Das Flüstern der Albträume
Geburt war seine Familie von Sankt Petersburg, dem damaligen Leningrad, in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Douglas sprach Russisch und Englisch gleichermaßen perfekt.
Garrison stellte seine Cola auf den Tisch und zog die Jacke aus. »Gibt’s Neuigkeiten?«
»Das Opfer konnte identifiziert werden«, sagte Jennifer. »Ihre Fingerabdrücke waren im AFIS .« Die Datenbank enthielt Zigtausende Fingerabdrücke von Verhafteten.
»Ihr Name ist Lisa Black, und sie wurde vor drei Jahren in einem schicken Hotel in Washington, D.C., wegen Prostitution festgenommen«, sagte Rokov. »Erinnern Sie sich noch an den Skandal um den Kongressabgeordneten Webber?«
Garrison nickte. »Er saß im Verteidigungsausschuss und wurde überführt, Prostituierte mit Steuergeldern bezahlt zu haben.«
»Genau der. Nun, Lisa Black war die Prostituierte, mit der er zusammen war, als man ihn erwischte. So kam sie zu ihrer ersten und einzigen Festnahme.«
»Nur eine Festnahme?«, fragte Malcolm. »Sie wollen doch nicht etwa sagen, dass sie dadurch wieder auf den Pfad der Tugend zurückgeführt wurde?«
Rokov grinste. »Wohl kaum. Sie stammt aus einer respektablen Familie. Privatschule, privates College. Jede Menge Anwälte.«
Malcolm schüttelte den Kopf und brummte: »Ich hasse Anwälte.«
»Aber was steckt dahinter? Wieso ist sie auf den Strich gegangen?« In den sieben Jahren, die Garrison bei der Polizei war, hatte er schon von den verrücktesten Motiven gehört.
»Wir haben uns erkundigt. Bis vor vier Jahren hat sie in einem sehr erfolgreichen Ingenieurbüro in Fairfax als Marketingleiterin gearbeitet. Die Kollegen munkelten, sie sei sexsüchtig. Als ihr Stiefvater vor drei Jahren starb, erbte sie Millionen. Sie kündigte ihre Stelle und buchte einen achtwöchigen Aufenthalt in Argentinien. Als sie zurückkam, war sie nicht mehr wiederzuerkennen. Sie hatte sich Nase, Augen, Lippen und Brüste operieren lassen.«
»Die wenigen Freunde, die sie hatte, sagten, nach den Operationen habe sich ihre Sucht noch verschlimmert«, warf Jennifer Sinclair ein.
Rokov schaute auf seine Notizen. »Sie hat ein Appartement in einem Hochhaus in Crystal City, aber wir hatten noch nicht die Möglichkeit, es uns anzusehen.«
Garrison schaute auf die Uhr. »Irgendwas Neues von der Pathologin?«
»Sie musste die Autopsie verschieben. Aber sie meinte, wenn Sie heute Abend gegen neun vorbeikämen, hätte sie den Bericht fertig.«
»Okay.« Garrison trank einen großen Schluck Cola und wunderte sich, wie durstig er auf einmal war. Er berichtete den Kollegen von Danvers und seinem Unterschlupf in Leesburg. »Rufen Sie mich an, wenn Sie etwas von der Polizei dort hören.«
»Wird gemacht.«
Garrison betrachtete die Fotos des Opfers. »Rokov, fahren Sie zu Eliza Martinez’ Wohnung und schauen Sie sich dort um. Die Spurensicherung hat das Haus noch nicht wieder freigegeben. Ich habe es mir ein Dutzend Mal angesehen, aber vielleicht fördert Ihr unverbrauchter Blick zusammen mit den Informationen über Lisa Black etwas Neues zutage.«
»Was verbindet die reiche Nymphomanin mit der über fünfzigjährigen katholischen Hausangestellten?«
»Im Moment ist es nur so ein Gefühl.«
Garrison besorgte in aller Eile einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung von Lisa Black. Um halb neun standen er und Kier vor der Tür und warteten darauf, dass der Hausmeister sie aufschloss.
Ralph Pemberton, ein kleiner Mann mit schütterem rotem Haar und dicken Brillengläsern, erinnerte Garrison an die albernen Trollpuppen, die seine Schwester als Kind besessen hatte. »Ich habe Ms Black seit ein paar Tagen nicht gesehen. Geht es ihr gut?«
Garrison lächelte. »Wir müssen nur schnell einen Blick in ihre Wohnung werfen.«
»Sie ist immer so nett zu mir«, meinte Mr Pemberton. »Ich meine, sie ist so eine reizende Frau. Sie müsste ja nicht nett zu mir sein. Nicht jeder ist nett.«
Garrison nickte. »Ich habe viel Gutes über Ms Black gehört.«
»Das, was da vor ein paar Jahren in Washington passiert ist, war nicht ihre Schuld.«
»Was denn?« Garrison wollte es aus der Sicht des Hausmeisters hören.
»Dieser Mist mit dem Senator und seinen Freunden.«
»Ah.«
»Die Anwälte haben sie freibekommen.«
»Dann muss sie wohl unschuldig gewesen sein«, meinte Malcolm.
Der Hausmeister, dem die Ironie entging, nickte. »Das habe ich auch gesagt.«
»Hat sie oft Besuch?«, fragte Garrison.
»Nein. Nein. Sie hat nie Besuch. Aber sie geht fast jeden Abend aus. Sie
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