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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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seine Fiedler in eine Abfolge von lauten, unmelodischen Tönen, die einen Lärm erzeugten, den die Horclinge hassten. Der muschelförmige Musikpavillon lenkte den Krach genau in das Gebiet außerhalb des Großsiegels, in dem sich die Horclinge gern zusammenballten, manchmal in Scharen.
    Geschützt von dem Radau, stürmten die Glasbläserlehrlinge aus dem Bannbereich hinaus und verteilten mit Siegeln versehene gläserne Objekte über die gesamte Lichtung. In aller Eile legten sie großflächige
Scheiben, Flaschen und Phiolen aus, sogar eine gläserne Axt, deren Herstellung mehrere Wochen gedauert haben musste.
    Sobald die Glasbläser wieder in die Sicherheit der Bannzone zurückgekehrt waren, änderten die Fiedler ihre Melodie. Rojer gab den Rhythmus vor, während er seinen Schülern Anweisungen zurief, wie sie ihn begleiten sollten. Er benutzte das Spiel der anderen Musikanten, um seine besondere Magie zu verstärken, mit der er die Dämonen aus den Wäldern auf die Lichtung lockte. Dann stolzierte er allein am äußeren Rand des Großsiegels entlang, lockte die Dämonen an und lenkte jeden ihrer Schritte, bis er sie genau dort hatte, wo er sie haben wollte.
    »Kendall!«, rief er. Das Mädchen trat aus dem Schutzbereich heraus und begann ihr Spiel. Rojer dämpfte seine Musik und wich vor den Horclingen zurück, während Kendall die musikalische Führung übernahm und sich den Dämonen näherte, bis Rojers Fiedel völlig verstummte und er es dem Mädchen allein überließ, die wie hypnotisiert lauschenden Dämonen zu bändigen.
    Rojer ging zu Leesha, die am Rand des Großsiegels wartete. »Sie spielt wirklich sehr gut«, erklärte er voller Stolz. »Die Dämonen werden ihr überallhin folgen wie Hundewelpen und alles, was sie berühren, mit Energie aufladen.«
    In der Tat zockelten die Horclinge hinter Kendall her, während sie vorsichtig über das Feld schritt. Lichtblitze flackerten auf, wenn die Dämonen auf ihrem Weg mit Glas in Berührung kamen; die eingeritzten Siegel sogen eine geringe Menge ihrer magischen Energie in sich auf und führten sie einem neuen Zweck zu.
    Die Horclinge zischten und kratzten sich mit den Krallen an den Körperstellen, an denen sie den Sog gespürt hatten. Kendall versuchte, ihre Musik zu ändern, um sie wieder zu beruhigen, doch ihre Angst sorgte dafür, dass sich plötzlich falsche Töne in ihr Spiel einschlichen. Um die Patzer wettzumachen, steigerte sie das Tempo, doch das machte alles nur noch schlimmer. Die Dämonen begannen, ihre Verwirrung abzuschütteln.

    In seinem Tarnumhang pirschte sich Rojer langsam an Kendall heran; die Zeit reichte aus, um sie zu erreichen, ehe die Horclinge ihr gefährlich werden konnten. Doch dann unterlief ihr ein Missgeschick, sie trat versehentlich auf eine Flasche, und die Splitter durchbohrten das weiche Leder ihres Schuhs. Sie schrie auf, und der Bogen glitt mit einem scharrenden Geräusch von den Saiten.
    Sofort erwachten die Horclinge aus ihrer Trance, der Zauber war gebrochen. Ihre Nüstern blähten sich, als sie den Blutgeruch wahrnahmen, und kreischend stürzten sie sich auf sie.
    Rojer hetzte los, aber um mit Leesha zu sprechen, hatte er sich weit von dem Mädchen entfernt, und bevor er so nahe herankommen konnte, dass seine Musik wirkte, hatte ein Dämon bereits seine Krallen tief in Kendalls Körper geschlagen, sie an sich herangezogen und seine Zähne in ihrer Schulter versenkt. Blut durchtränkte ihr Kleid, und schon waren andere Dämonen zur Stelle, bereit, um ihren Anteil an der Beute zu kämpfen.
    »Bogenschützen!«, brüllte Rojer in Panik.
    »Wir könnten Kendall treffen!«, schrie Wonda zurück. Rojer sah, dass alle Frauen ihre Bögen gespannt hatten, aber keine traute sich, einen Pfeil abzuschießen.
    Verzweifelt bearbeitete er seine Fiedel und entlockte ihr Töne, die die Dämonen erschrecken und vertreiben sollten. Die Horclinge brachen in schrilles Gekreisch aus und ließen von ihrem Opfer ab. Kendall fiel zu Boden, doch der in der Luft hängende Blutgeruch hatte die Gier der Ungeheuer entfacht, und so leicht ließen sie sich nicht mehr zurückdrängen. Fauchend und mit den Pranken schlagend versperrten sie Rojer den Weg.
    »Kendall!«, schrie Rojer. »Kendall!« Das Mädchen hob ein wenig den Kopf an und röchelte, als sie Rojer ihre blutige Hand entgegenstreckte.
    Plötzlich preschte eine kolossale Gestalt an Rojer vorbei und hätte ihn beinahe umgerannt. Als Nächstes sah er, wie Gared
einen Baumdämon ansprang, ihn

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