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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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einen scheußlichen Anblick bietet. Aber zögere nicht zu lange, wenn du darauf abzielst. Viele jüngere und fruchtbarere Frauen werden sich bald um dieses Privileg reißen.«
    »Er ist nicht der Erlöser, Mam«, betonte Leesha.
    »Die Leute sind aber anderer Meinung«, erklärte Elona. »Sogar Gared betet ihn an.«
    »Oh, und wenn Gared Holzfäller von etwas überzeugt ist, dann muss es ja richtig sein«, spottete Leesha und verdrehte die Augen.
    Rojer flüsterte etwas in Elonas Ohr, das sie zum Lachen brachte, und sie fing wieder an, sich ihm zu widmen. Erleichtert blies Leesha den Atem aus.
    »Da wir gerade vom Tätowierten Mann sprechen«, griff Erny den Faden auf, »wo hält er sich derzeit eigentlich auf? Smitt erzählte mir, der Herzog hätte einen anderen Kurier entsandt, der ihn zu einer Audienz bestellen sollte, aber am Kuriertag war er schon wieder nirgends zu finden.«
    Leesha zuckte die Achseln. »Ich denke, dass ihm an einer Audienz beim Herzog nicht viel gelegen ist. Er betrachtet sich nicht als einen von Rhinebecks Untertanen.«
    »Du solltest ihm sagen, dass er es sich besser noch einmal überlegt, wie er sich dem Herzog gegenüber verhält«, meinte Erny.
»Das Tal bringt nicht so viel Holz hervor, wie es sollte, und Rhinebeck wird langsam ungeduldig. Ein Kurier, der seine Aufforderung zu einer Audienz missachtet, hat so lange nichts zu befürchten, wie die Straße zugeschneit ist und er keinen größeren Trupp Soldaten losschicken kann. Aber sobald im Frühling die Schneeschmelze einsetzt, wird der Herzog Antworten verlangen und die Zusicherung, dass das Tal des Erlösers ihm noch die Treue hält.«
    »Ist das denn so?«, fragte Rojer und sah Erny an. »Wenn der Tätowierte Mann mit Rhinebeck in Streit gerät, würde das Tal sich ohne zu zögern auf die Seite des Erlösers stellen.«
    »Allerdings«, pflichtete Erny ihm bei. »Das Gleiche gilt auch für andere Dörfer, und vermutlich sogar für einen großen Teil der Menschen, die in Fort Angiers leben. Mit einem einzigen Wort könnte der Tätowierte Mann einen Bürgerkrieg entfachen, und gerade deshalb ist es umso wichtiger, dass er seine Absichten darlegt, bevor Rhinebeck sich zu einer unüberlegten Tat hinreißen lässt.«
    Leesha nickte. »Ich werde mit ihm darüber reden. Ich habe in Angiers ohnehin noch etwas zu erledigen, worum ich mich bald kümmern muss.«
    »Das Einzige, worum du dich bald kümmern musst, befindet sich unter deinen Röcken«, murmelte Elona. Rojer verschluckte sich und Wein lief aus seiner Nase. Elona lächelte zufrieden und nippte an ihrem Becher.
    »Zum Glück bin ich nicht so veranlagt, dass ich meine Röcke jedes Mal lüften muss, wenn ich einen Kerl sehe«, schnappte Leesha.
    »Sprich nicht in diesem Ton mit mir!«, keifte Elona. »In Politik oder Dämonenkunde bin ich vielleicht nicht beschlagen, aber ich weiß, dass du nur einen Winter davon entfernt bist, eine alte Jungfer zu werden. Und egal, wie viele Horclinge du getötet hast, wenn du mit einem Bein im Grab stehst, wirst du es bereuen, selbst kein Leben in die Welt gesetzt zu haben!«

    »Ich bin die Kräutersammlerin dieser Stadt«, verteidigte sich Leesha. »Zählt das nicht, wenn ich Menschen das Leben rette, die ohne meine Behandlung gestorben wären?«
    »Vika rettet auch Menschenleben«, schoss Elona zurück, wobei sie auf eine andere Kräutersammlerin anspielte. »Das hat sie nicht daran gehindert, mit Fürsorger Jona einen ganzen Stall voll Bälger zu zeugen. Und die Hebamme Darsy wäre nur allzu gern dazu bereit, wenn sich nur ein Mann fände, der die Augen zumachen und lange genug steif bleiben könnte, um ihren hässlichen Leib zu befruchten.«
    »Darsy hat mehr für diese Stadt geleistet als du jemals tun könntest, Mutter«, schimpfte Leesha. Sie und Darsy, beide ehemalige Schülerinnen der Hexe Bruna, waren früher einmal zerstritten gewesen, doch diese Zeiten waren endgültig vorbei. Nun war Darsy Leeshas eifrigste Schülerin, wenn nicht gar ihre beste.
    »Unsinn!«, fauchte Elona. »Ich habe meine Pflicht erfüllt und der Stadt dich geschenkt. Du dankst es mir zwar nicht, aber ich finde, für die Stadt hat sich meine Mühe gelohnt.«
    Leeshas Augen funkelten wütend.
    »Jeder Tropf, der dich und den Tätowierten Mann zusammen sieht, kann sich denken, dass ihr zwei etwas miteinander hattet«, legte Elona nach, »und dass irgendwas schiefgelaufen ist. Was war los? Hat er im Bett versagt? Darsy gibt mir Kräuter für deinen Vater, wenn er

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