Das Flüstern der Nacht
gestand Cobie. »Fürsorger Harral und mein Dad sagten, ich sollte dich vergessen, aber ich kann es einfach nicht. Jedes Mal, wenn ich die Augen zumache, sehe ich dich vor mir. Ich möchte, dass du morgen mit mir kommst. Der Fürsorger wird uns verheiraten, wenn wir zu ihm gehen und ihn darum bitten; das weiß ich ganz bestimmt. Er hat es für deine Schwester getan, als sie mit Jeph Strohballen weglief, und sobald wir vor dem Schöpfer vereint sind, kann uns auch dein Dad nicht mehr auseinanderbringen.«
»Bist du sicher?«, fragte Renna, und in ihren Augen glänzten Tränen.
Cobie nickte, zog sie an seine Brust und küsste sie leidenschaftlich.
Aber Cobie war nur kurz Herr der Lage, denn plötzlich schubste Renna ihn gegen die Scheunenwand und sank auf die Knie. Er keuchte und seine Fingernägel gruben Kerben in das Holz der Wand, während Renna sich an ihm zu schaffen machte. Die Knie gaben unter ihm nach, und als er auf den Boden rutschte, setzte sich Renna rittlings über ihn und lüftete ihre Röcke.
»Ich … ich habe noch nie …«, stammelte Cobie, aber sie legte einen Finger an seine Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen, und ließ sich auf ihn sinken.
In Ekstase warf Cobie den Kopf zurück, und Renna lächelte. Das war ganz anders als mit Harl, weder roh noch ohne Gefühle. Es war so, wie es sein sollte. Sie bedeckte Cobies Gesicht
mit Küssen, während sie sich hob und wieder fallen ließ, und sie verspürte selbst Lust, als seine Hände ihren Körper streichelten.
»Ich liebe dich«, flüsterte er, als er sich in sie ergoss. Sie weinte und küsste ihn. Eine Zeit lang hielten sie einander in den Armen, die köstliche Wärme genießend, dann standen sie langsam auf und richteten ihre Kleidung. Renna lugte argwöhnisch um die Ecke der Scheune, aber von ihrem Vater war keine Spur zu entdecken.
»Frühmorgens geht mein Vater immer auf die Felder«, erklärte sie. »Gleich nach dem Frühstück. Es wäre günstig, wenn du dann kämst, denn dann bleibt er bis zur Mittagsstunde fort.«
»Wir werden am Heiligen Haus sein, ehe er überhaupt merkt, dass du weg bist«, meinte Cobie und drückte sie fest an sich. »Pack heute Nacht deine Sachen und halte sie bereit. Ich komme so früh, wie ich kann.«
»Da gibt es nichts zu packen«, erwiderte Renna. »Ich habe keine Mitgift, du kriegst nur mich. Aber ich verspreche dir, dass ich dir eine gute Ehefrau sein werde. Ich kann kochen, Siegel anfertigen, deinen Haushalt führen …«
Cobie lachte und gab ihr einen Kuss. »Ich will keine Mitgift. Du bist das Einzige, was ich will.«
Renna versteckte die Halskette in ihrer Schürzentasche und spielte während des ganzen Tages und am Abend die fügsame Tochter, um ihrem Vater keinen Anlass zum Misstrauen zu geben. Es stimmte, dass sie nichts zu packen hatte, aber sie ging zu all ihren Freunden, den Tieren, und flüsterte ihnen Abschiedsworte zu. Als Miss Scratch an die Reihe kam, weinte sie und bedauerte, dass sie die jungen Kätzchen nie sehen würde.
»Sobald die Jungen auf die Welt kommen, wirst du Missis Scratch sein«, versprach Renna. »Auch wenn dieser nichtsnutzige Kater dir nicht helfen wird, sie zu versorgen.«
Ihr Blick wanderte über die Tiere in der Scheune, und sie entdeckte den mutmaßlichen Erzeuger. »Gib ja gut auf deine Kätzchen acht«, ermahnte sie ihn mit leiser Stimme, damit ihr Vater sie nicht hörte. »Sonst komme ich zurück und werfe dich in den Wassertrog.«
Sie lag die ganze Nacht wach, während Harl neben ihr schnarchte, und ehe sich der erste Lichtschimmer durch die Fensterläden mogeln konnte, hatte sie Hafergrütze auf das Feuer gestellt und holte Eier aus dem Hühnerstall in der Scheune. Ihre üblichen Morgenarbeiten erledigte sie in dem Bewusstsein, dass sie jede Tätigkeit zum letzten Mal verrichtete, und dabei behielt sie ständig die Straße im Auge.
Lange brauchte sie nicht zu warten. Aus der Ferne ertönte schnelles Hufgetrappel, doch das Geräusch ebbte ab, ehe es zu nahe kam. Kurz darauf bog Cobie um die Wegkrümmung, verschwitzt und außer Atem.
»Ich bin die ganze Strecke im Galopp geritten«, keuchte er und drückte ihr einen Kuss auf den Mund. »Konnte es gar nicht erwarten, dich zu sehen.«
Tannenzapfen musste sich ausruhen, deshalb band Cobie die Stute hinter der Scheune an und Renna holte Wasser aus dem Brunnen. Gierig stillte das Pferd seinen Durst und fing dann an zu grasen. Cobie und Renna fielen sich in die Arme, und es dauerte nicht lange, bis sie sich
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