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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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dama zu, die den Glanz Everams und den Ruhm des Kaji-Stamms in höchsten Tönen priesen. Er lernte etwas über die anderen krasianischen Stämme, warum sie geringer waren, und weshalb vor allen Dingen die Majah sich vor Everams Wahrheiten verschlossen. Die dama erzählten auch von anderen Ländern und den feigen chin im Norden, die den Speer niedergelegt hatten, wie khaffit lebten und vor den alagai zitterten.

    Jardir war nie zufrieden mit ihrem Platz in der Essensschlange, ständig trachtete er danach, sich weiter nach vorn zu kämpfen, wo die Schalen besser gefüllt wurden. Er attackierte die Jungen, die vor ihm in der Reihe standen, und schickte einen nach dem anderen in den Pavillon der dama’ting ; und jedes Mal, wenn er ein Stück aufrückte, nahm er Abban mit. Als Jardir elf Jahre alt war, standen sie an erster Stelle der Schlange, vor mehreren älteren Jungen, die alle einen großen Bogen um sie machten.
    Die Nachmittage verbrachten sie mit dem Training, oder sie flitzten als Übungsziele für die Netzwerfer der dal’Sharum hin und her. In den Nächten lag Jardir auf dem kalten Steinboden des Kaji’sharaj , spitzte die Ohren, um die Geräusche des draußen tobenden alagai’sharak zu hören, und sehnte den Tag herbei, an dem auch er im Kampf seinen Mann stehen durfte.
    Als das Training eine fortgeschrittene Stufe erreichte, wählten die dama ein paar Jungen aus, um ihnen eine besondere Ausbildung zuteilwerden zu lassen, damit sie den Weg der weißen Roben beschritten. Sie verließen den Kaji’sharaj und wurden nie wieder gesehen. Jardir kam nicht in den Genuss dieser Ehre, aber das machte ihm nichts aus. Er verspürte nicht den Wunsch, sein Leben damit zu verbringen, über uralten Schriftrollen zu brüten oder Everam zu preisen. Er war zum Kämpfen geboren.
    Die dama zeigten mehr Interesse an Abban, der lesen, schreiben und rechnen konnte, aber sein Vater war ein khaffit gewesen, und deshalb lehnten sie ihn ab, obwohl diese Schande sich nicht zwangsläufig auf den Sohn eines Mannes übertrug.
    »Für dich ist es besser, wenn du kämpfst«, riet der dama Abban zum Schluss und stach mit dem Finger auf dessen breite Brust ein. Abban hatte viel von seinem Körperumfang behalten, doch das harte Training hatte sein Fett zu Muskeln werden lassen. Er entwickelte sich tatsächlich zu einem beachtlichen Krieger, und er atmete erleichtert auf, als feststand, dass man ihn nicht zu den weißen Roben rief.

    Andere Jungen, die zu schwach oder zu langsam waren, wurden als khaffit aus dem Kaji’sharaj verstoßen und mussten fortan für den Rest ihres Lebens die gelbbraune Kleidung von Kindern tragen. Dieses Schicksal war bei weitem schlimmer, es brachte Schande über ihre Familien und nahm ihnen jede Hoffnung, Einlass ins Paradies zu erhalten. Die verschmähten Knaben, in denen das Herz eines Kriegers schlug, meldeten sich dann oft freiwillig als Anlocker, verspotteten und reizten die Dämonen, um sie in die Fallen des Labyrinths zu locken. Es war ein kurzes Leben, aber voller Ehre, und sicherte denen das Paradies, die sonst verloren gewesen wären.
    In seinem zwölften Lebensjahr durfte Jardir zum ersten Mal einen Blick in das Labyrinth werfen. Exerziermeister Qeran nahm die ältesten und stärksten der nie’Sharum mit auf die große Siegelmauer - ein senkrecht in die Höhe stürmender, dreißig Fuß hoher Sandsteinwall, von dem aus man das Schlachtfeld überblickte, auf dem die Dämonen getötet wurden; in früheren Zeiten, als in Krasia noch mehr Einwohner lebten, war das Labyrinth ein ganzes Stadtviertel gewesen. Es war angefüllt mit den Überresten uralter Elendshütten und Dutzender kleinerer Sandsteinmauern. Diese ragten zwanzig Fuß hoch auf, und die Seitenflächen trugen noch uralte, verwitterte Siegel. Manche erstreckten sich weit und knickten dann scharf ab, aber man sah auch kurze Stücke, die entweder als einzelne Platten aufragten oder sich mit anderen in Winkeln zusammenfügten. Das Ganze bildete ein Labyrinth, gespickt mit verdeckten Fallgruben, in denen die gefangenen alagai den Sonnenaufgang erwarten sollten.
    »Die Mauer unter euren Füßen«, begann Qeran und stampfte fest auf, »beschützt unsere Frauen und Kinder, sogar die khaffit «, er spuckte über die Seite des Walls nach unten, »vor den alagai . Die anderen Mauern«, er streckte die Arme aus und zeigte mit einer allumfassenden Geste über das Labyrinth mit seinem Durcheinander aus zahllosen verwinkelten Wänden, »sperren die alagai mit

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