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Das Flüstern der Albträume

Das Flüstern der Albträume

Titel: Das Flüstern der Albträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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gestorben war und man sie in einer Pflegefamilie untergebracht hatte. King lag wenigstens etwas an dem Jungen.
    Sie spürte, wenn sie ihm jetzt nicht irgendwie entgegenkam, würde er wegen des streunenden Kätzchens einen Streit vom Zaun brechen, und der Hunger sagte ihr, dass sie essen musste, nicht streiten. »Wir versuchen, sie zu finden, wenn es wieder hell ist.«
    Bobby runzelte die Stirn und starrte Eva aus zu Schlitzen verengten Augen an. »Schwör’s.«
    Eva machte nur selten Versprechungen. »Ich schwöre.«
    »Und du glaubst nicht, dass irgendjemand sie fängt?«
    »Sie hat sich da hinten verkrochen, weil es dort sicher ist. Dem Kätzchen passiert schon nichts.« Eva öffnete die Hintertür. »Was hat es nur mit diesem Haus auf sich, dass es auf Streuner so anziehend wirkt?«
    »Vielleicht ist es wegen King«, meinte der Junge. »Vielleicht hat er irgendwelche magischen Kräfte.«
    »Magische Kräfte?« Eva wusste nicht, weshalb King Streuner wie sie und Bobby aufsammelte. Der Mann hatte ihr wenige Tage nach ihrer Freilassung, als sie noch im Übergangswohnheim in Richmond gewohnt hatte, einen Job angeboten. Er hatte ihr anständige Arbeit und ein Zimmer unter dem Dach versprochen. Zuerst hatte sie ihm nicht geglaubt, und der letzte Ort auf Erden, den sie hatte wiedersehen wollen, war ihre Heimatstadt Alexandria. Als King ihr ein Busticket dorthin geschenkt hatte, hatte sie daher abgelehnt. Er hatte den Fahrschein jedoch nicht zurückgenommen, sondern ihr gesagt, falls sie ihre Meinung ändere, solle sie ihn anrufen. Die schlechten Jobaussichten für ehemalige Sträflinge zusammen mit den bohrenden Fragen nach ihrer Vergangenheit hatten sie dazu gebracht, den Bus nach Alexandria zu nehmen und den King’s Pub zu suchen. Und King hatte zu seinem Wort gestanden. Seit sechs Monaten hatte sie anständige Arbeit, und das Zimmer unter dem Dach fühlte sich fast schon wie ein Zuhause an.
    »Können wir sie behalten?«, fragte Bobby.
    Eva zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht, wie man für eine Katze sorgt.«
    »Das kann doch nicht so schwer sein.«
    Eva knipste das Licht in der Küche an. »Ich weiß nicht, Kleiner. Es ist nicht mein Haus.«
    »Fragst du King, ob wir sie behalten können? Auf dich hört er.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.« Sie warf einen Blick zur Hintertreppe, die in den ersten Stock führte, wo Bobby und King wohnten. Da im Flur kein Licht brannte, ging sie davon aus, dass King bereits schlief. »He, schleich dich nicht wieder raus, okay? King macht sich Sorgen um dich.« Sie versuchte, die strenge Stimme ihrer Mutter zu imitieren, an die sie sich kaum erinnerte, aber bei dem Jungen schien es verlorene Liebesmüh.
    »Fragst du ihn wegen der Katze?« In Bobbys Augen lag so viel Hoffnung, dass es ihr das Herz abschnürte. »Seit du seinen Computer repariert hast und er so viel Geld gespart hat, vertraut er dir. Bitte, Eva.«
    Sie stieß einen Seufzer aus. »Ich rede morgen früh mit ihm. Jetzt habe ich erst mal einen Bärenhunger.«
    Bobby spielte mit dem ausgefransten Saum seines T-Shirts. »Meinst du, das Kätzchen kann bei mir im Zimmer schlafen?«
    Eva trat an den Edelstahlkühlschrank. »Frag King.«
    »Können wir das Licht draußen anlassen?«, fragte Bobby. »Es hat Angst im Dunkeln.«
    »Katzen mögen die Nacht. Sie haben spezielle Augen, mit denen sie im Dunkeln sehen können.«
    »Mein Kätzchen ist anders als andere Katzen. Es mag das Licht.« Bobby ließ beim Schlafen eine Lampe in seinem Zimmer brennen. Er hatte zwar nicht mehr jede Nacht Albträume, aber immer noch ein paar Mal pro Woche. Er wollte King jedoch nicht erzählen, was ihn ängstigte.
    »Na gut, okay. Wir lassen das Licht an und ersetzen die Glühbirnen der anderen Lampen. He, ich hab Hunger, du auch?«
    »Ja.«
    King hatte dem Kind zweifellos reichlich zu essen gegeben. Darin war er gut. Aber der Junge hatte immer Hunger.
    Eva holte sechs Scheiben Toastbrot heraus, toastete sie und bestrich sie mit Butter. Als sie gerade den Schinken aus der Folie nahm, wurde die Hintertür knarrend geöffnet. Bobby vergewisserte sich, dass das Außenlicht noch an war. Eva machte sich nicht vor, dass sie das Leben des Kindes in Ordnung bringen oder auch nur die verdammte Katze würde retten können. Happy Ends waren etwas für Dummköpfe. »Schließ unbedingt die Tür ab und schalte die Alarmanlage ein.«
    Bobby verriegelte das Sicherheitsschloss und drückte die Ziffern auf der Tastatur, wie er es bereits vorher getan hatte.

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