf. Ich tauchte den Kiel in die Tinte und begann mit dem Verfassen der Zeilen, die nötig waren, um des unbekannten Arztes willen, der mir folgen würde.

107
    Zugunruhe
    September 1772
    Ich erwachte in Schweiß gebadet. Die dünne Chemise, in der ich schlief, klebte an mir fest, durchsichtig vor Feuchtigkeit; selbst im gedämpften Licht der unverschlossenen Fensterläden schien meine Haut in dunklen Flecken durch den Stoff. In meinem unruhigen Schlaf hatte ich Laken und Bettdecke zur Seite getreten und lag mit ausgestreckten Gliedern da, das Leinenhemd bis über die Oberschenkel hochgezogen - und dennoch pulsierte meine Haut vor Hitze, und die drückende Wärme überflutete mich in Wellen wie flüssiges Kerzenwachs.
    Ich schwang meine Beine über die Bettkante und stand auf. Ich fühlte mich benommen und körperlos. Mein Haar war klatschnass, und mein Hals glitschig vor Schweiß; ein Schweißrinnsal lief zwischen meinen Brüsten hindurch, wo es verschwand.
    Jamie schlief noch; ich konnte die Wölbung seiner zur Seite gekehrten Schulter sehen, und sein Haar lag dunkel auf dem Kissen ausgebreitet. Er regte sich schwach und murmelte etwas, verfiel dann aber wieder in den regelmäßigen Atem des Schlafes. Ich brauchte Luft, wollte ihn aber nicht wecken. Ich schob das Gazenetz beiseite, trat leise zur Tür und ging in den Abstellraum auf der anderen Flurseite.
    Es war ein kleiner Raum, aber er hatte ein großes Fenster, passend zu dem unseres Schlafzimmers. Dieses hier war noch nicht verglast; es war nur mit hölzernen Fensterläden verschlossen, und ich konnte spüren, wie die Nachtluft durch die Spalten drang, über den Fußboden wirbelte und meine nackten Beine liebkoste. Voll Sehnsucht nach ihrer Kühle entledigte ich mich meines feuchten Hemdes und seufzte erleichtert, als mir der Luftzug aufwärts über Hüften, Brüste und Arme strömte.
    Doch auch hier herrschte die gleiche Hitze, die mit jedem Herzschlag in heißen Wellen über meine Haut pulste.

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