Das Fliederbett
hoch.
»Gehen Sie jetzt nicht etwas zu weit?« fragte sie.
Er senkte die Palette.
»Wollen Sie, daß ich ein gutes Bild male?« fragte er.
Sie sah ihn verwirrt an. Seine Stimme klang so jung, die hervorstehenden Backenknochen gaben dem Gesicht einen weichen Zug.
»Entschließen Sie sich nur«, sagte er, und der weiche Zug verschwand. »Jetzt haben Sie schon so viel Theater gemacht, daß ich mir überlege, ob ich Sie gehen lassen soll.«
»Ich kam, um Lose zu verkaufen«, sagte sie schüchtern.
Er machte eine Bewegung mit der Palette.
»Brauche keine«, sagte er kurz. »Das einzige, was ich brauche, ist Ruhe zum Arbeiten. Verdammt, ich kann nicht inspiriert werden, wenn Sie dauernd rauf- und runtersausen«.
Inspiration war etwas, das sie kannte. Wenn Erland an einer Predigt arbeitete, ließ er sich ungern stören. Genauso war es mit ihrem Vater. Er ist auch Pastor. Von Kindesbeinen an hatte Gudrun gewußt, daß Inspiration eine kitzlige Sache war. Seufzend legte sie sich nieder und zog den Rock hoch.
»Noch mehr«, sagte der Maler. »Als ich kam, hatten Sie den Rock viel höher.«
»Da war ich allein«, murmelte sie.
Gegen seinen Willen wurde er gerührt. Er sah sie an. Sie hielt die langen Augenwimpern gesenkt, als hätte sie die Augen geschlossen.
»Haben Sie Angst vor mir?« sagte er. »Das wäre dumm. Sehe ich denn so aus, als wollte ich etwas anderes von Ihnen als Sie malen?«
Er sah, wie sie errötete, und bemerkte plötzlich den Pfirsichflaum auf ihren Wangen.
»Süß sind Sie schon«, sagte er, als hätte er es eben erst entdeckt. »Sogar verdammt süß!«
Er tauchte den Pinsel in die helle Farbe.
»Wollen Sie bitte den Rock noch ein wenig höher ziehen«, sagte er freundlich. »Und legen Sie den Arm über den Kopf, das sieht so fraulich aus.«
Sie wollte protestieren, erinnerte sich aber im letzten Moment an seine Inspiration. Verlegen tat sie, was er sagte. Er musterte sie kritisch.
»Darf ich Ihnen zeigen, wie Sie liegen müssen?« sagte er und fiel neben ihr auf die Knie, ohne eine Antwort abzuwarten. »Jetzt sehen Sie aus wie eine Pastorenfrau vom Lande.«
»Ich bin eine Pastorenfrau«, sagte sie steif.
Sie glaubte, das würde ihn ernüchtern, aber das tat es ganz und gar nicht.
»Eine verdammt süße Pastorenfrau«, sagte er und versuchte, ihre beiden Arme auf ihren Kopf zu legen. Ein wunderliches Gefühl überkam sie.
»Bald kümmere ich mich nicht mehr um Ihre Inspiration«, murmelte sie.
»Und ob Sie das tun«, sagte er heiter, lächelte mit roten Lippen. Sie sah hastig weg. »Das Haar darf nicht so wohlgebürstet sein«, fuhr er fort und zerraufte es mit den Fingern.
Wieder überkam sie das wunderliche Gefühl. Er sah in ihr Gesicht.
»Jetzt sind Sie richtig süß geworden«, sagte er, und sie bemerkte, daß er nicht fluchte. Und schön war es doch auch... Unschlüssig sah sie in seine braunen Augen.
»Seien Sie lieb und stehen Sie auf«, sagte sie hastig.
Er beeilte sich nicht sehr. Der Blick seiner Augen wurde ernst. Er bewegte ihn zu ihrem Mund hin. Sie schloß die Augen.
Als sie die Augen wieder öffnete, war er tatsächlich aufgestanden. Sie spürte eine Leere.
»Jetzt ziehe ich Ihnen nur noch die Schuhe aus, dann sind Sie gut«, sagte er. Sie fühlte seine Hand an ihrer Fessel, und die sonderbare Mattheit kam zurück. Schnell nahm sie die Arme vom Kopf.
»Was nun?« sagte er und warf auch ihren zweiten Schuh weg. »War die Stellung unbequem?«
Es lag etwas Neckendes in seiner Stimme. Trotzig begegnete sie seinem Blick.
»Ziehen Sie mich noch mehr aus, dann gehe ich«, sagte sie heftig.
»Jetzt bin ich gewarnt«, sagte er. »Betrachten Sie es als Entkleiden, wenn ich an Ihrem Hals ein paar Knöpfe aufmache? Nur so weit, daß das Halsgrübchen zu sehen ist. Ich bin immer in Halsgrübchen vernarrt gewesen.«
Er ärgerte sie nur. An das Bild verschwendete er keinen Gedanken mehr. Eine lange Zeit war er sich bewußt gewesen, daß er auf sie einwirkte.
»Nehmen Sie die Arme wieder hoch«, sagte er, und sie gehorchte. Schon seit langem hatte sie vergessen, warum sie das tat, was diese Stimme ihr befahl. Sie dachte kaum nach. Er knöpfte den obersten Knopf auf.
»Nein«, sagte sie bittend.
»Doch«, sagte er ruhig. Er fühlte sich wie ein Schuft. Aber schließlich war er nur ein Mann. Und da lag sie so süß und zitterte bei der kleinsten Berührung, mit Augen so rund und ängstlich. Das war wirklich mehr, als seine Selbstbeherrschung verkraften konnte.
Sie
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