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Das Fliederbett

Das Fliederbett

Titel: Das Fliederbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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weiterfahren.
    Die Pumpe quietschte und rasselte. Ihr schien, als würde sie schon lange unbenutzt an diesem verzauberten Ort stehen, daß sie vergessen hatte, Wasser zu geben. Schließlich kam es doch, es war kalt und schmeckte nach Eisen. Sie trank aus ihrer gewölbten Hand. Dann spülte sie Gesicht und Hände ab. Am Brunnen wuchs Digitalis, gedankenvoll sah sie in die tiefen Kelche hinein.
    Es war trist, daran zu denken, daß sie in wenigen Augenblicken wieder auf der staubigen Straße sein würde. Hier war es so lieblich. Schmetterlinge flatterten zwischen den Blumen, das Gras neben dem kleinen Erdkeller lockte, grün und kühl. Der Maler würde vielleicht bald zurückkommen. Sie konnte sich im Gras ausstrecken und warten. Mit diesem Entschluß zufrieden, legte sie sich auf den Rücken, zog den Rock ein wenig hoch und plierte in den blauen Himmel, an dem vereinzelte weiße Wolken schnell vorbeiglitten, ohne jemals die Sonne zu verdecken.
    Sie wußte nicht, wie lange sie schon dagelegen hatte, dem Säuseln des Windes lauschend, als sie plötzlich die Stimme eines Mannes hörte. Verwirrt setzte sie sich auf. Nur ein Stückchen von ihr entfernt stand ein junger Mann in fleckigen Shorts und mit bloßem Oberkörper; er winkte ihr zu, als hätte er ihr etwas Eiliges mitzuteilen.
    »Bleiben Sie liegen«, sagte er atemlos. »Ich wollte ein Kaffeetablett holen. Was bin ich doch für ein Idiot, ein blöder Hammel.«
    Sie blieb gehorsam sitzen, zu überrumpelt, um zu protestieren. Das war also der Künstler, er wirkte aber reichlich jung. Sicher auch ein bißchen verrückt. Sie hörte, wie er drinnen im Hause rumorte. >Bleiben Sie liegen<, hatte er gesagt, aber zugleich auch von einem Kaffeetablett gesprochen. Auf seine wirre Art wollte er wohl ausdrücken, daß sie Kaffee bekommen sollte. Sie war es gewöhnt, wohin sie auch kam. Nun ja, sie mußte sich damit abfinden. Übrigens würde ihr eine Tasse guttun.
    Als er wieder herauskam, hatte er eine Staffelei bei sich, auf der er ein Bild anbrachte. Er hatte sich auch ein Baumwollhemd übergezogen. Gudrun verspürte Erleichterung.
    »Ich habe einen Versuch gemacht, alles hier zu malen«, sagte er und machte eine Bewegung mit der Hand. Sie merkte, wie mager er war. Er sollte wirklich mehr essen.
    »Die ganze Zeit habe ich gewußt, daß etwas fehlt«, fuhr er fort. »Gerade eben wollte ich ausprobieren, wie sich ein Kaffeetablett im Grase machen würde, ob das dem Bild mehr Leben geben könnte. Und dann sah ich Sie. Es sind immer Frauen, die fehlen.«
    Langsam ging ihr der Sinn dieser Worte auf. Sie wollte protestieren. Aber der Mann begann damit, Farbe auf seiner Palette zu mischen, und es war trotz seiner Jugend etwas Befehlendes an ihm; sie wußte nicht genau, wie sie sich verhalten sollte.
    »Nein, wissen Sie«, begann sie und ärgerte sich, weil der Protest so lahm klang. »Sie müssen doch verstehen, daß Sie mich hier nicht einfach malen können.«
    Er senkte die Palette.
    »Ach so«, sagte er. Es war vorhin etwas Verbindliches in seiner Art gewesen, zu ihrer Unruhe sah sie es vollkommen verschwinden. »Und warum sollte ich das nicht dürfen?« fragte er, und sie senkte den Blick, als sei sie eine von Erlands Konfirmandinnnen.
    »Seien Sie nicht dumm«, sagte sie unsicher. »Wir kennen uns ja nicht einmal. Sie wissen nicht, wer ich bin...« Gegen ihren Willen wurde ihre Stimme streng, und sie runzelte die Stirn, um etwas von der Sicherheit wiederzugewinnen, die der idiotische Maler ihr zu rauben schien.
    »Hier liegen Sie und ruhen sich auf meinem Grundstück aus«, sagte er. »Nett, wie ich bin, mache ich Ihnen nicht einmal Vorwürfe. Das einzige, was ich verlange ist, Sie zu malen. Aber Sie werden sofort böse und fangen an zu streiten.«
    »Ich habe nicht mit Ihnen gestritten«, sagte Gudrun und fragte sich ängstlich, ob sie es wirklich getan hätte. Er hob die Palette.
    »Sie können jedenfalls nicht abstreiten, daß Sie hier unbefugterweise eingedrungen sind.«
    Sie wußte, daß seine Argumentation einen Haken hatte, aber sie konnte nicht darauf kommen.
    »Nun ja«, sagte sie widerwillig. »Malen Sie drauflos... wenn es nicht zu lange dauert.«
    »Tüchtiges Mädchen«, sagte er zufrieden. Die Sonne leuchtete in seinen rotbraunen Haaren. Gudrun legte sich nieder. Sie mußte es Erland hinterher erklären.
    »Sie sehen so zugeknöpft aus«, sagte er. »Ziehen Sie bitte den Rock über die Knie, und legen Sie die Arme über den Kopf.«
    Hastig setzte sie sich wieder

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