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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Knöchel zu fassen, riss ihn um und stürzte sich auf ihn. Sie rangen am Boden, wo Shanjats Gewicht und seine größere Reichweite ihm zugutekamen. Er nahm Jardir in den Schwitzkasten und presste seine rechte Faust mit der linken Hand auf Jardirs Luftröhre.
    Als Jardir schwarz vor Augen wurde, fürchtete er, er hätte sich zu viel zugemutet, aber er umarmte das Gefühl, so wie er sich für Schmerzen öffnete, und weigerte sich aufzugeben. Er trat kräftig nach hinten aus und traf Shanjat mit voller Wucht zwischen den Beinen; der Junge schrie auf und lockerte seinen Würgegriff. Jardir kämpfte sich frei und schob sich nahe an Shanjat heran, so dass seine Schläge, wenn sie ihn überhaupt erreichten, nicht viel Wirkung zeigten. Langsam, mit viel Mühe, sorgte er dafür, dass er hinter Shanjat rückte, wobei er kraftvoll auf jede empfindliche Körperstelle - Augen, Hals, Bauch - einschlug.
    Als er sich endlich in die richtige Position gebracht hatte, packte er Shanjats rechten Arm und bog ihn nach hinten, während er gleichzeitig mit beiden Knien sein volles Gewicht in den Rücken des älteren Jungen drückte. Als er merkte, dass der Ellbogen blockiert war, stützte er ihn auf seine eigene Schulter und riss den Arm hoch.
    »Aaahhh!«, kreischte Shanjat, und Jardir wusste, dass es jetzt ein Kinderspiel wäre, den Arm zu brechen, so wie Hasik es bei ihm gemacht hatte.

    »Hast du mir meinen Platz freigehalten oder nicht?«, fragte Jardir mit lauter Stimme.
    »Ich bringe dich um, du Ratte!« Shanjat schrie und hämmerte mit seiner freien Hand auf den Boden, doch egal wie heftig er zappelte und sich krümmte, er konnte Jardir nicht abschütteln.
    »Sag es!«, befahl Jardir und zog Shanjats Arm noch höher. Er spürte die Spannung in dem Körperglied und wusste, dass der Knochen nicht mehr lange standhalten würde.
    »Eher stürze ich mich in Nies Abgrund!«, brüllte Shanjat.
    Jardir zuckte die Achseln. »Knochen werden stärker, wenn sie einmal gebrochen waren«, erklärte er Shanjat. »Genieße deinen Aufenthalt bei den dama’ting .« Er zog den Arm hoch und merkte, wie Knochen brachen und Muskeln rissen. Vor Schmerzen schrie Shanjat sich die Lunge aus dem Leib.
    Langsam stand Jardir auf und suchte bei den versammelten Jungen nach Anzeichen, dass ein anderer ihn zum Kampf herausfordern wollte, aber obwohl viele ihn mit großen Augen anstarrten, schien keiner bereit zu sein, Shanjat zu rächen, der heulend im Staub lag.
    »Macht Platz!«, donnerte Exerziermeister Kaval und schob sich durch das Gedränge. Zuerst sah er Shanjat an, dann Jardir. »Für dich besteht doch noch Hoffnung, Bengel«, grunzte er. »Alle zurück in die Schlange«, rief er, »sonst kippen wir euer Essen in die Jauchegrube!« Hastig nahmen die Jungen ihre Plätze wieder ein, aber inmitten des Getümmels gab Jardir Abban ein Zeichen und bedeutete seinem Freund, sich direkt hinter ihn zu stellen.
    »Hey!«, schrie Jurim, der nächste Junge in der Reihe, aber als Jardir ihn wütend anfunkelte, rückte er ein Stück nach hinten und ließ Abban vor.
    Kaval trat mit dem Fuß nach Shanjat. »Steh auf, du Ratte!«, brüllte er. »Deine Beine sind nicht gebrochen, erwarte also nicht, dass man dich zu den dama’ting trägt, nachdem ein Junge, der
halb so groß ist wie du, dich besiegt hat!« Er packte Shanjats unverletzten Arm, hievte den Burschen auf die Füße und zerrte ihn zum Pavillon der Heilerinnen. Die Jungen, die noch in der Schlange standen, johlten und pfiffen hämisch hinter ihrem gedemütigten Kameraden her.
    »Eines verstehe ich nicht«, sinnierte Abban. »Warum hat er nicht einfach nachgegeben?«
    »Weil er ein Krieger ist«, antwortete Jardir. »Wirst du nachgeben, wenn die alagai dich angreifen?«
    Abban erschauerte bei der Vorstellung. »Das ist etwas anderes«, meinte er.
    Jardir schüttelte den Kopf. »Nein, ist es nicht.«

    Bald nachdem man Jardir den Verband abgenommen hatte, begann für Hasik und ein paar der älteren Jungen das Training auf den Mauern des Labyrinths. Ein Jahr später bewährten sie sich im Kampf und durften ihre Bidos ablegen; diejenigen, die überlebt hatten, unter ihnen Hasik, konnte man in ihrer neuen schwarzen Kluft über die Exerzierplätze stolzieren sehen, wenn sie den großen Harem aufsuchten. Wie alle dal’Sharum hatten sie mit den nie’Sharum nur noch möglichst wenig zu tun.
    Für Jardir verging die Zeit wie im Fluge, die Tage verschmolzen miteinander zu einer endlosen Schleife. Morgens hörte er den

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