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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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packte und gegen einen anderen knallte. Beide Horclinge stürzten unter dem Gewicht des massigen Holzfällers zu Boden, und die Siegel auf seinen Handschuhen versprühten ein gleißendes Licht, als er den Dämon, auf dem er gelandet war, mit wuchtigen Fausthieben traktierte. Bevor der zweite auf die Füße kam, stand Gared bereits wieder, doch der Horcling war schnell und verbiss sich in seinen Arm.
    Gared stieß einen Schrei aus und packte den Dämon mit seiner freien Hand zwischen den Hinterbeinen. Er spannte seine gewaltigen Armmuskeln an, hob den riesigen Horcling hoch und setzte ihn wie einen Rammbock gegen die Monster ein, die im Begriff standen, ihn zu attackieren. Er und die Dämonen gingen in einem wirren Knäuel zu Boden, doch in diesem Moment kamen die anderen Holzfäller heran und hackten mit versiegelten Äxten auf die sich windenden Kreaturen ein.
    Rojer, dem seine Fiedel in dem Tumult nichts mehr nützte, rannte zu Kendall und warf seinen Umhang über sie, der sich sofort mit Blut vollsaugte. Als Rojer sich abmühte, das Mädchen hochzuheben, wimmerte sie leise. Der Aufruhr hatte noch mehr Dämonen aus den Wäldern angelockt, und sie drängten in so großer Anzahl heran, dass die Bogenschützen nicht alle niedermähen konnten.
    Gared, in jeder Faust eine Axt und mit blutüberströmten Armen, schlug sich einen Weg zu Rojer und Kendall frei. Dann ließ er die Waffen fallen und hob Kendall vom Boden auf als sei sie leicht wie eine Feder. Während die Bogenschützen und die Holzfäller ihm Deckung gaben, rannte er mit ihr zum Hospital.

    »Ich brauche einen Blutspender!«, schrie Leesha, als Gared die Tür des Hospitals eintrat. Gemeinsam legten sie Kendall auf ein
Bett, und Schülerinnen flitzten los, um Leeshas Instrumente zu holen.
    »Nimm mich«, bat Rojer und krempelte bereits einen Ärmel hoch.
    »Prüfe, ob sein Blut sich mit dem von Kendall verträgt!«, rief Leesha Vika zu, während sie sich anschickte, ihre Hände und Arme gründlich zu waschen. Hastig entnahm Vika eine Probe von Rojers Blut, und Darsy traf Anstalten, Gareds verletzten Arm zu untersuchen.
    »Kümmere dich um die, die mehr abgekriegt haben als ich«, wehrte Gared ab und entzog ihr seinen Arm. Er deutete auf die Tür, durch die gerade ein paar verwundete Holzfäller hereingeschleppt wurden.
    In einem Wirbel aus blutigen Aufgaben verrichteten die Kräutersammlerinnen ihre Arbeit. Zwei Stunden lang operierte Leesha Kendall, sie schnitt, klammerte und vernähte Wundränder, während Rojer, benommen von der Blutübertragung, zusah.
    Schließlich legte Leesha eine Pause ein und wischte sich mit einer blutverschmierten Hand den Schweiß von der Stirn. »Wird sie wieder gesund werden?«, fragte Rojer ängstlich.
    Leesha seufzte. »Sie wird überleben. Und jetzt zu dir, Gared. Lass mich deinen Arm ansehen.«
    »Es ist nur ein Kratzer«, erwiderte Gared gleichgültig.
    Leesha verbiss sich eine wütende Entgegnung und dachte daran, wie viel Mut Gared gerade bewiesen hatte. Doch so sehr sie sich auch anstrengte, ihn in einem besseren Licht zu sehen, sie konnte einfach nicht vergessen, dass er mit seinen Lügen beinahe ihr Leben ruiniert hätte, und wie er brutal jeden Mann zusammengeschlagen hatte, den er dabei ertappte, wie er nur mit ihr sprach, nachdem sie ihre Verlobung gelöst hatte.
    »Ein Horcling hat dich gebissen, Gar«, gab sie zurück. »Unbehandelt fängt die Wunde an zu eitern, und ehe du dich versiehst, schneide ich dir den Arm ab. Komm sofort hierher.«

    Gared knurrte etwas in seinen Bart, aber er gehorchte. »Es ist tatsächlich halb so schlimm«, räumte Leesha ein, nachdem sie die Verletzung mit einer Tinktur aus Eberwurz ausgewaschen hatte. Weil magische Energie in Gareds Körper geflossen war, hatten die glatten Schnitte, die von den scharfen Zähnen des Horclings stammten, bereits angefangen, sich zu schließen. Sie bandagierte den Arm mit sauberen Tüchern, und als die Behandlung abgeschlossen war, zog sie Rojer auf die Seite.
    »Ich hatte dir doch gesagt, dass Kendall für ein Solo noch nicht bereit ist«, zischelte sie ihm aufgebracht zu.
    »Ich dachte …«, setzte Rojer an.
    »Du hast überhaupt nicht gedacht«, warf sie ihm vor. »Du wolltest angeben, und deine Eitelkeit hätte das arme Mädchen um ein Haar das Leben gekostet! Das hier ist kein Spiel, Rojer!«
    »Das weiß ich«, fauchte Rojer.
    »Dann handle auch entsprechend!«
    Rojer starrte sie wütend an. »Wir sind nicht alle so vollkommen wie du, Leesha.«

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