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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Kälte.

    »Ihr kommt spät«, meinte er.
    »Im Hospital gab es ein paar Probleme«, erklärte Leesha. »Als wir das Glas aufgeladen haben, kam es zu einem Unfall. Wieso trägst du deinen Umhang nicht?« Ihre Frage sollte gleichmütig klingen, aber es kränkte sie, dass er das Kleidungsstück, für dessen Anfertigung sie viele Stunden gebraucht hatte, offenbar niemals trug. Bis auf das eine Mal, als sie ihm den Umhang über die Schultern drapiert hatte, um zu prüfen, ob er passte, hatte sie das kostbare Teil noch nie an ihm gesehen.
    »Er steckt in meiner Satteltasche«, erwiderte der Tätowierte Mann. »Ich will mich nicht vor den Horclingen verstecken. Sollen sie mich ruhig angreifen. Die Welt ist besser dran, wenn ich ein paar von ihnen vernichte.«
    Sie banden Schattentänzer an einem Pfosten im Hof an und betraten die Hütte. Leesha holte ein Zündholz aus ihrer Schürze, entfachte ein Feuer, füllte einen Kessel mit Wasser und hängte ihn über die munter prasselnden Flammen.
    »Welche Fortschritte machen deine Fiedelzauberer?«, erkundigte sich der Tätowierte Mann bei Rojer.
    »Mit dem Fiedeln klappt es so einigermaßen, aber beim Zaubern hapert es noch ganz gewaltig, fürchte ich«, antwortete Rojer. »Sie sind noch lange nicht so weit.«
    Der Tätowierte Mann runzelte die Stirn. »Die Patrouillen der Holzfäller wären erfolgreicher, wenn sie einen Fiedler bei sich hätten, der die Instinkte der Dämonen beeinflusst.«
    »Ich kann bei den Patrouillen mitgehen«, erbot sich Rojer. »Unter meinem Umhang bin ich sicher.«
    Der Tätowierte Mann schüttelte den Kopf. »Du wirst als Lehrer gebraucht.«
    Rojer atmete tief aus und warf Leesha einen Blick zu. »Ich werde mir Mühe geben.«
    »Und wie stehen die Dinge im Tal?«, fragte der Tätowierte Mann, als Leesha sich zu ihnen an den Tisch setzte.

    »Immer mehr Leute wollen sich dort niederlassen«, erzählte sie. »Schon jetzt leben dort doppelt so viele Menschen wie vor der Schleimflussepidemie im letzten Jahr, und täglich kommen mehr dazu. Wir haben die neue Stadt zwar großzügig geplant, um vielen Platz zu bieten, aber mit diesem Ansturm konnte keiner rechnen.«
    Der Tätowierte Mann wiegte nachdenklich den Kopf. »Die Holzfäller könnten noch ein Stück Wald roden und eine zweite Bannzone einrichten.«
    »Das Holz wird ohnehin gebraucht«, stimmte Leesha zu. »Seit über einem Jahr haben wir Herzog Rhinebeck nicht mehr beliefert.«
    »Nun ja, der gesamte Ort musste neu aufgebaut werden«, erwiderte der Tätowierte Mann.
    Leesha zuckte mit den Schultern. »Vielleicht könntest du das dem Herzog in einer persönlichen Begegnung erklären. Er hat schon wieder einen Kurier geschickt, der dir eine Einladung zu einer Audienz überbringen soll. Man fürchtet dich und deine Pläne für das Tal.«
    Der Tätowierte Mann atmete tief durch. »Ich verfolge keine Pläne, außer, dass ich das Tal vor Horclingen beschützen will. Sobald die größtmögliche Sicherheit geschaffen ist, ziehe ich wieder meiner Wege.«
    »Aber was ist mit dem Großen Krieg gegen die Dämonen?«, wandte Rojer ein. »Du wirst die Leute anführen müssen.«
    »Beim Horc, Junge, ich bin nicht der verdammte Erlöser!«, knurrte der Tätowierte Mann. »Was momentan geschieht, ist kein wahr gewordenes Märchen aus dem Kanon eines Fürsorgers, und mich hat nicht der Himmel geschickt, um die Menschheit zu vereinen. Ich bin bloß Arlen Strohballen aus Tibbets Bach, der mehr Glück als Verstand hatte, und eine gehörige Portion Pech obendrein.«
    »Aber es gibt keinen anderen, der den Horclingen so die Stirn bieten könnte wie du!«, ereiferte sich Rojer. »Wenn du den Krieg nicht anführen willst, wer dann?«

    Der Tätowierte Mann zuckte gleichmütig die Achseln. »Das ist nicht mein Problem, ich zwinge niemanden, in einen Krieg zu ziehen. Ich will nur dafür sorgen, dass jeder, der kämpfen möchte, die Gelegenheit dazu erhält. Sobald ich in dieser Hinsicht die Dinge ins Rollen gebracht habe, bin ich weg.«
    »Warum?«, hakte Rojer nach. »Warum willst du unbedingt weg von hier?«
    »Weil er glaubt, dass er kein richtiger Mensch ist«, warf Leesha ein, ohne sich die Mühe zu geben, ihre Missbilligung zu vertuschen. »Er denkt, die Horclinge haben ihn mit ihrer Magie so verseucht, dass er uns genauso gefährlich werden kann wie die Dämonen, obwohl es dafür nicht den geringsten Beweis gibt.«
    Der Tätowierte Mann warf ihr einen wütenden Blick zu, den sie genauso zornig erwiderte. »Du irrst

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