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Das Flammende Kreuz

Titel: Das Flammende Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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duckte sich entschuldigend. »Mit Trommeln, aye? Aber ich habe mir gedacht, einmal reicht hier vielleicht.«
    »Da hast du Recht, Ian«, versicherte ihm Jamie und richtete den Blick dann auf Roger.
    Roger hustete und räusperte sich, dann sprach er, und seine heisere Stimme war so transparent und durchdringend wie der Rauch.
    »Herr, lass mich im Wissen meines Endes leben,
In dem Wissen, dass meine Tage gezählt sind;
Auf dass ich weiß, wie zerbrechlich ich bin.
Siehe, du hast meine Tage eine Hand breit gemacht;
Und vor dir ist mein Lebensalter nichts.
Höre mein Gebet, o Herr, und leihe meinem Rufen dein Ohr;
Versage meinen Tränen deinen Frieden nicht:
Denn ich bin ein Fremder vor dir,
Auf der Durchreise, wie es all meine Väter waren.«
    Dann standen wir schweigend da und ließen uns von der Dunkelheit umfangen. Als das letzte Licht verlosch und das Laub über uns seine Leuchtkraft verlor, griff Brianna nach dem Krug mit dem Wasser und goss es über das Gefäß mit den Kohlen. Rauch und Dampf erhoben sich in einer gespenstischen Wolke, und der Duft des Gedenkens schwebte zwischen den Bäumen hindurch.
     
    Es war fast dunkel, als wir auf dem schmalen Pfad wieder zum Haus hinuntergingen. Doch ich konnte Brianna vorausgehen sehen; die Männer kamen ein Stück hinter uns. Glühwürmchen waren in großer Zahl unterwegs; sie tanzten zwischen den Bäumen und erleuchteten das Gras zu meinen Füßen. Eins der kleinen Insekten landete kurz in Briannas Haar und blieb einen Augenblick blinkend dort hängen.
    In der Dämmerung ist der Wald von tiefer Stille umfangen, das dem Herzen zu schweigen gebietet und den Fuß leise auf die Erde treten lässt.
    »Hast du es dir also überlegt, a cliamhuinn ?« , sagte Jamie hinter mir. Seine Stimme war leise, ihr Tonfall freundschaftlich - doch die formelle Anrede ließ erkennen, dass die Frage ernst gemeint war.
    »Was denn?« Rogers Stimme war unter dem Eindruck der Gedenkfeier noch leise, ihr rasselnder Klang kaum hörbar.
    »Was du tun wirst - du und deine Familie. Jetzt, da ihr wisst, dass der Kleine reisen kann - und was es bedeuten kann, wenn ihr bleibt.«
    Was es für sie alle bedeuten konnte. Ich holte beklommen Luft. Krieg. Kampf. Unsicherheit, denn fest stand nur die Gefahr. Die Gefahr von Krankheiten oder Unglücksfällen für Brianna und Jemmy. Die Gefahr des Todes durch die Mühsal des Kindbetts, falls sie wieder schwanger wurde. Und für Roger... Gefahr für Leib und Seele. Sein Kopf war verheilt, doch ich sah die Grabesstille tief in seinen Augen, wenn er an Randall Lillywhite dachte.
    »Oh, aye«, sagte Roger leise, unsichtbar in meinem Rücken. »Ich habe überlegt - und überlege immer noch, m’athair-cèile. «
    Ich lächelte schwach, als ich ihn Jamie »Schwiegervater« nennen hörte, doch der Tonfall seiner Stimme war ernst.
    »Soll ich dir sagen, was ich denke? Und du wirst mir sagen, was du denkst?«
    »Aye. Wir haben immer noch Zeit zum Nachdenken.«
    »Ich habe in letzter Zeit oft an Hermon Husband gedacht.«
    »Den Quäker?« Jamie klang überrascht. Husband hatte die Kolonie nach der Schlacht von Alamance mit seiner Familie verlassen. Ich meinte gehört zu haben, dass sie nach Maryland gegangen waren.
    »Aye, an ihn. Was glaubst du, was geschehen wäre, wenn er kein Quäker gewesen wäre? Ob er die Regulatoren in ihren Krieg geführt hätte?«
    Jamie brummte leise, während er überlegte.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er, doch er klang interessiert. »Meinst du, dass sie mit einem fähigen Anführer Erfolg gehabt hätten?«

    »Aye. Oder vielleicht auch nicht - sie hatten ja schließlich keine Waffen -, aber sie hätten mehr Erfolg gehabt als so. Und wenn das geschehen wäre -«
    Wir waren jetzt in Sichtweite des Hauses. Die Fenster der Rückseite waren erleuchtet, weil innen das Herdfeuer für den Abend gestocht wurde und die Kerzen für das Abendessen angezündet wurden.
    »Was hier geschehen wird - wenn die Regulatoren eine vernünftige Führung gehabt hätten, so glaube ich, dass es jetzt und hier angefangen hätte, nicht erst in drei Jahren in Massachusetts.«
    »Aye. Und wenn, was dann?«
    Roger prustete kurz auf, die verbale Entsprechung eines Achselzuckens.
    »Wer weiß? Ich weiß, was jetzt gerade in England vor sich geht - sie sind nicht vorbereitet, sie haben keine Ahnung, was für ein Risiko sie hier eingehen. Wenn hier plötzlich und ohne Vorwarnung ein Krieg ausbräche - wenn er in Alamance ausgebrochen wäre -, wäre es möglich,

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